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Außerirdische in #MaHe

Die vergangenen Tage war unser Viertel ja mal wieder in tiefstes Blaulicht getaucht, denn seit einigen Wochen geben sich hier ja Nazis die quasi die Klinke in die Hand: Während die letzten von der einen Demo gerade verschwinden, tauchen die ersten zur nächsten Veranstaltung wieder auf. Und dementsprechend viel Polizei ist eben vor Ort. Der verhinderte Marsch nach Hellersdorf am Samstag hat bundesweit für Aufsehen gesorgt, darüber hinaus veranstalten diese Gestalten ohne Rücksicht auf ihre kollektive Peinlichkeit „Montagsdemos“, auf denen sie „Wir sind das Volk!“ rufend gegen die Unterbringung von Flüchtlingen im Stadtteil protestieren. Das wird gerade echt zu einer ekligen Spielwiese für rechte Spinner und es ist überhaupt nicht mehr lustig, 900 aggressive Typen vor der eigenen Haustür stehen zu haben, die offenbar so ein beschissenes Leben haben, dass sie auf der Suche nach Menschen, auf die sie herabblicken können, bis zu nach Asyl suchenden Flüchtlingen gekommen sind.

Den meisten Medien ist inzwischen aufgefallen, dass das ganze keineswegs „bloß“ eine Sammlung „besorgter Bürger“ (so gerne die Eigendarstellung) ist, sondern dass altbekannte Kader verschiedenster Nazigruppierungen die sind, die die Mobilisierung und Organisation übernehmen. Und wer eine Demo nicht verlässt, die 2014 nach „Wir sind das Volk!“ skandiert: „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“, der kann sein „Wir sind keine Nazis!“-Schild zu Hause lassen – so viel kleinliche Ausdifferenzierung zwischen menschenfeindlichen Geisteshaltungen braucht’s nun auch wieder nicht.

Um die welt- oder zumindest zeitfremden Gesellen ging’s mir aber nur teilweise, als ich das Wort „Außerirdische“ in die Überschrift gepackt hab, sondern damit wollte ich auch auf das fast schon gravierendere Problem hinweisen: Der geringe Widerstand. Dass bei diesen „Montagsdemos“ die Gegendemonstranten zahlenmäßig unterlegen sind, ist bitter. Wenigstens das schien sich in den letzten Jahren ja rumgesprochen zu haben: Dass Rassismus und Ausländerfeindlichkeit gesellschaftlich nicht toleriert werden und dass die Vollpfosten immer die Minderheit bleiben, egal wo sie auftauchen.

(Mein persönliches Lieblingsverhältnis war irgendwann mal ungefähr 1000 : 7 in Stuttgart.)

Und das Problem ist real. Als am Samstag die Route blockiert und der Widerstand zahlenmäßig überlegen war, hat sich die Zahl der Nazi-Teilnehmer schon während der Demo halbiert, es macht also was aus, wenn Gegenwehr da ist.

Das miese Verhältnis jetzt hat verschiedene Gründe, natürlich. Die Polizei ist z.B. gibt sich wirklich viel Mühe, es eher den Gegendemonstranten schwer zu machen (Ich weiß, das behaupten immer alle Seiten von sich, aber so ein krasses Missverhältnis hab ich selten gesehen – und ein bisschen Demo-Erfahrung kann ich mir schon bescheinigen). Es gibt wenig aktive Antifa-Arbeit im Stadtteil, das Thema mobilisiert bei den Rechten auch Leute, die sonst vielleicht eher seltener demonstrieren; und das Wetter ist ja auch doof, wenn man als Linker so ewig „da raus“ fahren muss. „Zu den Plattenbauten“, zu „denen“. Ich möchte nicht kleinreden, dass es in Marzahn überproportional viele Rechte gibt. Und der latente Rassismus in viel zu breiten Bevölkerungsschichten ist natürlich hier wie überall vorhanden.

Was aber irgendwie nicht Naziaufmärsche von knapp 1000 Leuten irgendwie normal oder unwichtig macht. Wieso muss zu einem Treffpunkt, der vom Alex aus so schnell und einfach zu erreichen ist wie halb Kreuzberg, damit mobilisiert werden, dass man ja auch Leute kennt, die da wohnen und das nicht verdient haben? Ich versteh’s ja, dass Marzahn für viele Berliner im Alltag keine Rolle spielt, geht mir mit vielen Stadtteilen ja nicht anders. Aber glaubt ihr, ich fahr am ersten Mai nach Kreuzberg, weil mir jemand erzählt hat, dass es dort so viele hübsche Altbauten gibt, weil ich ja mal rausmöchte aus meinem Ghetto?

Ich komm‘ auch nicht immer zu jeder Demo, darum geht’s wirklich nicht. Und ja, auch oft weil der Weg zu weit ist, Asche auf mein Haupt. Ich finde es bloß erstaunlich, dass mich und Ozie als in Marzahn lebende Antifaschisten die Aufrufe eher genervt haben. Und unser Lokalpatriotismus ist uns schon lange bei unseren Umzügen irgendwo verloren gegangen – wenn es ihn je gab. Aber zwischen den Zeilen hat das alles immer so ein bisschen nach Zoobesuch geklungen.

