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Autor, richtiger

Vielleicht bleibt mir nicht mehr viel Zeit, um einen Text „nur“ als Blogger zu schreiben. Ich mag dieses nicht ohne Grund in Anführungszeichen gesetzte „nur“ nicht, aber die gesellschaftliche Wahrnehmung ist halt eine andere als meine eigene. Und „richtiger“ Autor (das sind dieselben Anführungszeichen wie beim „nur“) ist man nach allgemeingültiger Definition irgendwie erst, wenn man für einen Verlag schreibt und tatsächlich Bücher aus Papier veröffentlicht.

Machen wir uns nichts vor: Natürlich wirken sich diese gesellschaftlichen Konventionen auf die Eigenwahrnehmung aus. Selbst ich, nicht wenig stolz auf meine Online-Texte, freue mich darauf, irgendwann mal ein Buch von mir in der Hand zu halten.

Und ja, es geht immer mehr in die Richtung.

Vor mir liegt eine Vereinbarung mit einer Literaturagentur, einer großen. Die ist erstmal nur ausgedruckt, aber ein von der Agentur unterschriebenes Exemplar befindet sich bereits auf dem Weg. Eine Agentur, die derletzt mehrere Projekte bis in die Spiegel-Bestseller-Liste hat bringen können, umwirbt mich seit Wochen, doch mit ihnen zusammen mal ein paar Taxigeschichten als Buch an Verlage zu bringen. Das ist natürlich noch kein Buchvertrag, aber das bedeutet, dass Leute mit Ahnung von der Branche eine Chance für das Buch sehen und bereit sind, da Arbeit rein zu investieren, obwohl sie nur im Erfolgsfall dafür Geld bekommen …

Das ist durchaus was komplett neues für mich. Auch wenn es nach dem ganzen Medieninteresse in den letzten Jahren durchaus absehbar war.

Gerade aufgrund dieses großen Medieninteresses kann man sich natürlich fragen, wozu ich denn auch noch eine Literaturagentur brauchen könnte. Die Frage hab ich mir schon mehrmals selbst gestellt und auch schon die ein oder andere Anfrage abgelehnt. Man gibt damit die Rechte „aus der Hand“ (schwieriges Thema) und einen nicht gerade kleinen Teil seiner Einnahmen. Das kann man schon für bekloppt halten, wo ich doch eh schon das Interesse von Verlagen auf mich ziehe, ich also auch ohne Agentur mein Buch loswerden könnte.

Aber mal im Ernst: Ich bin kein Profi in der Branche, kein Jurist – und vor allem ein beschissener Verkäufer.

Ich schreibe! Das wohl ganz gut, aber was ist denn ein Erstlingswerk eines mittelprächtig bekannten Bloggers wert? Was kann ich denn von einem Verlag als Vorschuss verlangen, welche Klauseln im Vertrag gilt es zu beachten? Es ist eine ziemlich gute Sache, da Experten mit ihm Boot zu haben, deren Erfolg von meinem abhängt. Die werden mir schon deswegen keinen schlechten Buchvertrag unterjubeln, weil sich deren Bezahlung an meinen Einnahmen bemisst. Das ist ein geiles System – vor allem für mich, der ich gerne einfach schreiben würde.

Und ich bin selbst Dienstleister. Dienstleistungen kosten. Amazon kriegt z.B. von dem Geld, das ich bei meinen eBook-Verkäufen verdiene, auch einen Teil ab. Weil sie die „Logistik“ und die Zahlungsabwicklung für mich übernehmen, was mir Zeit und Nerven spart. Im Taxi werde ich auch bezahlt, obwohl ja jeder selbst laufen könnte.

Das ist ein großer Schritt und ich tue mich nicht leicht damit. Die Vereinbarung mit der Agentur ist kurz, verständlich und offensichtlich für die Umstände vorbildlich und absolut fern von jeder fiesen Abzocke oder Gaunerei. Trotzdem liegt das ausgedruckte Werk hier vollgekritzelt mit Fragezeichen und Textmarker-Unterstreichungen vor mir, weil ich bei sowas skeptisch bin. Aber ja, ich werde den Deal wohl eingehen und in Kürze ein „richtiger“ Autor sein.
Eventuell werde ich die nächsten Wochen bereits eine aussagekräftige Textprobe zusammenklöppeln, damit das erst noch auszuarbeitende Buch bereits auf der Frankfurter Buchmesse verschiedenen Verlagen angeboten werden kann. Das könnte also ein Tempo entwickeln, das für meine gechillten Bloggerverhältnisse atemberaubend ist.

