Glücklich unversklavt

Ich hab schon seit Ewigkeiten darüber nachgedacht, mal wieder einen kleinen Text dazu zu schreiben, dass ich Atheist bin und warum. Einen ziemlich ungelenken und im Nachhinein schlechten Text hab ich vor Jahren mal in Pixelform gebracht. Das war noch zur Zeit von overblog, und es ist definitiv an der Zeit, diesem Werk mal einen würdigen Nachfolger zu bescheren.

Schon alleine, weil ich seither sicher 500 neue Leser habe, die das Thema mit mir noch gar nicht diskutiert haben, dachte ich, es wäre sinnvoll…

So wirklich etwas werden wird das wohl eher nicht. Denn ich habe gerade im noch sehr jungen (aber extrem lesenswerten) Blog „blooDNAcid“ des forensischen Genetikers Cornelius Courts den Beitrag Atheistischer Disclaimer ausfindig gemacht.

Dieser Text ist mit Sicherheit ganz anders als ich ihn je geschrieben hätte, aber dennoch erscheint er mir in seiner Wortgewalt derart beeindruckend und einleuchtend, dass ich nach dem Lesen einen eigenen Beitrag nicht hätte schreiben können, ohne hemmungslos zu klauen. Und deswegen möchte ich allen diesen Text ganz ganz ausdrücklich nahelegen.

Denn was Courts schreibt, ist so überwältigend wie ein Blick in den klaren Nachthimmel. Ich weiss nicht, wer von euch das Gefühl kennt, beim Blick zu weit entfernten Galaxien die eigene Nichtigkeit zu empfinden, und genau daraus ein atemberaubendes Glücksgefühl zu beziehen. Neben Gedankensplittern aus meiner Jugend und einigen schönen Szenen aus dem ersten Matrix-Teil werde ich ab heute eine neue Lieblingsszene in mein schier unerschöpfliches Repertoire genialer Filmausschnitte übernehmen. Im in Courts Artikel verlinkten Video Science saved my soul fallen (bei 11:44 etwa) folgende schöne Worte, mit denen ich schließen möchte:

„Some people find it really very depressing, that the universe can only support life for another 30 billion years.
30.
billion.
years.
are you fucking kidding me?“

27 Comments

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27 Responses to Glücklich unversklavt

  1. Atheist oder Agnostiker?

  2. Sash, möchtest du mal mit mir über Gott sprechen?

    Wer es noch nicht getan hat, möge bitte mindestens ein Buch von Richard Dawkins lesen (am besten ‚The blind watchmaker‘).
    Dieser Mensch ist, nicht zuletzt dadurch, dass er mit einem der großartigsten Menschen der Welt (und auch Atheisten) befreundet war, durch den ich auf ihn aufmerksam wurde (ihr dürft raten wer), einer der passioniertesten und klügsten Köpfe unseres Jahrhunderts.

    Also los los los los, lesen!

    Und Neil DeGrass Tyson sowieso!

  3. Falls ihr nicht lesen könnt, Neil DeGrass Tyson ist auch sehr zu empfehlen, wenn er Sachen erklärt.
    Das tut er auf youtube.

  4. Aro

    Was heißt das auf Deutsch? Ergibt für micht irgendwie keinen Sinn (das Zitat meine ich)

  5. mfmfmf

    „Manche Leute finden es wirklich sehr deprimierend, dass das (unsere) Universum nur weitere 30 Milliarden Jahre Leben unterstützen (erlauben, erhalten, beherbergen) kann.
    30
    Milliarden
    Jahre.
    Verarscht ihr mich?“

  6. Matthias

    Komisch, ich wurde erst durch das Vorlesungsfach Biochemie in meinem atheistischen Weltbild erschüttert und wurde zumindest Agnostiker. ATP-Synthase und co sind dermaßen ausgeklügelte Wunderwerke der Natur, dass ich mich gefragt habe, wie all das Leben zufällig entstanden sein soll.