„Heute fahren wir mal in den wilden Osten, wo die Plattenbaubewohner nicht merken, dass ein paar Nazis unter ihnen sind, ho ho ho!“

Das war sicher nicht immer so gemeint und ich will die Intention einzelner Leute auch ganz bewusst nicht in Frage stellen. Es sollte nämlich um was anderes gehen. Darum, dass sich in einem Berliner Stadtteil Nazis breitmachen und aufplustern. Dass sie ohne nennenswerte Gegenwehr in grotesker Zahl eine weitgehend friedliche Gegend heimsuchen, um auf dem Rücken der Allerschwächsten Stimmung für menschenverachtende Politik zu machen. Wir hier in Marzahn sind genauso schockiert davon und nicht irgendwelche Außerirdischen, die von sowas keine Ahnung haben.

Ich wohne hier seit sieben Jahren. Manchmal sogar gut als Linker erkennbar. Mir entgehen die Nazis nicht, die es hier gibt, ich bin vertraut mit deren Symbolik. Aber die meisten kuschen. Die wissen, dass sie hier wie überall kein Lob erwarten können, wenn sie sich außerhalb ihrer Cliquen befinden. Ausnahmen gibt’s sicher, aber im Vergleich zu Stuttgart ist das hier Pillepalle – und ich schätze mal stark, meine ehemalige Heimatstadt wird selten als Nazihochburg angesehen. Gestern aber hatte ich das erste Mal Angst und hab mich in meinem Supermarkt vorsichtig bewegt, weil ein paar Vorzeige-Faschohools der Demo mal eben reingekommen sind, um sich Biernachschub für den Rest des Weges zu besorgen. Ich hab drauf geachtet, wann und wo ich eine Hand frei hatte, um mich gegebenenfalls wehren zu können und ich hab draußen einen Umweg gemacht, um nicht außer Sichtweite der rumstehenden Cops zu gelangen. Die Situation hier wird scheiße ernst hier und das liegt verdammt nochmal nicht an irgendwelchen Plattenbauten, sondern an Nazis. An den selben, die in Schöneweide, Köpenick oder Buch rumlungern.

Ich hab auch nicht mehr die Freizeit oder das Geld, zu jeder Nazidemo im Umkreis von 200 km zu fahren. Und Berlin ist sowieso Demo-Hochburg, da alles mitzunehmen, wäre ein Vollzeitjob. Aber hier geht es um Aufmärsche, die bald die Grenze zur Vierstelligkeit knacken könnten. Die trotz aller Besorgte-Bürger-Romantik verdammt aggressiv sind und wirklich unglaubliche Freiheiten von der Polizei eingeräumt bekommen. Lasst uns bitte nicht alleine, #MaHe ist überall!

#angepissteAnwohner

PS: Nazispam wird kommentarlos gelöscht.

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Wenn zwei sich streiten

… sitzt der gesunde Menschenverstand weinend in der Ecke.

In Köln ist gestern eine Demo von Hooligans gegen Salafisten eskaliert und hat damit für Schlagzeilen gesorgt. Ich, wie immer zu spät aufgestanden, hab mich gefragt:

„Hä? What the Fuck?“

Aber ja: Vereinsübergreifend hatten sich Hools verschiedener Fußballvereine zu einer Anti-Salafisten-Demo getroffen und das Ganze ist letztlich zumindest in Teilen eine Nazidemo gegen Ausländer geworden. Inklusive Krawallen und vieler vieler unschöner Szenen. Das ist natürlich scheiße, aber das ganze Sujet ist wieder einmal schwieriger als gedacht. Auch jetzt, nach vielen Stunden, komme ich über das WTF nicht hinaus.

Zum einen haben wir da den Salafismus, bzw. dessen neofundamentalistische Auslegung der heutigen Islamisten. Ein vermutlich in weiten Teilen wahnhafter Haufen Gotteskrieger, der teilweise allen Spielarten des Terrors aufgeschlossen ist, um den Planeten in die vorgestrige Zeit zurückzubomben.

Zum anderen sind da die Hooligans, doch auch hier vor allem jene, die sich innerhalb rechtsextremer Kreise bewegen oder gar auf organisierten Neonazistrukturen aufbauen.

Nun ist es schwierig, im Angesichte so großer Idiotie den größten Feind zu finden.

Hooligans an sich sind nicht zwingend rechts. Aber sie haben das Problem, dass selbst ihr ursprüngliches Weltbild (grob vereinfacht: Wir sind alle harte Kerle, kloppen uns gegenseitig und wer gewinnt, ist der King!) viele Parallelen zu rechtem Gedankengut in sich trägt und demnach von Neonazis prima instrumentalisiert werden kann und hier wohl auch wurde. Trotz allen Ehrenkodizes, die es vielleicht zur Gründungszeit der Gruppen mal gegeben haben mag.