Und das fühlt sich gut an. Ehrlich.

Falls wer meine vollständige Abwanderung ins Totholzgewerbe befürchtet: Seid beruhigt! Ich werde weiter bloggen und gedruckte Bücher brauche ich vor allem für die Wikipedia-Relevanzkriterien*. Hat ja jeder seine eigenen Ziele, nicht wahr? 😉

*Zugegeben: Spiegel-Bestsellerliste hat schon auch was …

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Medien, Rudeltiere und Schnappatmung

Medien sind Rudeltiere! Diesen Satz hab ich in den letzten Tagen oft erwähnt, und das nicht ohne Grund. Das Interview mit der Berliner Zeitung hat zum Beispiel trotz mehreren hunderttausend potenziellen Lesern kaum Spuren im Blog hinterlassen, gleich aber zeit.de mit auf den Plan gerufen, für die ich dann ja umgehend den „Proust-Fragebogen für Blogger“ ausgefüllt habe.

Noch schneller waren zwei Jungs vom Stern, da kam es aber erst in den Tagen danach zu einer Absprache, das Interview mit denen wird erst am Donnerstag, also morgen, stattfinden. Die haben mich allerdings vor mein größtes Problem bei solchen Anfragen gestellt: Restaurants. Journalisten treffen sich grundsätzlich Restaurants. Das finde ich eine gute Angewohnheit, schließlich bin ich essen und trinken ebenso wenig abgeneigt wie plaudern. Dumm nur: Wenn ich mich nicht mit Journalisten treffe, gehe ich nicht essen. Das schränkt meine Erfahrungen etwas ein.

Im Ernst: Restaurants besucht man einfach nicht alleine, und meinen Freundeskreis pflege ich in den meisten Fällen online. Ich hab überhaupt nix gegen gutes Essen, es ist mir bloß meist das Geld nicht wert. Und nicht, dass wir uns falsch verstehen: ich weiß die gastronomische Dienstleistung sehr zu schätzen und hab einen Heidenrespekt vor beispielsweise Köchen in Restaurants. Was die für einen Scheißjob machen – Junge, Junge!

Aber Ozie und ich sind ganz gut im Kochen, wir bleiben gerne zu Hause, ich ziehe Unterwäsche als Bekleidung so ziemlich allem anderen vor und muss finanziell gesehen für ein mittelprächtiges Essen mindestens 2 bis 5 Stunden arbeiten. Sprich: So sehr ich gutes Essen zu schätzen weiß, so selten kommt mir das als Ganzes wirklich erstrebenswert vor.

Deswegen hab ich die Arschkarte, wenn die mir netterweise die Wahl eines Restaurants überlassen. Das ist lieb, keine Frage. Aber ich für meinen Teil kenne kaum welche, noch dazu hab ich keine Ahnung, was so im Normalfall unter den Herren Journalisten (waren bisher keine Frauen dabei!) üblich ist. Das hab ich jetzt nach vier Tagen überlegen dem Stern auch einfach geschrieben.