    Diese Frage ist für mich auf einer Stufe mit der Frage, wo denn ein Gott hergekommen sein soll.
    Es ist beides für meinen Verstand unbegreiflich.

  7. Pingback: Berliner Blogs im Wikio-Ranking April 2011 – Von Stefan Stahlbaum

  8. wer wie was?!

    Zu den Thema empfehle ich:
    Bertrand Russell, „Warum ich kein Christ bin“

  9. @Sash und all: Hallo und viele Grüße! 🙂 Schönes Blog hier!

    @Matthias:
    „Komisch, ich wurde erst durch das Vorlesungsfach Biochemie in meinem atheistischen Weltbild erschüttert und wurde zumindest Agnostiker. ATP-Synthase und co sind dermaßen ausgeklügelte Wunderwerke der Natur, dass ich mich gefragt habe, wie all das Leben zufällig entstanden sein soll.“

    Diese Überlegung enthält zwei „Schwächen“:
    1.) ist es ein Strohmann (http://de.wikipedia.org/wiki/Strohmann-Argument), daß irgendetwas in der Biologie durch reinen Zufall entstanden sein soll (wenn Du Lust hast, lies mal hier: http://www.scienceblogs.de/bloodnacid/2011/03/biologischer-disclaimer.php); das behauptet kein Biologe und würde auch keinen Sinn ergeben
    2.) wird diese Überlegung (oder eine Abwandlung davon) gerne von Kreationisten/ID-Leuten (http://de.wikipedia.org/wiki/Intelligent_Design) „mißbraucht“, um eine angeblich „nichtreduzierbare Komplexität“ zu behaupten (natürlich ohne jede Evidenz).

    Ich kann Deine Faszination angesichts vermeintlicher Perfektion biologischer Strukturen verstehen, aber es braucht keinen Schöpfer dafür, glaub mir 🙂

    (und wenn es einen gäbe, dann verrate mir mal, wieso er es zugelassen hätte, daß Dein Gen für die Synthese von Ascorbinsäure kaputt ist, das von Meerschweinchen aber noch funktioniert – hat der Schöpfer die lieber als uns? ;-))

  10. @Will Sagen:
    Sowohl als auch. Ich glaube nicht, dass es (einen) Gott gibt, sehe aber durchaus die Möglichkeit, dass man das nie nachweisen können wird.

    @Nick:
    Allzu ausführlich eher nicht. Ich muss zugeben, dass mir die Argumentationsgrundlage durch all die Vordenker fehlt. Ich hab zu dem Thema bisher nicht viel gelesen, es gehört nicht gerade zu den wichtigsten Punkten meines Lebens. Ich wollte es nur mal wieder ansprechen.

    @mfmfmf:
    Danke! Ich komme gerade so selten zum Kommentieren.

    @Matthias:
    Wenn man sich aber die lange Zeit ansieht, die die Evolution hatte, um am Ende Kuriositäten wie uns (das ist durchaus liebevoll gemeint 😉 ) hervorzubringen, dann finde ich das zwar auch erstaunlich, aber um Längen verständlicher, als zur Erklärung etwas noch komplexeres zu ersinnen.

    @Cornelius Courts:
    Vielen Dank, das kann ich nur abermals zurückgeben!
    Und ebenso Danke für die Links!

  11. Matthias

    @Cornelius: Sehr schön, aber wie erklärst du nun die ENTSTEHUNG des Lebens? Selbst wenn man annimmt, dass durch irgendwelche Prozesse im Urozean eine relativ hohe Konzentration an diversen Amino- und Nukleinsäuren vorlag, haben sich dann spontan dreihundertdrölfzig Milliarden Moleküle so verbunden, dass sie sich selbst reproduzieren und auch noch den Umwelteinflüssen stand halten konnten? Erklär mir das.

  12. @Matthias:
    Aber was spricht grundsätzlich dagegen?

  13. Matthias

    Du kannst auch versuchen, dauernd gegen eine Wand zu rennen. Irgendwann in vielen Jahren wirst du sie durchtunneln.