Und dass die heutigen Salafisten den Islam so auslegen, dass die Ungläubigen getötet werden müssen, ist leider auch nur schwer zu verhindern, denn wie (zumindest fast) jede Religion tendiert auch der Islam zu einer deutlichen Abgrenzung zwischen Gläubigen und Ungläubigen, was den Fundamentalisten immer irgendwie als Rechtfertigung für dieses oder jenes herhalten kann.

Und so gesehen ist es in meinen Augen absolut verständlich, gegen den Islam – und noch spezieller gegen die Salafisten – zu demonstrieren. Darüber hinaus ist es aber auch ebenso grundsätzlich falsch, dass sich irgendein Nazi oder auch nur Hool zum vermeintlichen Rächer aufschwingt.

Da es nach mehreren Jahrzehnten schlechten Fernsehprogramms ja offenbar immer eine schwarz-weiß-Entscheidung geben muss, möchte ich einen Lösungsvorschlag in den Raum werfen:

Sowohl Nazi-Hooligans als auch Salafisten sind uneingeschränkt scheiße. Und als Gegenentwurf möchte ich ein atheistisch-humanistisches Weltbild anbieten. Ob man Leuten den Tod an den Hals wünscht, weil sie an was anderes glauben oder eine andere Hautfarbe haben, ist egal – man ist in beiden Fällen ein Idiot.

Und als humanistischer Atheist kann man zumindest versuchen, weder ein Idiot noch ein Arschloch zu sein. Ich kann mit Hooligans prima leben, so lange sie sich untereinander kloppen. Ich finde das nicht toll oder erstrebenswert, aber im Grunde mit der persönlichen Freiheit vereinbar. Ich kann auch mit Moslems oder sogar Christen leben, so lange sie sich nur selbst ihrem eigenen Wahn unterwerfen. Ich finde das auch völlig bescheuert, aber so lange sie ihrer tatsächlich existenten Umwelt nicht zu sehr auf den Zeiger gehen, gönne ich ihnen diese Marotte. Ich kann grundsätzlich der Freund jedes Menschen auf diesem Planeten sein und bin das eigentlich auch, so lange er sich nicht dadurch disqualifiziert, dass er Fremden seine persönlichen Macken zur Vorschrift machen will. Ob das nun ein Ungläubiger ist oder die eigene Ehefrau.

Religion und Rassismus sind zwei fast annähernd gleich dumme und inzwischen überholte Gedankenkonstrukte, die der Welt schaden. Und sie schenken sich nichts. Wo die Religiösen an der Macht sind, morden und foltern sie und schließen Menschen aus ihrem Rechtssystem aus (nur als Beispiel: Homosexuelle). Und wo die Rassisten an der Macht sind, werden „Fremde“ getötet. Manchmal auch nur passiv, man sehe sich nur die Flüchtlingskatastrophen an den Grenzen der EU an.

Nun, gestern in Köln gab es keine direkte Auseinandersetzung zwischen Nazis und Salafisten, sondern nur Nazis. Dementsprechend verurteile ich, was dort passiert ist. Bei einem Aufeinandertreffen hätte ich vermutlich beiden nur viel Spaß gewünscht …

(Ja, man wird vielleicht etwas zynisch bei so vielen Idioten um einen herum …)

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Wenn nicht schön schön ist.

Eingang zum KZ Sachsenhausen, Quelle: Sash

Eingang zum KZ Sachsenhausen, Quelle: Sash

Es ist lange her, dass ich das letzte Mal eine KZ-Gedenkstätte besichtigt habe; gerade stelle ich sogar fest, dass es inzwischen 17 Jahre sein müssten. Damals war das Dachau, gestern dann war es Sachsenhausen.

Eine ziemlich spontane Entscheidung, den intrafamiliären Ausflug mitzumachen. Eigentlich hatte ich viel zu wenig Schlaf, aber ich habe es nicht bereut. Obwohl ich mich selbst zwar durchaus für ganz gut informiert übers Dritte Reich halte, war der Besuch alles andere als nur informativ. Obwohl ich mich durchaus mit Schaudern an die durch die weißen Kiesel so unfassbar unpassend und dadurch verstörend blendende Atmosphäre in Dachau erinnern kann, habe ich gestern neben den überwältigend vielen Detailinformationen zum Lager selbst auch wieder mal ein wenig über mich gelernt. Denn ja, man wird älter und im besten Falle auch das, was gemeinhin „weiser“ genannt wird.

Natürlich ist mir die Unmenschlichkeit der Nazizeit immer schon ein Begriff gewesen und ein guter Teil meiner Überzeugungen auch als Nachgeborener speist sich aus dem Wissen, dass kaum etwas schlimmer wäre als eine Wiederholung dieser Barbarei. Tatsächlich aber ist mir dieser Besuch mehr als alle vorhergehenden vergleichbaren unter die Haut gegangen. Nun bin ich kein Psychologe, aber ich glaube, dass das insbesondere daran liegt, dass ich im Vergleich zu früher wesentlich mehr mit dem Wesen des Todes anfangen kann, da ich inzwischen ja selbst einige Familienmitglieder verloren habe. Das alles hab ich gut weggesteckt, aber ich glaube, irgendwie verändert sowas dann doch. Mir jedenfalls ist beim Anblick eines Portraits eines Verstorbenen inzwischen anders zumute als das noch vor 10 Jahren der Fall war. Und an Portraits Verstorbener mangelt es ja keiner Gedenkstätte für Naziverbrechen.