Auch sehr schön ist, dass eine Literaturagentur sich noch gemeldet hat. Nicht etwa schön, weil sich überhaupt eine gemeldet hat, sondern weil es mal eine gute Anfrage war. Ich schlittere in dieses Autoren-Verlags-Dingsbums-Geschäft ja auch nur langsam rein, da kommen am Anfang natürlich allerlei ziemlich fadenscheinige Mails. Ich kann echt nur allen raten, vorsichtig und nicht leichtsinnig zu sein. Wenn wir gute Blogs schreiben, dann ist das eine tolle Sache. Wenn „die alten Medien“ darauf aufmerksam werden, dann ist das natürlich auch eine tolle Sache. Aber um Himmels Willen bloß keine Schnappatmung mit mittelschwerem Anfall geistiger Umnachtung, bloß weil in irgendeiner Betreffzeile „Buch“ und/oder „Verlag steht! Da gibt es ebensoviele Schmierenkomödianten, Idioten und Abzocker wie online auch, machen wir uns nix vor. Und wenn der einzige Vorteil ein gedrucktes Buch ist, dann ist das nix. Es fasst sich toll an, aber ein Buch kann man auch bei Buchbindern und in jedem dritten Copyshop oder gar online irgendwo erstellen lassen. DAZU braucht’s keine Verlage, auch wenn sie das gerne hätten.

Die aktuelle Anfrage hat natürlich mit GNIT zu tun, sie fragen aber konkret danach an, ob ich mir vorstellen könnte, mit ihnen zusammen ein Buchprojekt auf Basis meiner Taxigeschichten zu erarbeiten. Kein „Wir machen ihren Blog zum Buch“, „lassen Sie ihren Blog drucken“, nein. Eine konkrete Anfrage, ob ich mir vorstellen könnte, ein Konzept zu erarbeiten, das über einzelne Artikel hinausgeht. Das, was ein Buch ausmacht am Ende – eine Anfrage, die zumindest mal die Hoffnung zulässt, es arbeiten nicht nur Schwachmaten auf Beutefang dort.

Das praktische ist, dass ich sowas für demnächst sowieso geplant hatte, seit anderthalb Jahren ein angefangenes Manuskript mit unveröffentlichten Geschichten rumliegen hab, und mir das im Falle einer Übereinkunft tatsächlich eine angenehme Hilfe sein könnte, die ich gerne in Anspruch nehme. Wer weiß, vielleicht kommt es ja in absehbarer Zukunft zu einem Treffen. Ich hab Interesse bekundet, gleichzeitig aber auch klargemacht, dass sie nicht die einzigen oder auch nur ersten sind und das mit dem Taxibuch derzeit nicht oben auf meiner Prioritätenliste steht.
Das wirkt jetzt sicher wahnsinnig abgebrüht, aber da schlittert man rein und das kommt einfach, wenn man sich mal ernsthaft mit allerlei dubiosen Anfragen auseinandergesetzt hat und sich überlegen muss, wie man auf Anfragen als solche überhaupt reagiert.

Wenn Ihr Euch wie ich dem Schreiben ver… äh, -schrieben habt, dann könnt ihr jedenfalls sicher sein: Es wird immer irgendwie komisch und chaotisch werden. Das ändert sich wahrscheinlich nie. Selbst wenn man im Grunde Stufe um Stufe seinen persönlichen Berg erklimmt. Aber das, und das ist vielleicht das Geheimnis, ist eigentlich auch das witzige daran …

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„Gepanzerte Bullen“

Diesen Eintrag schreibe ich wegen einer kleinen Begebenheit, ja eigentlich nur wegen eines Tweets. Nachdem ich heute Morgen in einem Gespräch bei Twitter die Hausdurchsuchung angesprochen hab, ist der Text zum Thema wohl ein paar Mal gelesen worden. Ein paar und ein halbes Mal offenbar, denn es kam noch dieser Tweet von twilightDD:

Das hier schreibe ich jetzt, weil ich das einerseits natürlich schade finde, es auf der anderen Seite verstehen kann. Ich nehme an, jeder hat so Worte und Sätze, die einen mit den Augen rollen und glauben lassen, dass man es mit einem Idioten zu tun hat. Ich erwarte beispielsweise keine sinnvollen Beiträge auf „Weltnetzseiten“ oder fahre nach dem Lesen von Worten wie „ganzheitlich“ oder „feinstofflich“ allenfalls noch zur eigenen Belustigung fort.

Und dass „Bullen“ eine Beleidigung ist, die gerne von allerlei Hohlbirnen verwendet wird, steht außer Frage. Dazu das effekthascherische „gepanzert“, was sicher technisch nicht korrekt ist. Schon klar, dass man darauf anspringen kann.

Ich werde das aber nicht ändern. Und das hat Gründe.