  14. @Matthias:
    Also ich bin ja zugegebenermaßen Laie, aber ich würde vermuten, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Leben sich in einem verhältnismäßig großen System wie einem Planeten in einer Zeit von mehreren hundert Millionen Jahren entwickelt, so klein gar nicht ist.
    Ich meine: Wie viele physikalische und chemische Interaktionen da im Laufe der Zeit anfallen…
    Und bezüglich der Wand: Ich glaube, ich überlasse das Tunneln lieber den einzelnen Elementarteilchen und versuche mich als Festkörper nicht daran.

  15. Matthias

    Elementarteilchen sind auch Festkörper.
    Es gibt eine endliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass du durch eine Wand kommen kannst.

    Ich glaube sie ist auch ungefähr so groß, wie das zufällige Zusammenspiel so vieler Moleküle wie für ein Leben auf minimaler Basis nötig ist.

  16. @Sash:
    War als Scherz eine Anlehnung an die ‚Missionare‘, die dich hier auf der Straße ansprechen ‚Möchten Sie mit mir über Gott sprechen‘.

    Leider nicht als solcher verstanden worden, nächste Mal arbeite ich mit mehr Smilies.

  17. @Matthias:
    Zufall.
    Schau dir einfach an, wieviele Galaxien es im Universum gibt und wieviele Planeten/Sonnensysteme.
    Hier haben zufällig alle äußeren Bedingungen gepasst um Leben (wie wir es kennen) entstehen zu lassen.

    Wenn Gott die Erde hätte entstehen lassen, dann hat er aber ziemlich unsauber gearbeitet.
    Das mit den Kontinentalplatten hätte man bestimmt schöner lösen können 😉

  18. @Matthias:
    Ich hab leider ein paar Jahre weniger Zeit für diesen Versuch 😉

    @Nick:
    Stimmt: Kontinentalplatten sind sicher nicht die beste Möglichkeit. 😀

  19. Matthias

    @Nick
    Das mag ja prinzipiell richtig sein, aber Cornelius Courts sagte, es ist eben KEIN Zufall und der Verweis auf den Zufall sei ein Strohmann-Argument. Irgendwie sehe ich da einige Widersprüche, oder?

  20. @Matthias
    Sicher gibt es Widersprüche.
    Wir sind eben noch nicht in der Lage alles zu verstehen, was sich auf der Erde und im Universum abspielt (abgespielt hat).
    Das allerdings mit Gott zu erklären, ist auch nicht die Lösung.
    Früher wurde alles mit Gott erklärt, was nicht erklärbar war.
    Wer heute allerdings noch glaubt, dass Gewitter nicht natürlichen Ursprungs sind, der ist entweder bescheuert, oder weltfremd.

    Das mit dem Zufall ist glaube ich Interpretationssache.
    Ich meine damit nicht, dass zufällig Leben entstanden ist und jetzt zufällig alles so schön zusammenpasst, dass wir hier leben können.
    Zufall sind die äußeren Bedingungen, die auf dem Planeten hier geherrscht haben und weshalb es auf anderen Planeten in unserem Sonnensystem (vermutlich) kein Leben gibt, zumindest keins, wie wir es kennen.
    Die Entwicklung war dann eine Anpassung an die Bedingungen und Überleben des Stärkeren.

    Deshalb sollte man das Wort ‚Zufall‘ in der Entwicklung der Welt auf keinen Fall generell abtun, sondern im richtigen Zusammenhang benutzen.
    Uns gibt es auch nur ‚zufällig‘, denn ohne Aussterben der Dinosaurier, würde die Welt heute ganz anders aussehen.

  21. Matthias

    @Nick
    „Wir sind eben noch nicht in der Lage alles zu verstehen, was sich auf der Erde und im Universum abspielt (abgespielt hat).“
    Genau. Und deswegen gebe ich freimütig und ohne Scham zu: Das Leben an sich ist so abgefahren, dass ich keine Ahnung habe, wie es zustande gekommen ist. Es könnte genausogut ein Produkt des Zufalls sein oder der Schöpfung. Es ist abermilliarden Jahre her und die Prozesse und die Zeit entziehen sich komplett meiner Vorstellungskraft. Es ist genauso aberwitzig, dass es überhaupt ein Universum gibt, in denen unzählige Planeten um abersummen von Sternen kreisen. Deswegen nochmals: Ich habe keine Ahnung, alles ist möglich, und so bin ich Agnostiker.