Obwohl wir gestern ohne Führung und ohne Infomaterial einfach reingelaufen sind, kann ich Sachsenhausen eigentlich nur Bestnoten verteilen. Eine gleichermaßen würdige Gedenk- wie auch informative Lehrstätte! Natürlich wären zur vollständigen Erfassung mehrere Tage notwendig gewesen, aber ich schätze, die Informationsflut ist Teil des Konzepts – zumindest fände ich es legitim zu sagen, dass niemand nach ein paar Stunden aus einem ehemaligen KZ kommen sollte und der Meinung sein, jetzt ja alles verstanden zu haben und alles zu wissen. Alles wissen über jahrelanges Leid von 200.000 Menschen, wie anmaßend das auch wäre!

Abgesehen von der tollen Umsetzung des Ganzen bleibt vor allem die Erkenntnis, dass der Ausflug nach Sachsenhausen genau deswegen schön war, weil er weit davon entfernt war, schön zu sein. Es war bedrückend in jeder Hinsicht, aber ich glaube, dass das vielleicht auch so sein sollte.
Auf dem Gelände waren natürlich unzählige Touristen. Die meisten aus dem Ausland. Und für meine bedrückte Stimmung schienen sie alle ein wenig zu disneylandmäßig unterwegs zu sein, zu fröhlich, zu lustig. Um so schöner war diese eine Wand in einer der Baracken anzusehen. Im Gegensatz zu all den anderen Wänden zeigte sie nicht die Bilder der Getöteten, erzählte nicht die Geschichte zerstörter Leben, sondern bot Besuchern die Möglichkeit, ihre Meinung zu hinterlassen. Und die – alle in englisch verfassten – Zettel waren es, die mir dann doch noch die Tränen in die Augen trieben, die ich zuvor so erfolgreich verdrücken konnte.

„a truely disturbing experience“

war auf einem Zettel zu lesen, die meisten anderen schlossen sich dem an. Und der Rest bekundete den Willen zum Widerstand und dass sich das nie wieder wiederholen dürfe.

Dass ich als ausgemachter Antifaschist den Glauben an die Menschheit in einem ehemaligen KZ wiedergewonnen habe, ist zwar zutiefst ironisch, aber hoffentlich auch ein Schlag in die Fresse für alle Neonazis.

Nie wieder!

PS: Und besucht die Gedenkstätte Sachsenhausen. Und da der Eintritt schon umsonst ist: Lasst eine Spende da!

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Why privacy matters

In einem der scheinbar fast ausnahmslos sehenswerten TED-Talks hat Glenn Greenwald (Der Journalist, der viele der Snowden-Daten veröffentlicht hat) wunderbar erklärt, was an Massenüberwachung und der damit einhergehenden Abschaffung der Privatsphäre so schlimm ist. Wie die Überschrift schon vermuten lässt, ist das Video auf englisch, aber das ist wieder mal ein Beispiel für ein Video, für das es sich lohnt, seine Englisch-Kenntnisse zu strapazieren.

Um das nicht zu einem weiteren eher unbedeutenden Link werden zu lassen, möchte ich auch kurz ein paar Worte über Privatsphäre verlieren:

Ich bin seit geraumer Zeit sehr privat und öffentlich im Netz unterwegs. Nicht nur, dass ich trotz aller politischer Statements auch meine Privatadresse (schon aus rechtlichen Gründen) veröffentliche: Nein, ich schreibe auch hoch intime Details meines Lebens hier nieder. Fotos aus meiner Wohnung, Blogtexte über meine Beziehung, wie verträgt sich sowas bitte mit einem Recht auf Privatsphäre?

Nun, um es mal ganz anschaulich zu sagen: Ihr wisst von mir nur, was ich Euch zu sehen erlaube. Vielleicht erscheint es dem ein oder anderen dumm, dass ich über meine kaputten Zähne oder die Umstände meines ersten Treffens mit Ozie etwas schreibe – aber das liegt dann lediglich an einer anderen Gewichtung, welche Details des Lebens man selbst für schützenswert hält. Ich habe einfach nicht den Anspruch, von meinen Lesern als perfekt funktionierende Maschine wahrgenommen zu werden. Ich habe Fehler, ich mache welche und ich finde es als Person „in der Öffentlichkeit“ einfacher, über diese zu reden, als ein Abbild meinerselbst zu schaffen, bei dem ich immer aufpassen muss, ob sich mein reales Ich noch mit den Online-Texten verträgt. Das hat zum Teil seinen Ursprung tatsächlich alleine darin, dass ich gewisse Sachen öffentlich mache. Wie sollte ich zum Beispiel glaubhaft über die schlechte Bezahlung von Taxifahrern schreiben, ohne Zahlen zu veröffentlichen? Ja sicher, einige Kollegen machen das – was auch ok ist  – aber sie tun das auf Kosten der Transparenz und im schlimmsten Fall ihrer Glaubwürdigkeit. Ich habe da eine andere Entscheidung gefällt, aber das heißt nicht, dass mir das grundsätzliche Problem privater Daten in der Öffentlichkeit nicht bewusst wäre. Ich habe z.B. auch keine Abneigung gegenüber Menschen, die sich online besoffen in entwürdigenden Situationen präsentieren, mir wäre das hingegen zu peinlich. Obwohl ich betrunken echt niedlich bin, da könnt Ihr alle fragen!