Die beiden Polizeibeamten, die da im Flur standen, waren in diesem Moment nicht „Freunde und Helfer“, sie waren schlichtweg Gegner. Sie waren da, um die Drohkulisse aufrecht zu erhalten, die es ihren Kollegen in Zivil und Uniform ermöglicht hat, in meiner Unterwäsche und in meinem PC rumzuschnüffeln, um mir nachzuweisen, dass ich zu Unrecht Beweismaterial vor ihnen verstecke. Sie und ihre Kollegen haben sich lustig gemacht über mein Privatleben, meinen Lebensstil und darüber, dass uns eine scheißteure Waschmaschine am Verrecken war, die wir aus Geldmangel nicht hätten ersetzen können. Darüber hinaus waren sie bewaffnet und sind mir in meiner eigenen Wohnung im Weg gestanden. Ich gehe mit dem Wort Bullen auch in besagtem Text sparsam um, in dem Fall handelte es sich aber meiner Meinung nach einfach nur um ebensolche, auch wenn es weh tut.
Dem habe ich sprachlich Rechnung getragen.

Ich weiß um die Macht der Worte Bescheid, ich schreibe schließlich recht viel und ich lese auch viel. Ich hab auch so einiges erlebt. In dem Zusammenhang fällt mir komischerweise auch ein Polizeibeamter ein. Dem stand ich bei einer Demonstration irgendwie im Weg. Jetzt nicht blockademäßig, er wollte einfach irgendwo durch, wo ich zufällig stand. Seine freundliche Bitte lautete wortwörtlich:

„Beweg Dich, Du fettes Stück Scheiße!“

Ich glaube, ich hab noch ein paar „Bullen“ gut bei dem Verein …

PS: Ja, ich sehe mich weit links und ich war schon auf einigen Demos. Aber ich bin weder Terrorist, noch Straßenkämpfer oder ähnliches. Ich hab die Polizei nie bedroht, angegriffen oder verletzt. Einzig gelegentliche kollektive „Haut ab!“-Rufe könnten gegen mich sprechen. Ganz unbegründet waren die aber nicht.
Alle Cops, mit denen ich persönlich zu tun hatte oder habe, kennen mich entweder als netten Kerl oder wenigstens fairen Gegner. 😉
Was ich im Gegenzug alles an Beleidigungen, Angriffen und Körperverletzungen einfach einzustecken hatte, weil ich halt auf der falschen Seite stand …

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Merkel, PRISM und co.

Dass ich jetzt nicht gerade ein sonderlich begeisterter Fan der CDU bin, wissen alle hier. Das ist keine persönliche Geschichte, aber was die Merkel da gerade abliefert, ist doch Bullshit!

Viele verstehen nicht, wie man an Angela Merkel etwas auszusetzen hat. Die ist ja immer nett und selbst an einer besonnenen Handlungsweise gibt es ja wenig auszusetzen. Das Schlimme ist meines Erachtens nach, wie sehr diese scheinbare Besonnenheit aalglatter Ignoranz Vorschub leistet. Der von mir sehr geschätzte Medienjournalist Stefan Niggemeier hat in einem aktuellen Blogeintrag einmal ein aktuelles Interview auseinandergenommen.

Und das Ergebnis ist erbärmlich. Ja, erbärmlich.

Ich gestehe Merkel eine eigene Meinung zu und man kann es sogar positiv bewerten, wenn sie diese nicht andauernd in die Tagespolitik einbringt. Muss man nicht, kann man aber.

In Anbetracht der aktuellen Vorkommnisse könnte sie sich aber ebenso gut über das Grundgesetz hocken und draufkacken. PRISM, Tempora, all die Scheiße, die Edward Snowden jetzt ans Licht der Öffentlichkeit befördert hat, ist unter Umständen nicht mehr als der Abgesang auf unsere gesamte westliche Kultur. Rechtsstaatliche Prinzipien wie die Unschuldsvermutung und die Privatsphäre werden mit Füßen getreten, das Vorgehen der (sicher nicht nur ausländischen) Geheimdienste ist vielleicht nicht unerwartet gekommen, in bestätigter Variante jedoch jeden Hitler-Vergleich wert. Mit der grenzenlosen Überwachung des Internets werden nicht nur Gesetze gebrochen, sondern auch Werte in die Tonne gekloppt, mit denen wir bislang Kriege gerechtfertigt haben. Die Sache ist so groß und so unfassbar, dass eine Bundeskanzlerin hier nicht im Entferntesten die Wahl hat, sich aus der Geschichte davonzustehlen.

