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Und dann noch #Rigaer94

Ich muss es gleich vorneweg sagen: Ich hab als langsam erwachsener Linker manchmal ein seltsames Problem mit der Gesellschaft.

Nämlich einfach nicht so, wie ich es vorhergesehen hatte, als ich noch wirklich aktiv in „der Szene“ war. Als ich in den 90ern in der Antifa war, da hätte ich schwören können, dass bis zu meinem Ableben im Fernsehen niemals das Wort „Sexismus“ fällt. Waren wir wohlstandsveröhnten Freizeitrevolutionäre schon stolz darauf, einfach bei einem Streit nicht „Fotze“ zu sagen und Frauen genauso ernst zu nehmen wie Männer, war das weit entfernt von jeder Relevanz. Von Mainstream ganz zu schweigen.

Und heute? Überlege ich manches Mal, wie spießig ich geworden bin, weil die ein oder andere Meinung, die selbst vom zum reaktionären Schundblatt verkommenen Spiegel wiedergegeben wird, teile. Und dann – aber immer erst im zweiten Anlauf – frage ich mich schüchtern: „Hmm, haben wir am Ende vielleicht wirklich sogar irgendwas erreicht?“

Ich will ehrlich sein: Vermutlich nur bedingt – und ich gleich dreimal nicht. Wahrscheinlich war ich einfach nur nie so underground, wie ich gerne gewesen wäre. Aber Tatsache ist, dass ich verwundert feststelle, dass sich ein Teil meiner Jugendrebellion in der Realpolitik manifestiert hat und ich nicht weiß, wie ich damit umgehen soll, weil ich doch eigentlich damit aufgewachsen bin, immer nur „dagegen“ zu sein – und all meine Einwürfe abgekanzelt wurden mit Verweisen darauf, wie unmöglich oder gar kriminell das alles sei.

Und aus meinem linken Selbstverständis heraus war für mich ebenso wie der gesellschaftliche Rassismus und Sexismus auch die ständig unverhältnismäßig bei den Linken zugreifende Staatsgewalt ein Fakt.

Ich will hier mal – so sehr ich manchem Genossen von damals auf die Füße treten werde – zugeben, dass ich an diesem Punkt in den letzten Jahren am meisten gezweifelt habe. Sicher auch, weil ich selbst als meist eher wenig Beteiligter nie wirklich die ganze „Härte des Gesetzes“ spüren musste. Aber ja, da driftete die Gesellschaft ein kleines Bisschen nach links, ich hab im Rahmen meines Jobs öfter mal konstruktiv mit den Cops zusammengearbeitet und dann kam die ein oder andere persönliche Auseinandersetzung mit intelligenten Vertretern dieses Berufsstandes im Rahmen meiner Schreibtätigkeit – und das hat dann doch dazu geführt, dass ich offener geworden bin. Und in der deutschen Polizei nicht einfach simplifiziert Büttel eines faschistischen Staates gesehen hab, die mich und meine Freunde mit Gewalt daran hindern wollten, ein paar Gramm Gras zu rauchen.

Das war wahrscheinlich nicht gänzlich falsch. Ja, selbst bei den Cops gibt es solche und solche und ich erkenne im Nachhinein auch an, dass sie bei mancher Aktion meiner Peergroup nur wenige Optionen bezüglich der Antwort hatten.

Aber …

wenn ich nochmal detailliert nachdenke, dann war einiges davon nicht völlig an den Haaren herbeigezogen, auch wenn es noch nicht so groß thematisiert wird wie die Tatsache, dass das N-Wort kein Bestandteil aktueller Leitartikel sein sollte.

Zum einen kann ich als Milchbubi-Antifa auch im Nachhinein nur feststellen, dass mein Verhalten niemals die Schläge, Tritte und Wasserwerfertreffer wert war, die ich erhalten habe. Ich war allerhöchstens frech, aber selbst ich bin heute der Meinung, dass ein bisschen Frechheit keine Körperverletzung rechtfertigt.

Schlimmer aber ist wirklich die Blindheit auf dem rechten Auge. Ich will mich hier nicht in Verschwörungstheorien versteigen oder die alte Formel „Ob grün, ob braun, Nazis auf die Fresse hau’n!“ wieder hochholen. Ganz ehrlich? Ich hab in den letzten Jahren sogar mal einen (ironisch natürlich!) mitleidigen Blick aufgesetzt, wenn ich gesehen hab, was Nazis bei ihren Demos so für Auflagen hatten: Keine Springerstiefel, keine Aufnäher XY, usw. – andererseits muss ich an der Stelle doch auch mal einen geschichtlichen Break machen:

Wir wissen inzwischen vom NSU, wir wissen über das desaströse Versagen des Staates bei den Ermittlungen diesbezüglich Bescheid. Darüber hinaus haben wir seit Pegida ansteigende Zahlen von fremdenfeindlicher Kriminalität, meist in Form von Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte oder gar offene Angriffe auf nichtdeutsche Menschen auf der Straße. Hundertfach. Obwohl ich mich politisch hinter letzterem auch nicht mehr positionieren würde: Die ausufernde rechte Gewalt lässt die überwiegend Linken zugeschriebene Abfackelei von Autos in den letzten paar Jahren völlig verblassen. Nicht nur zahlenmäßig. Denn man sollte wenigstens so viel Anstand besitzen, zwischen der Gewalt gegen Sachen und der gegen Menschen zu unterscheiden. Selbst wenn man gerne AfD wählt.