Abgesehen von der politischen Brisanz staatlicher Überwachung (die Greenwald in seinem Beitrag ausreichend darlegt) ist auch die private Dimension nicht zu unterschätzen. Der Journalist hat in obigem Video gesagt, jenen, die meinten, nichts zu verbergen zu haben, vorgeschlagen zu haben, ihm doch einfach mal alle Passwörter für all ihre Mailkonten zu schicken. Damit er sich dort mal umsehen und – falls es ihm legitim erscheine – Teile der Mails veröffentlichen könne. Und ist es nicht glaubhaft, dass niemand das gemacht hat?

Ich selbst denke mir oft, dass meine Mails „eigentlich ja belanglos“ sind. Ach ja, irgendwann vor 9 Jahren hab ich Ozie erstmalig geschrieben, dass ich sie liebe – wayne?
Andererseits: WTF? Da hab ich auch Freunden Hilfe in schwierigen Situationen angeboten, mit Hinz und Kunz geflirtet, Dinge erzählt, die eben doch nur für diesen einen Empfänger bestimmt waren.

Und wenn wir von den Mails weggehen: Haben wir nicht alle mal aus Sensationsgier auf bild.de-Links geklickt, oder uns vielleicht gar mal irgendwo auf einer Pornoseite mehr als ein Bild angesehen und damit für findige Ermittler ein viel zu genaues Bild von unseren Präferenzen hinterlassen? Will ich wirklich, dass bei Bedarf ein Polizist rausfinden kann, dass ich mal Musikvideos von Schlagersängern angesehen habe, gegen die ich doch sonst immer wettere?
Und was uns allen eigentlich eher als Verschwörungstheorie erscheint, habe ich auf Umwegen schon erlebt:

„Sie hen‘ da ja naggiche Bilder druff!“

schrie der liebenswerte Polizist bei der Durchsuchung meines PC’s damals laut durch die WG; wohlwissend, dass meine Freundin und heutige Frau anwesend war. Na, bei wie vielen Lesern hätte sowas zu einer Beziehungskrise geführt? Und wenn NSA und co. einfach alles speichern, ist es ja erst einmal auch egal, ob es da um Downloads des letzten Jahres oder der letzten Woche geht.

Am Ende geht es ja auch nicht darum, ob man bei Facebook postet, dass man gerade diese oder jene Folge von „The walking dead“ ansieht. Sowas schreiben wir gerne mal und das ist ok für die meisten. Aber will man wirklich, dass ein ominöser Geheimdienstapparat im Hintergrund mitloggt, dass wir an unsere Freunde zeitgleich eine Nachricht senden, welchen Schauspieler wir scharf finden? Und dass das in Beziehung gesetzt wird zu einem vielleicht längst beigelegten Ehestreit von vor drei Tagen via Whatsapp?

Wie kann es bitte in Ordnung sein, dass all das abgespeichert wird? Ich veröffentliche mein Leben freiwillig und meine terroristischen Aktivitäten halten sich zumindest vorübergehend in engen Grenzen. Ich schreibe nur gerne und biete meinen Lesern bewusst einen (begrenzten) Einblick in mein Leben. Aber selbst ich würde mir wünschen, dass ich nach Abschluss dieses Textes einfach mal sorgenfrei bei Wikipedia Infos über Depressionen einholen, bei Amazon Gummibärchen kaufen und bei Youporn nach Videos von Frauen in Latex suchen könnte, ohne damit ein schwer verdächtiges Profil bei der NSA zu bekommen.

PS: Latex ist nicht wirklich der Fetisch meiner Wahl, aber wie gesagt: auch meine Transparenz hat Grenzen. 😉

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Wenn Dummheit wehtut

Die meisten wissen, dass ich kein Freund von Verschwörungstheorien bin. Wobei ich nichts gegen neue Gedanken hab oder dagegen, sich nicht nur bei der Tagesschau zu informieren. Und wie nicht zuletzt Edward Snowden aufgezeigt hat, ist an der ein oder anderen Theorie ja auch was dran. Dumm wird es in dem Moment, indem das (nach logischen Gesichtspunkten) einzige Argument FÜR eine Theorie das ist, dass man sie NICHT beweisen kann. Denn damit ist alles und gleichzeitig nichts möglich und es gibt keinen plausiblen Denkansatz für diese Szenarien.
Dass ich beispielsweise der eigentliche Herrscher über die Welt bin, dabei mit Amphibien aus einer fernen Galaxie zusammenarbeite und nur aus Tarnungsgründen Taxi fahre, bzw. damit ich ausgewählten Fahrgästen das Gehirn aussaugen kann, um selbst am Leben zu bleiben, weil ich zudem ein Mutant bin; das lässt sich auch schwer widerlegen.
Noch schlimmer wird es da, wo man Beweise gefunden hat, diese aber von den entsprechenden Anhängern gnadenlos ignoriert werden, weil sie nicht ins Weltbild passen. Da wäre die Mondlandung ein gutes Beispiel. Wie ich immer gesagt hab: Politisch fände ich’s ja durchaus reizvoll, wenn sich die als Fake herausstellen würde – aber es gibt schlicht kein einziges nicht manipuliertes Anzeichen, dass dem so sein könnte.