Tut sie aber. Und das macht einen fertig.

Ich habe in Niggemeiers Text vielleicht ein wenig mehr gelesen als der Durchschnittsinteressierte. Ich hab die Fassungslosigkeit registriert, die Ohnmacht, dieses nicht in Worte zu fassende WTF-Feeling. Und ich kenne das. Sehr gut sogar.

Es ist nämlich genau das Gefühl, das bei mir hervorkommt, wenn es um Gewaltanwendung geht.
Ich mag Gewalt nicht, ich verabscheue sie. Vollkommen und absolut. Und ich bin sicher, dass, würden nur Menschen wie ich existieren, Gewalt obsolet wäre. Obwohl ich tief im Innern Choleriker bin.

ABER: Ich weiß, wie es ist, ohnmächtig zu sein! Ich habe in meinem Leben viele Leute kennengelernt, die Steine und Molotow-Cocktails geworfen haben. Menschen wie ich. Liebenswerte Menschen, gute Freunde, nette Babysitter, geduldsame Partner in Beziehungen, alles erdenklich liebe, was man sich vorstellen kann.
Aber hier und da – und bei manchen auch dauerhaft – kam das Gefühl auf, mit aller Vernunft nichts mehr erreichen zu können, sich nur noch so verteidigen oder ausdrücken zu können.

Das ist nicht schön. Für keinen der Beteiligten. Und es ist so erbärmlich unzureichend, dahinter nur persönliche Probleme oder Gewaltgeilheit zu sehen. (was nicht ausschließt, dass das in Einzelfällen zutrifft)

Ich fühle das gerade auch. Aber ich kann mich zurückhalten, ich bin dann eben doch mit mehr Gelassenheit gesegnet als viele andere. Dennoch lasse ich mich denen zurechnen, die bei der RAF damals als „klammheimliche Unterstützer“ bekannt geworden sind. Mit dem Unterschied, dass es heute nicht mehr klammheimlich ist.

  1. Weil ich es blogge
  2. Weil es ohnehin gespeichert wird

Wäre ich naiv genug zu glauben, dass man dieses Problem mit einer Bombe lösen könnte, dann würde ich sie legen. Nicht obwohl, sondern weil ich ein sozialer und denkender Mensch bin.

PS: Ausgerechnet heute hat sich Merkel dann natürlich zu Wort gemeldet und umfassende Aufklärung gefordert. Jede Wette, dass sie sich da voll reinhängt jetzt … 😉

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Nachschlag zu #Neuland

Großes Kino gestern mal wieder: Beim Besuch von Barack Obama in Berlin sagte Angela Merkel (Unsere Kanzlerin, für die RTL-Zuschauer) unter anderem folgendes:

Nochmal als Text:

„Das Internet ist für uns alle Neuland und es ermöglicht auch Feinden und Gegnern unserer demokratischen Grundordnung natürlich mit völlig neuen Möglichkeiten und Mö … völlig neuen, äh, Herangehensweisen, unsere Art zu Leben in Gefahr zu bringen.“

Gut. Was darauf folgte, war vorherzusehen und ist steht heute wahrscheinlich gedruckt in jeder Zeitung: Ein Shitstorm auf Twitter ergoss sich über Merkel, es wurden Witze unter dem Hastag #Neuland gepostet, die überwiegend natürlich die Medienkompetenz unserer obersten Repräsentantin durch den Dreck zogen. Muss man nicht gut finden, allerdings – und dazu kommen wir noch – ist das nicht alles gewesen.