    Und vermutlich wesentlich ehrlicher zu mir selbst als ihr alle, die ihr einen Gott schlichtweg ablehnt und aus mir unverständlichen Gründen zu wissen glaubt, dass es keinen gibt.

  22. @Matthias
    Das muss jeder für sich selbst entscheiden.
    So wenig, wie ich dich dafür verurteile, dass du Agnostiker bist, darfst du jemanden verurteilen, der Atheist ist, oder Christ, Moslem, etc.

    ‚Gott‘ ist ein Relikt alter Zeiten.
    Früher war Gott nötig, um Phänomene zu erklären, die wir uns nicht erklären konnten.
    Heute sind wir soweit so viel erklären zu können, dass wir Gott nicht mehr brauchen, sondern vielmehr Erklärungen finden müssen, um seine Existenz zu rechtfertigen.

    Ich muss allerdings sagen, dass deine Sichtweise für mich auch nachvollziehbar ist.
    Erschreckender finde ich Sichtweisen von Dinosauriern, die mit Menschen zusammenlebten und das Entstehen der Erde vor 6000 Jahren.

  23. Matthias

    Ich möchte noch hinzufügen, dass ich es für wichtig halte, dass man sich eine gewisse „romantische“ Vorstellung bewahrt.
    Ich weiß nicht ob es irgendeinen Menschen gibt, der die Größe des Weltalls und das Wunder des Lebens begreift, aber es gibt viele, die das vorgeben oder mit einer abschätzigen Handbewegung abtun.
    Bin ja selbst Naturwissenschaftler (Chemiker) und muss alles mit Modellen und Gleichungen erklären können und es gab auch vor meinem Studium eine Zeit, in der ich sowas wie „Liebe“ mit ollen biochemischen Prozessen abtat, die irgendwelche Hormone freisetzen, die wiederum… etc. Das ist aber im Grunde egal, wie ich später erst bei der ersten Freundin gemerkt habe 😉 denn Liebe ist und bleibt trotzdem wundervoll. Und genauso ist es mit dem Leben an sich und dem Universum, auch wenn man irgendwann alles erklären wird können.

    Wir haben vermutlich nur diese einen ca. 70 Jahre auf dieser Welt, also lasst sie uns in vollen Zügen genießen und nicht grießgrämig sein.

  24. Schoppi

    Und warum bleibt Liebe wundervoll? Wegen eben den biochemischen Prozessen, mit denen du sie anscheinend vor deiner Freundin abgetan hast. Denk mal drüber nach.

  25. @Schoppi:
    Deswegen und wegen des gegenseitigen Respekts und dem Interesse aneinander. Da gibt es einen Haufen Gründe und Wirkungsmechanismen. Manche sind eher einfach, manche eher kompliziert – und wahrscheinlich kennt niemand bislang alle.
    Da ich vermute, dass du meine Meinung nicht teilst: Was heißt abtun? Das klingt ja, als wäre das nichts. Wahnsinnig komplexe Vorgänge in zwei Gehirnen, die trotz ihrer Unterschiede und Vielfalt in so vielen Dingen übereinstimmen, sich ergänzen und trotz abermilliarden anderer Möglichkeiten bei zwei Menschen derartige Gefühle hervorrufen. Das ist unglaublich faszinierend und regt auf wunderbar inspirierende Weise Gedanken darüber und über vieles mehr an. Abtun… wie viel lächerlicher und banaler ist da bitte die Vorstellung, dass Gott XY das einfach entschieden hat? Nee, nee, nee…

  26. Pingback: Berliner Blogs im Wikio-Ranking Mai 2011

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