Auf ähnlich verlorenem Posten stehen die „Reichsbürger“ hier in Deutschland, die durch meist ins pathologisch reichende Unwissenheit jeden ihrer Denkfehler als Beweis für ihre krude Theorie sehen. (Die Theorie ist übrigens, dass die BRD kein souveräner Staat ist und wir alle von den Alliierten unterdrückt werden. Und den Juden, je nach Auslegung und weiterer Krankengeschichte der Vertreter)

Obwohl die „Reichis“ wirklich ein wahnsinnig spannendes Beispiel für Anhänger von Verschwörungstheorien der obersten Absurdheitsklasse sind, will ich mich eigentlich nicht mit dem Inhalt beschäftigen. Das kostet zu viel Zeit und es wurde von anderer Seite schon viel besser gemacht. Zum einen gibt es die KRR-FAQ, zum anderen das kostenlose eBook „Vorwärts in die Vergangenheit!“ (Link direkt zum PDF), wo man zu wirklich jedem der (Spoiler!) sich widersprechenden Argumente Antworten findet, die auch Quellennachweise bieten. Einen großen Dank an die Macher, ganz im Ernst!
Nein, was mindestens ebenso spannend wie die für normale Menschen nur belustigende Theorie ist, ist das (Nicht-)Argumentationsmuster, das „Eisenfraß“, ebenfalls einer der fleißigen Aufklärer, seit einiger Zeit veranschaulicht. In einem inzwischen zur Serie gewordenen Blogeintrag „Emailverkehr mit einer Antisemitin“ (Link zu Teil 1) lässt er die Welt teilhaben an seinem Mailaustausch mit einer Dame, die offensichtlich schon unrettbar verloren ist in den Wirrungen dieser fraglos dämlichen Ideologie, hier auch angereichert mit Antisemitismus.

Selbst ich, der ich nicht zuletzt dank eigener Erfahrungen inzwischen einige Kenntnis von der Materie hab (und ich hab nur wie die Reichis mir empfohlen haben gegoogelt …), habe es nicht geschafft, die ellenlangen Traktate komplett zu lesen. Und das eben genau nicht der Länge wegen. Sondern weil es so unfassbar ist, mit wieviel Ahnungslosigkeit Menschen noch in der Lage sind, eine Tastatur halbwegs treffsicher zu bedienen. Dieses völlige Fehlen von Logik, Selbstreflexion und eventuell sogar Intelligenz macht einen einfach fertig. Vollumfänglich. Auf der anderen Seite ist es auch ein sehr anschauliches Beispiel dafür, wann es Sinn macht, eine Diskussion abzubrechen. Eisenfraß zieht es bisher (Teil 7) durch, ich hätte diese Energie nicht. Aber genau deswegen sage ich danke, denn selbstentlarvender präsentieren sich Verschwörungstheoretiker sonst allenfalls unter Ausschluss der Öffentlichkeit und vielleicht kann man aus dieser in jeder Hinsicht furchterregenden Diskussion auch etwas lernen.

Ich immerhin habe eines gelernt: Sehr glücklich zu sein mit den Lesern, die ich habe …

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Gauchogate

Ich wollte mich hierzu eigentlich nicht äußern. Ich hab nämlich – auch wenn der ein oder andere Eintrag anderes vermuten lassen würde – eigentlich keinen Bock auf Trolle. Und die kommen bei solchen Themen so sicher wie das Amen in der Kirche. Aber vielleicht hilft meine Meinung ja sogar (die Hoffnung stirbt zuletzt), ein wenig Entspannung zu verbreiten.

Für all die, die es noch nicht mitbekommen haben: es wird ein riesen Bohei gemacht um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, die gestern bei ihrer Feier am Brandenburger Tor eine Art Performance gebracht haben, bei der sie zunächst geknickt gehend „So geh’n die Gauchos, die Gauchos gehen so …“ gesungen haben, dann aufrecht, jubelnd und euphorisch herumhüpfend „So geh’n die Deutschen, die Deutschen die geh’n so!“.

Die von mir nur am Rande verfolgte Diskussion rief zum einen die Leute auf den Plan, die das als unnötige Herabwürdigung der im Finale besiegten Argentinier sahen – zum anderen dann die, die riefen, dass man das nicht überinterpretieren sollte und das zudem ein sehr übliches Lied nach dem Sieg im Fußballkosmos ist.

Nun ja.