Nachdem die Timelines voll waren mit lustigen Bildchen und Sprüchen zum Thema, meldeten sich auch Kritiker. Der Tenor war im Großen und Ganzen der, dass das ja SO nicht gemeint war. Natürlich hätte die Kanzlerin Ahnung vom Netz, und jetzt wegen eines Wörtchens so rumzumachen, sei kindisch. Andere formulierten das noch einmal mehr um. Der Regierungssprecher Steffen Seibert, seines Zeichens selbst Twitterer, ließ folgendes verlauten:


Als Text:

„Zur Neuland-Diskussion: Worum es der Kanzlerin geht – Das Internet ist rechtspolitisches Neuland, das spüren wir im polit. Handeln täglich.“

Aha. Dieser – zweifellos als Schadensbegrenzung gedachte – Schnellschuss verschlimmert die Sache jedoch nur. Man darf nicht vergessen, dass der Austausch zwischen Merkel und Obama in dieser Woche überschattet war von der Affaire um PRISM. PRISM ist ein Überwachungsprogramm des amerikanischen Geheimdienstes NSA und hat – die genauen Umstände sind noch dabei, ermittelt zu werden – das bestätigt, was viele lange befürchtet hatten: Geheimdienste überwachen das Internet ziemlich umfänglich, insbesondere unsere e-Mails und die ganzen Social-Media-Plattformen sind alle nicht sicher. Keine Überraschung, aber schlimm, weil es jetzt alle wissen.

Merkels Anbiedern an Obama, indem sie „das Internet“ zu einer neuen Sache erklärt, bei der halt alle noch irgendwie am Gucken sind, wie man das dort so macht, ist diplomatisch verständlich. Gruselig, aber diplomatisch verständlich. Unser Regierungssprecher schiebt jetzt nach, dass es ihr ja eigentlich „nur um rechtspolitische“ Fragen geht. DAS hingegen ist wirklich eine Farce!

Nicht nur bedient er damit dieses alte Klischee, dass das Internet ein rechtsfreier Raum sei, er bestätigt quasi auch noch, dass die Regierung(en?) das so empfinden. Dabei ist diese These völliger Quark: Das Internet ist eben nicht dieses „Neuland“, in dem irgendwelche Eingeborenen komische Dinge tun und die Gesellschaft da jetzt irgendwie gucken muss, wie man da Fuß fassen kann. Im Internet gelten die gleichen Rechte wie außerhalb. Seine Supranationalität macht die Umsetzung derselben manchmal schwer, ebenso die schiere Größe und dezentrale Ausrichtung. Aber: Das liegt auch daran, dass gerade die Regierung ständig dabei ist, dieses Thema nach hinten zu verschieben und zu verschlafen. Und statt zum Beispiel wirksame Datenschutzregelungen zu verabschieden, beteiligen sich alle Staaten munter an deren Aushöhlung. Weil das Internet ja ein ach so freier Raum ist.

Merkel wanzt sich an die ran, die ohnehin Angst vor dem Netz haben, Seibert schiebt für die „Internetgemeinde“ nach, dass wir ja nun eigentlich damit auch nicht gemeint sind. Aber wo bleibt aus Regierungskreisen die Antwort darauf, dass hier vielleicht millionenfach massiv in die Grundrechte eingegriffen wird?

Richtig, Grundrechte!

Das Internet gibt es jetzt seit rund 20 Jahren. Seit mindestens 10 Jahren (sehr konservativ geschätzt) ist unübersehbar, dass es aus der Welt nicht mehr eben kurz verschwinden, sondern seine Verbeitung und Bedeutung sich ausweiten wird. e-Mails sind keine freakigen Nischenlösungen mehr, sondern wahrscheinlich die meistgenutzte Kommunikationsform. Weltweit und in Deutschland. Und Politik, Polizei und Geheimdienste finden es völlig normal, die zu überwachen?

Wie wäre wohl die Reaktion, wenn es um „stichprobenartige“ Brieföffnungen oder „flächendeckende“ Durchsuchung von Handtaschen gehen würde?

