Wissen schafft einen…

Und das meine ich ernst. In den letzten Monaten bin ich so oft am Rande der Verzweiflung gewesen und es ist ausgerechnet ein Comic, der mich davon abhält, dieser Verzweiflung in Form eines Amoklaufs oder desgleichen gebührend Ausdruck zu verleihen:

xkcd – Duty calls

Je weiter man sich herauswagt in die Tiefen des Netzes, desto mehr Idiotie prallt einem an den widerlichsten Ecken entgegen. Gerade hab ich beispielsweise bei Facebook einen lustigen Comic gesehen, der zeigt, wie eine Arche mittels Kanone eine zweite – die mit den Dinosauriern – versenkt. Als Überschrift steht dort: „Nur eine weitere Theorie…“
Und in den Kommentaren proletet irgendein Idiot gleich heraus, dass es nur ein wenig Intelligenz bräuchte um zu erkennen, dass es die Sintflut gab und die Menschen parallel mit den Dinosauriern gelebt hätten, die Atheisten also mal schön die Klappe halten sollten.

Gut, das ist vielleicht ein besonders blödes Exemplar unserer Spezies gewesen, aber in oftmals auch wesentlich subtilerer Form kommt die Idiotie auf der weiten Wiese Internet oftmals wie ein Hase dahergehoppelt und kackt einem auf die Picknickdecke. Wir halten uns alle soweit für intelligent und wir haben alle unsere liebgewonnenen Meinungen und Vorstellungen. Und wir hassen es natürlich, Unrecht zu haben. Da schließe ich mich mit ein, wahrscheinlich würden mich all die Idioten auf diesem Planeten auch gar nicht stören, wenn ich bezüglich der Frage „Recht oder Unrecht?“ völlig emotionslos wäre.

Das Schlimme ist, dass sich die Diskussion ohnehin nicht lohnt. Man kann sich zum Beispiel einmal die hervorragende Fehlschlüsse-Reihe aus dem Ratioblog durchlesen. Und dann startet man irgendeine Diskussion. Am Besten funktioniert das natürlich bei einschlägigen Themen wie Religion, Alternativmedizin oder Verschwörungstheorien. Da kann man die Links auf die Fehlschlüsse gar nicht so schnell setzen, wie entsprechende Argumente vorgebracht werden…

Dass das Internet stellenweise ein Hort der Dummheit geworden ist, finde ich persönlich einfach deprimierend. Wir hatten nie bessere Möglichkeiten, unsere Überzeugungen und Theorien auf den Prüfstand zu stellen, in gar nicht allzu ferner Zukunft ist es vielleicht nicht einmal mehr abwegig, Blödheit als selbstverschuldet zu betrachten. Die meisten den Alltag betreffenden Dinge sind bestens erklärbar und bei schwammigen Gebieten hilft einem wenigstens noch Ockhams Rasiermesser, um die eigenen Ideen auf ihre Plausibilität zu überprüfen.

Warum schreibe ich das eigentlich? Ist es nicht eigentlich egal, was man glaubt oder welchen Fantasien man nachhängt?

Teilweise sicher. Auch ich zitiere gern den Mark Twain zugeschriebenen Satz, dass das Recht auf freie Meinung auch das Recht auf Dummheit einschließt. Nur kann, bzw. darf das nicht überall gelten. Die Probleme dieser Welt – und man kann sich sicher darauf einigen, dass es derer ein paar gibt – verlangen nach Lösungen. Diese Lösungen sollten realistisch sein. Wenn ich mit meinem Taxi von der Straße abkomme, dann hat der verdammte Konstrukteur hoffentlich nicht einer alten Weisheit vertraut, die besagt dass Stahl kein gutes Karma hat und mein Auto deswegen mit einem Rahmen aus Gänseblümchen gebaut. Ganz egal, ob er privat daran glauben mag. Vielleicht ist es noch nicht schlimm, dass aus den USA kaum Nachwuchs von archäologischem Fachpersonal kommt, weil dort weiterhin ein kreationistisches Weltbild vermittelt wird. Wenn allerdings die Umweltpolitik von Klimawandel-Leugnern betrieben wird und Homöopathen nach Afrika fliegen, um die Menschen dort davon zu überzeugen, dass Malaria und AIDS auch mit Zuckerkügelchen behandelbar sind, dann sind das in meinen Augen ernste Probleme, die leider viel zu selten thematisiert werden.