Klar ist sicher eines: beide Seiten reagieren gerade ein bisschen über. Aber wenn man ein bisschen darüber nachdenkt, finde ich, dass die erste Ansicht durchaus ihre Richtigkeit hat.

Und nein: es geht nicht darum, der Weltmeistermannschaft gegenüber eine angeblich vorhandene Nazikeule auszupacken oder ein Spielverderber zu sein! Beileibe nicht. Im Grunde nehme ich es der sieges- und sonstwie trunkenen Mannschaft nicht einmal übel, ihren Sieg so zu feiern. Das Problem ist wie so oft ein kommunikatives. Natürlich freut sich die Mannschaft über den Sieg und hat gewissermaßen zu Recht auch auf diese Art nur nochmal klargestellt, dass sie den Argentiniern sportlich überlegen waren. Zudem ist es offenbar ein altbekannter Schmähgesang (im weitesten Sinne) gewesen, den Fußballer und deren Fans halt gerne mal singen. So weit, so gut.

Aber sind das brauchbare Argumente, um hunderttausend Fans damit anzuheizen?

Während ich bei dieser WM, bei der ich wirklich viele Spiele gesehen habe, der deutschen Nationalmannschaft wirklich kein schlechtes Zeugnis ausstellen kann und der Meinung bin, sie haben den Titel absolut verdient, verhält es sich mit vielen Fans halt anders. Der immer wieder thematisierte Party-Patriotismus zur WM ist nur deswegen kein Problem, weil es einen Haufen denkender Menschen da draußen gibt. Studien zufolge ist es aber durchaus so, dass Menschen, die Patriotismus leben, nicht umhin kommen, infolge dessen andere Nationen und deren Einwohner negativer bewerten als die eigenen Landsleute. was bedeutet, dass sie nationalistischen Gedanken näher sind, bzw. sicher auch durch den vermeintlich neutralen Patriotismus diesen Ideen näherkommen.

Und nur weil das im Fußball eine lange Geschichte hat, ist es ja nicht besser. Die Welt ist voller Dinge, die eine lange Geschichte haben und einfach scheiße sind. Da können wir bei Diktaturen anfangen und sollten bei Homophobie nicht aufhören zu zählen. Alles gut, plausibel und gesellschaftsfähig, weil es halt „immer schon“ so war.

Natürlich sind bezüglich des „Gaucho-Tanzes“ der Nationalelf vorgebrachte Nazi-Vorwürfe übertrieben. Keine Frage. Aber es ist auch nicht das viel vorgebrachte „Aus einer Mücke einen Elefanten machen“, wenn Menschen anmerken, dass es nicht gut ist, wenn ein medial weitverbreitetes Ereignis dazu genutzt wird, eine Überlegenheit eines Landes gegenüber einem anderen so zur Schau zu stellen.

Sicher ist das in den Augen vieler eine unnötige Politisierung eines Sportereignisses. Und das ist schwierig, sicher. Aber so lange so viele Menschen sich derart mit einer Mannschaft identifizieren, zu deren Erfolg sie nix – und zwar gar nix! – beigetragen haben, dass sie sich selbst als Weltmeister fühlen – einfach weil sie zufällig im gleichen Landstrich geboren sind – ist das keine weltfremde Überlegung. So lange sich irgendwelche Deutschen „den Argentiniern“ überlegen fühlen, weil die sportliche Leistung der deutschen Mannschaft der der argentinischen überlegen war, muss Platz sein für diese Kritik am außersportlichen Vorgehen der Weltmeisterelf. Vielleicht könnte man sogar sagen, dass diese Kritik so lange angemessen ist, so lange es noch Leute gibt, die das stört.

Ein Pressespezialist, der derartiges im Hinterkopf hat, ist doch sicher nicht unbezahlbar für den DFB, oder?

PS: Ebenso wie „das gab’s schon immer!“ ist „andere Länder machen das viel heftiger!“ kein Argument. Es sei denn, „so blöd sein wie die anderen“ ist plötzlich ein erstrebenswertes Ziel geworden.

PPS: Wer auch immer glaubt, diese Kritik würde die deutsche Fußballnationalmannschaft oder gar Deutschland an sich irgendwie herabwürdigen, ist Teil des Problems – nicht der Lösung.

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Europa, was geht?

Nun haben wir die Europawahl also auch weg. Schön und gut. Statistisch gesehen sind wohl 52% von Euch nicht hingegangen. Das finde ich nicht prickelnd, immerhin hatte man dank fehlender 5-, bzw 3%-Hürde ja selbst mit Randgruppenmeinungen eine Chance auf – wenn auch vielleicht begrenzten – Erfolg. Immerhin hat wohl, sehr zu meiner Freude übrigens, sogar die PARTEI es geschafft, einen Abgeordneten im Europäischen Parlament zu platzieren. Aber, obwohl sie hätten einiges reißen können, will ich gar nicht auf den Nichtwählern rumhacken. Einen gewissen Frust bezüglich der Parteienlandschaft kann ich wirklich mehr als gut verstehen.