„Das Internet“ ist kein Neuland. Es hat Milliarden Benutzer, und es werden mit jedem Jahr mehr. Und rechtspolitisches Neuland ist es allenfalls, weil die Regierungen ihre Zeit damit verbringen, im Internet ein solches zu sehen und lieber von Verlagslobbyisten vorgelegte Gesetze durchzuwinken und es kleinzureden; als die weltweite Vernetzung endlich als gegeben anzuerkennen und sich mit den Folgen ergebnisoffen zu beschäftigen. Im Übrigen durchaus Folgen, die klassisch konservative Themen einbeziehen. Thomas Knüwer zieht in seinem Blogeintrag von gestern z.B. nicht nur lustige Vergleiche, sondern stellt (einmal mehr) fest, wie fatal sich diese Internetangst seitens der Regierung auch auf die Wirtschaft auswirken könnte wird. Ebenso sieht das auch Patrick Beuth bei zeit.de.

An der Kommunikationsform muss wohl noch gearbeitet werden. Es ist kein Wunder, dass die verballhornende Kritik alleine – gerade in Anbetracht der Weltfremdheit unserer Kanzlerin – kaum dort ankommt, wo sie gehört wird. So fordert denn auch der Tagesspiegel, es wäre Zeit, zu zeigen,

„dass Merkels Aussage auch jene betrifft, die an ihrem Rechner noch nie über eine Partie Minesweeper herausgekommen sind; dass es grundsätzlich darum geht, dass Privatsphäre auch in technisch vermittelten Lebensräumen Schutz genießt.“

In nicht einmal mehr hundert Tagen ist Bundestagswahl. Ich denke, deutlicher muss ich an dieser Stelle nicht mehr werden.


Kleines PS: Wie man mit dem Internet umgeht, was es ist, das MUSS man selbst rausfinden! Das können auch „wir“ netzaffinen Leute nicht mal eben erklären. Hab ich auch schon mal verbloggt.

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Echt jetzt, liebe Polizei?

Ich hab es in den Social Networks schon weitgehend geteilt. Aber auch hier nochmal:

Es geht um den Text hinter diesem Link: Durchsuchungsmaßnahmen bei Rechtsextremisten

Um es von vornherein klarzustellen: Ich wünsche mir kaum etwas mehr als das Verschwinden von Nazis und ich bedauere es sehr, dass deren Weltbild gemeinhin keinen Anlass zu einem Massensuizid beinhaltet.
Aber ich finde es eine arg fragwürdige Auslegung des Rechtsstaates, wegen ein paar geklebten Spuckis eine Hausdurchsuchung inkl. Beschlagnahmung von Computern vorzunehmen.
Sicher, ich finde es irgendwie lustig, dass es Nazis passiert. Aber die Vorstellung, dass das gängige Praxis bei der Ermittlung von Leuten wird, die Aufkleber (!) auf der Straße anbringen, lässt mich mehr vor dem Staat erschaudern als vor ein paar rechten Dumpfbacken. 🙁

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Die Ersten …

In den letzten Tagen ist Mars One ein wenig durch die Medien gegangen. Zu Recht, wie ich finde. Ist es doch zweifelsohne derzeit das einzige Vorhaben, die Menschheit einen Schritt voranzubringen, über den man sich bisher noch nicht einmal im Ansatz Gedanken machen konnte: Das dauerhafte Verlassen des Planeten Erde.

Man darf natürlich skeptisch sein. Nicht nur bezüglich des Projektes selbst, dessen Ziele wahrlich überambitioniert erscheinen. Nein, auch ob der Idee, tatsächlich die Erde zu verlassen. Nicht nur, weil es hier so schnuckelig ist, sondern weil es natürlich eine Menge gesellschaftliche Fragen aufwirft, inwiefern die Menschheit reif dazu ist, alleine mit dem Gedanken umzugehen, dass sie mehr als diesen Planeten zur Verfügung zu haben. So sehr man anerkennen muss, dass wir immerhin ein paar Fortschritte machen, so bleibt doch bezüglich unseres eigentlichen Planeten eine verheerende Bilanz, was unser bisheriges Wirken angeht.

„Vielleicht wäre es besser, wenn die Menschheit sich selbst auslöscht, bevor sie in der Lage ist, den Planeten zu verlassen.“

Diesen Satz hab ich pessimistisch vor etwa 15 Jahren irgendwo notiert und er ist mir nicht mehr aus dem Gedächtnis gegangen. Und darüber nachzudenken lohnt sich sicher immer noch.

