Eiszeit

Inzwischen ist es wieder dunkel, wenn ich zum Arbeiten das Haus verlasse. Und kalt.

Man muss beides nicht mögen, mir fällt das bei dem verregneten Sommer gerade auch nicht ausschließlich leicht, mich bringt der Herbstbeginn aber immer wieder dazu, ein bisschen zurückzudenken. Neulich, als ich mit Ozie in der Küche saß, die Heizkostenabrechnung überfliegend zum Beispiel. Oder als ich aus der Bahn heraus zwei Menschen sich abmühen sah mit einem offensichtlich neu erworbenen 50-Zoll-Fernseher.

Das kalte und schneidende Dunkel ruft bei mir irgendwie immer irgendwelche Erinnerungsfetzen hervor.

Während ich über unseren Energieverbrauch sinnierend scheineloquent daherredete, hatte ich vor Augen ein Bild meines Vaters aus den späten Neunzigern. Wie er da saß, Rechnungen ansah, und mich daneben; ungläubig wahrnehmend, dass so ein Schund einen Erwachsenen interessiert und einem gleichzeitig auch noch so leicht von der Hand geht.

Und die beiden, die den Fernseher kaum tragen konnten! Ich sah mich in Stuttgart durch die Königstraße schlendern, gerade ein Vermögen für einen CD-Recorder ausgegeben habend und nun an den bettelnden Punks vorbeigehend.

Die Punks haben damals von mir Kohle für einen ganzen Kasten Bier bekommen – und ja: die Rechnungen sehe ich heute selbst durch. So seltsam entfernt mir die Zeit damals vorkommt – ich hatte ja nicht einmal einen Führerschein und hab zum Einschlafen gerne mal eine Tüte geraucht – so sehr ist mir doch irgendwie die Ruhe der kalten Jahreszeit immer noch das Liebste.

Die letzten Arbeitstage haben sich allesamt angefühlt wie der erste oder zweite überhaupt und mit dem fallenden Thermometer außerhalb steigt die Wärme innerhalb meiner vier Wände. Es sind weniger Menschen unterwegs und zwischen den Wölkchen ausgeatmeter Luft an der Haltestelle scheint die Zeit langsamer zu vergehen als zwischen all den kurzen Shirts im Sommer.

Eigentlich wollte ich nur kurz schreiben, dass es mir gut geht. Und dass ich gerade zwei Kerzen angezündet habe.

5 Comments

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5 Responses to Eiszeit

  1. der Schwob

    Jaja der Herbst. Morgens wenn man aus dem Haus geht ist noch tiefste Nacht und wenn man Abends daheim im geheizten Zimmer sitzt, denkt man öfter nach.
    Es dreht sich dabei meistens nicht um die klassischen Gedanken, wo bin ich wo geh ich hin, sondern eher was man alles erlebt hat in seinem Leben. Welche Fehler wären verhinderbar gewesen, was hat man damals nicht alles gemacht. Wobei wurde man erwischt und wo kam man noch weg. Es ist einfach eine Zeit um über das vergangene nachzudenken…es zu reflektieren um am Ende zu dem Entschluß zu kommen: War schon ne schöne Zeit.

    Ach ja und: 2 Kerzen…du Spießer!

  2. Ich konter stilecht mit zwei Teelichtern.

  3. Flo

    Ja, jetzt kommt die ruhige Zeit zwischen Sommersaison und Wintersaison. Ein letztes Aufbäumen der letzten Touristen und dann ist hier erstmal zwei Monate nix los.
    Nach dem Dienst muss man jetzt wieder das eigene Auto von den Gebrüdern Eis und Schnee freimachen, welche sich jetzt hier breit machen. Ich bin echt froh, dass ich mich zur Zeit zwischen den Fahrten in meine Stammkneipe setzen kann 😉

  4. @Der Schwob:
    Nur in 4 Wochen wird es hektischer 😀

    @Der Maskierte:
    Touché.

    @Flo:
    Ja, ein Bisschen Ruhe tut doch ganz gut. Arbeitsmäßig fangen bei mir jetzt eigentlich eher die guten Zeiten an, aber so wirklich in Hektik wird das sicher auch nicht ausarten…

  5. Zum Glück ist es, und wird es evtl auch nicht, noch nicht so kalt. 15 Grad für Anfang November? Okaaaay….hast aber Recht, wenn es draußen kalt wird, fängt man an sich an die „warmen“ Zeiten zu erinnern. Als man einfach ausm Haus gehen konnte ohne sich in 3 Schichten einzupacken, einfach mit Tshirt und Abfahrt…finde den Winter eh nicht so pralle. Wer Schnee mag, kann ja in die Berge fahren!^^

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