Nun haben wir halt den Salat, dass ausgerechnet Vorzeige-Schwachmaten wie die Gurkentruppe der AfD (oder noch schlimmer in anderen Ländern, z.B. der Front National in Frankreich) ihre Wähler verhältnismäßig gut zum Wählen animieren konnten.

Auf Twitter wurde ich gleich rüde angegangen, wie erbärmlich es sei, eine so große Wählerschaft wie die der AfD fertigzumachen. Aber man muss schon hart mit sich kämpfen, es nicht zu tun. Der (witzigerweise schon mal in meinem Taxi gesessene) Theo Koll hat im ZDF ein paar für mich nicht sehr überraschende, dennoch erhellende Statistiken präsentieren dürfen, nach denen viele AfD-Wähler lediglich aus Protest die Urne gesucht (und überwiegend leider gefunden) haben. So sollen 97% der Wähler der Aussage zugestimmt haben, dass diese Partei zwar auch keine Probleme löst, aber immerhin mal Bescheid sagt. Und 45% (im Gegensatz zu wohl 20% im Durchschnitt) sollen gesagt haben, dass die Europawahl ja so oder so so unwichtig sei, dass man auch mal – meine Interpretation – blöde Vollpfosten wählen kann. Sprich: 45% derer, die die EU skeptisch sehen, den Euro nicht wollen und zu viel europäische Bevormundung beklagen, finden die Wahl – und damit das Europäische Parlament – unwichtig.

Ich weiß bestens, dass Politik emotional aufgeladen ist, aber bei so viel Inkonsistenz muss einem doch der Schädel platzen.

Aber diesbezüglich haben die fast 7% gestern den Richtigen gewählt, immerhin stellte Bernd Lucke, Chefchef des Vereins und gerne gegen etablierte Parteien schnaubend, nach seinem gestrigen ersten Wahlsieg zufrieden fest, jetzt auch einer etablierten Partei anzugehören. Einer Volkspartei gar. Herzlichen Glückwunsch.

Wisst Ihr, was ich an dieser Europawahl am Ende dann doch ein bisschen arg lustig finde?

Die AfD ist DER große Wahlsieger, die „Euro-Skeptiker“ sehen sich im Aufwind und selbst der unverbesserliche braune Haufen der NPD hat nun einen Sitz im Europaparlament gewonnen. Und was ist deren größtes Problem ab jetzt? Dass in anderen Ländern noch mehr solche nationalistische Drecksparteien gewählt haben! Was bedeutet, dass sie sich zwar hier und da mit denen mal für mehr nationalstaatliche Autonomie ausweinen dürfen, aber bei allen für Deutschland wichtigen Entscheidungen im Grunde aus der „eigenen“ Gruppe den härtesten Gegenwind bekommen werden. 🙂

Hey, im Ernst: die EU ist ein verdammt komplexes Konstrukt und da ist so viel Kackscheiße am Dampfen, dass vermutlich selbst hier im Internet der Platz dafür fehlt, das zu umreissen. Was mir fehlt, ist das Verständnis dafür, dass es besser werden soll, wenn nur „wir“ Deutschen uns endlich mal wieder ein bisschen mehr gegen „die“ Anderen durchsetzen können. Ich weiß, dass das gemütliche, freundschaftliche und länderübergreifende Miteinander utopisch ist und viele Wenns und Abers hervorruft. Realpolitik ist hart und oft ein Ringen um kleinsten Mist. Aber den Vorwurf von ganz rechts kann ich umgehend zurückgeben: was soll an der Sache einfacher werden, nur weil man es sich auch noch mit den anderen Mitspielern versaut? Ebenso wie ich als Linker mein Utopia nicht per Dekret verordnen kann, wird ein Lucke oder eine LePen ihre Nation nicht durch irgendeinen Zaubertrick perfekt machen.

Selbst diese Europawahl mit ihrem unverkennbaren Rechtsruck wird nicht der Untergang sein. Das hoffe ich zumindest stark. Ich hoffe aber auch, dass die nächsten Jahre die Protestwähler der Rechtsparteien auf den Boden zurückholen. Wo ich mir zumindest bei der AfD zum Beispiel keine Sorgen mache. Die gehen jedem funktionierenden Gehirn nach zwei Minuten Redezeit auf die Nerven. Und wenn ihr die „etablierten Parteien“ – wonach immer sich diese Zuordnung bemisst – wirklich trollen wollt, dann wählt doch richtige Satire wie die PARTEI und Konsorten. Die sind rein vom Wahlprogramm nur minimal absurder als die AfD und ersparen einem wenigstens dieses selbstgefällige Grinsen von Herrn Lucke.

Ich glaube, diesbezüglich habe ich für heute fertig.

Disclaimer:
Auch wenn ich sie zweimal namentlich erwähnt habe, bin ich weder Mitglied der PARTEI (Update: dreimal erwähnt), noch habe ich sie gewählt. Falls nach dem Artikel jedoch Parteimitglieder an mich herantreten, um mich für die Werbung mit obszönen Beträgen zu entlohnen, bin ich selbstverständlich aufgeschlossen. 😉

PS: Im Ernst. Ich habe die Piraten gewählt. Und das guten Gewissens.

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