Abgesehen vom Nachdenken über unsere (zumeist) negativen Beeinflussung der Umwelt stellt sich bei einem Konolisationsprojekt natürlich auch eine wichtige gesellschaftliche Frage: Was bedeutet es für das Leben auf der Erde, wenn Menschen mit einem gewissen Einkommen notfalls die Möglichkeit haben, diesen Felsbrocken zu verlassen?

Alles spannend, aber das wollte ich gar nicht wirklich vertiefen. Da fehlt mir ganz ehrlich gesagt auch einiges an Grundwissen. Für mich als Laien viel interessanter ist die Frage, wie man sich auf eine Mission bewerben kann, die zwar historisch ohne Vergleich ist, dennoch den Abschied von ALLEM darstellt, was einem bislang noch als Gewissheit dienen konnte.
Die ersten Missionen von Mars One wären nämlich – zumindest voraussehbar – Einwegmissionen. Reisen zum Mars ohne eingeplante Rückkehr. Und damit so ziemlich die völlige Isolation von all dem, was man bislang kannte. Natürlich sind wir in der Lage, mit dem Mars und eventuell dort wohnenden Menschen zu kommunizieren. Aber die Entfernung von ca. 50 bis 350 Millionen Kilometern erschwert die Sache enorm. Vom Gedanken, dorthin zu telefonieren, kann man sich verabschieden, denn jede Antwort auf eine Nachricht würde etliche Minuten Wartezeit benötigen – und wir kommunizieren bereits mit der höchstwahrscheinlich schnellstmöglichen Geschwindigkeit – der Lichtgeschwindigkeit.

Darüber hinaus viel wichtiger: Kann sich überhaupt irgendwer vorstellen, den Rest seines Lebens außerhalb unserer Zivilisation zu verbringen? Da mag die künftige Station auf dem roten Planeten noch so gut ausgebaut sein und die Besatzung mit 40 Leuten vergleichsweise hoch: Nie mehr fremde Menschen treffen? Wirklich nie mehr?

Ich bin ja wirklich ein lichtscheuer Geselle und würde mich als Einsiedler bezeichnen. Aber zum einen hab ich immer noch das Internet, zum anderen habe ich die Gewissheit, mein Leben jederzeit ändern zu können. Wie muss es sein, nach drei Jahren festzustellen, dass alle 39 restlichen Mitbewohner auf meinem Planeten Idioten sind und man trotzdem nie wieder jemand anders zu Gesicht bekommt? Egal, was man macht …
Ich muss ehrlich sein: Ich glaube nicht daran, dass es Menschen gibt, die WIRKLICH bereit sind, diesen Schritt zu wagen.

Auf der anderen Seite kann ich nicht verleugnen, ein Interesse an der Sache zu haben. Und erst recht habe ich Bewunderung übrig für die Leute, die diese Aufgabe auf sich zu nehmen bereit sind. Und ich kann nur hoffen, dass niemand je dieses Risiko einzugehen gedenkt aufgrund eines Star-Ruhmes, von dem einem am Ende – auf dem Mars! – überhaupt nichts bleibt.

Man sieht also: Zu den entscheidenden Fragen, die diese geplante Mission mit sich bringt, will ich mir keine Meinung erlauben. Zu schwierig ist das Thema.
Sollte das Ganze allerdings tatsächlich irgendwann einmal Gestalt annehmen und durchgeführt werden, dann muss ich zugeben, dass die mitwirkenden Menschen, insbesondere natürlich die Astronauten, meinen Respekt haben. Denn gegen das bei Mars One geplante ist objektiv gesehen selbst die Mondlandung unwichtig und allenfalls ein halbgarer Versuch ohne nennenswerte Auswirkungen gewesen – so leid es mir für die Pioniere damals tut.

Vielleicht leben wir tatsächlich in einer Zeit, in der eine der größten wissenschaftlichen Leistungen vollbracht werden wird. Ich bin gespannt.

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