Ich schreibe diesen Text nicht, weil ich irgendeiner Ideologie folge oder irgendwer mich dazu zwingt. Alles was ich möchte, ist Denken! Eigenverantwortliches Denken der Menschen. Vom Hafenarbeiter bis zur Bundeskanzlerin! Und dass man, wenn man auf eine Lösung stößt, diese Lösung ebenfalls kritisch überprüft. Ich möchte ganz ehrlich auch daran glauben, dass die Amis nie auf dem Mond waren. Würde mir prima in mein politisches Weltbild passen, ist aber dummer Unfug. Ich würde mich verdammt nochmal freuen, wenn die Homöopathie wirken würde. Wäre ja quasi eine Revolution in der Medizin! Da bin ich doch nicht dagegen! Alleine: Ihre Wirksamkeit wurde zigfach widerlegt, ebenso die vermeintlich positiven Resultate. Und einen Gott könnte ich akzeptieren (gut, muss nicht so ein Stinkstiefel wie der christliche sein!), aber es gibt keinerlei haltbare Hinweise auf eine solche Existenz.

Ich könnte damit enden, auf die vielen vielen schlimmen Auswirkungen von Dummheit und Ignoranz hinzuweisen. Das macht sich gut und wirkt manchmal tatsächlich so, als hätte uns Skeptikern irgendwer diktiert, wie wir solche Texte zu schreiben hätten. Folglich versuche ich einmal mehr, meine Unabhängigkeit zu beweisen, indem ich einen eher unorthodoxen Schluss wähle:

Schaltet euer Gehirn ein! Mir zuliebe!
Es macht mich irre, euch dabei zuzusehen, wie ihr geistigen Dünnpfiff verbreitet und dabei damit prahlt, intelligenter zu sein. Ihr verletzt mich und Millionen Menschen intellektuell aufs Schärfste und wir werden geschüttelt von Fremdscham biblischen Ausmaßes! Habt ein bisschen Mitleid und versucht, dieser Welt mit etwas Logik zu begegnen! Nur ein bisschen, die Ergebnisse werden auch euch überraschen und sind ähnlich cool wie Alien-Raumschiffe und Chemtrails, versprochen!

11 Comments

Filed under Medien, Politik, Vermischtes

11 Responses to Wissen schafft einen…

  1. Fabian

    Danke 🙂

  2. duty calls…
    kurze anmerkung, weil es so schön zum thema passt 🙂
    „ockhams rasiermesser“ hat nichts mit plausibilität von theorien zu tun!
    es ist grob gesagt eine strategie wie ich eine plausible theorie aus einer menge von plausiblen theorien (aus denen allen das gleiche ableitbar ist) aussuchen kann.
    bsp.: theorie a: der boden ist nass -> es regnet.
    theorie b: der himmel ist dunkel, es donnert, da wo vorhin eine straße war ist jetzt ein fluss -> es regnet.
    welche theorie würdest du wählen… okham würde a sagen 😉

  3. @Fabian:
    Bitte 😀

    @felix:
    Das stimmt natürlich. Aber das Überprüfen einer Theorie im Hinblick auf diese Strategie kann einem dennoch helfen, herauszufinden, ob sie plausibler ist als eine andere.

  4. Ich fühle mit dir…
    Danke fürs Aussprechen 🙂

  5. Matthias

    das ist witzig, genau den letzten absatz habe ich mir beim lesen des artikels nämlich auch gedacht

  6. @vbernd:
    Danke 🙂

    @Matthias:
    Da es nicht zu Gegenargumenten geführt hat, hab ich aber wohl alles richtig gemacht 😉

  7. Peter

    Nur so interessehalber:
    Wie meinst du das konkret mit dem „Stinkstiefel“?

  8. @Peter:
    Naja, ein Gott, der trotz Allmächtigkeit Strafen androht, sollte man nicht an ihn glauben, ist doch eine Instanz, der man einen gewissen Frust nicht absprechen kann, oder?

  9. Peter

    Nun, ich denke nicht, dass dies der richtige Rahmen ist, um ein langes Statement über meine Meinung und meinen Glauben anzubringen.
    Deshalb nur soviel: Nach meiner Vorstellung von Gott droht er nicht aus Frust Strafen an, sondern zeigt Konsequenzen auf, die mein oder dein Tun und Lassen hat – aus Liebe zu mir und zu dir.

  10. @Peter:
    Dennoch ist Nichtglauben oder die Verleugnung von ihm ein Grund, nicht erlöst zu werden – ganz gleich, ob ich mich sonst als guter Mensch erweise. Für jemanden, der angeblich die Macht hat, die Geschicke der Welt zu lenken, finde ich das tatsächlich erstaunlich kleinkariert.

  11. Schaltet euer Gehirn ein! Mir zuliebe!
    Es macht mich irre, euch dabei zuzusehen, wie ihr geistigen Dünnpfiff verbreitet und dabei damit prahlt, intelligenter zu sein. Ihr verletzt mich und Millionen Menschen intellektuell aufs Schärfste und wir werden geschüttelt von Fremdscham biblischen Ausmaßes! Habt ein bisschen Mitleid und versucht, dieser Welt mit etwas Logik zu begegnen!

    Word!

    Nachdem ich wegen einer Newsfeeder-erwähnung meines Blogs in diversen Truther.-Blogs heute so viele dieser Spezies wie im ganzen Monat zuvor hatte, hat mir dieser Absatz richtig gutgetan.

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