Ich will nicht sagen, dass wir Linken nicht auch was auf dem Kasten hättten, aber spätestens seit der Flüchtlingskrise hat das Land ein Problem mit rechter Gewalt. Und seit Köln nochmal mehr. In Heidenau haben die Cops sich überwiegend zurückgezogen (abgesehen von dem Tag, als es eine linke Gegendemo gab), in Köln waren sie überfordert und vor ein paar Tagen in Leipzig-Connewitz hat erst die Entglasung eines halben Viertels dafür gesorgt, dass ein paar Faschos ihre ED-Behandlung bekommen haben. Ganz abgesehen davon, dass kurz zuvor erst rauskam, dass fast 400 Nazis gesucht, aber bisher nicht festgesetzt wurden.

Und dann kam Berlin!

Am 13. Januar 2016 wurde gegen Mittag in Friedrichshain offenbar ein Polizist angegriffen und leicht verletzt. Von vier Leuten, die vermeintlich „linksextrem“ waren. Und ich glaube das der Polizei sogar. Ich hab zwar auch zuerst die Indymedia-Meldung gelesen, in der stand, dass der Cop der Angreifer war, aber das schien mir insgesamt eher unwahrscheinlich. Sorry, liebe Mitstreiter, aber die Version war echt nicht überzeugend …
Nun ja, die Leute verschanzten sich daraufhin offenbar in der Rigaer 94, einem linken Wohnprojekt.

Dass das aus Sicht der Polizei nicht toll war – geschenkt! Was dann aber passierte … man glaubt es kaum.

Ein paar Stunden später rückten 500 (!) Polizisten an, um die Rigaer 94 zu durchsuchen. Klingt plausibel? Ähm, nein!

Um nur mal das Allernötigste plausibel zu machen: Ich wurde mal am Rande einer Demo angehalten, weil ich Fotos gemacht habe. Infolgedessen hatte ich eine Woche später eine Durchsuchung meines Zimmers an der Backe. Ich kann’s heute offen fragen: Ratet mal, in welchem einzigen Zimmer der westlichen Hemisphäre ich inzwischen dafür gesorgt hatte, dass keine Spuren der Fotos vorhanden waren?

Und hier waren die (total unterbesetzten) Cops Stunden nach dem Vorfall vor Ort. Besser aber noch: Sie hatten keinen Durchsuchungsbeschluss! Weswegen das so war, weiß ich auch nicht, aber man braucht seine Fantasie nicht allzuweit abscheifen lassen, um zu vermuten: Sie hätten keinen gekriegt! Von außen klingt das immer so belanglos mit der Hausdurchsuchung, tatsächlich ist das ein mehr als nur schwerer Eingriff ins Leben von Menschen (wie gesagt: Ich hatte das schon!). Sowas ist hier im guten Deutschland eben keine Kleinigkeit. Also hat sich die Polizei auf eine „Hausbegehung“ beschränkt, die – ich hab das jetzt nicht überprüft – anscheinend eine Durchsuchung des Hausflurs erlaubt. Es ging ja (angeblich?) auch nicht um die Festnahme von Personen (warum eigentlich nicht?), sondern um die Frage, ob da gefährliche Gegenstände herumlägen.

Laut dem Anwalt der Betroffenen wurden übrigens sehr wohl Wohnungen aufgebrochen und die Bewohner gewalttätig drangsaliert. Meine Überraschung hielte sich in Grenzen, sollte es so gewesen sein …

Wunderschön war es dann, auf Twitter zu verfolgen, was alles gefunden wurde. Steine! Feuerlöscher! Eisenstangen! Krähenfüße!

OK, das mit den Krähenfüßen wird schwer zu erklären. Aber es bleibt doch auch zu erwähnen, dass selbst das allenfalls passive Waffen sein können. Beim Rest müsste sich jeder zweite Hausbesitzer in Deutschland mal umsehen, ob er nicht versehentlich die vorgeschriebenen Feuerlöscher … oh, wait!

Ganz ehrlich: Es ist kein Wunder, dass Zitate aus dem Scherben-Lied „Rauch-Haus-Song“ gepostet wurden:

„Und die deutlichen Beweise sind 10 leere Flaschen Wein,
und 10 leere Flaschen können schnell 10 Mollies sein“

Was mich eigentlich umtreibt:

So sehr ich versuche, nicht in alte Reflexe zu verfallen und die Cops als Grund allen Übels zu betrachten: Sie machen es mir schwer! Soweit ich weiß, ist bisher wegen Connewitz keine Wohnung durchsucht worden, soweit ich mich erinner, klang unser Innensenator Henkel immer vergleichsweise unaufgeregt, wenn es „nur“ um angezündete Flüchtlingsheime ging.

Aber bei der Rigaer 94 musste dann doch mal „der Rechtsstaat“ mit voller Härte eingreifen, ja?

Soll ich dann als halbwegs sozialkompatibler Pseudolinker auch endlich mal wieder die „Slime 1“ ausgraben und „ACAB“ mit gutem Gewissen hören? Ja, doch, ich glaube, das mache ich jetzt. Es scheint ja längst nicht mehr um nötige oder sinnvolle Auseinandersetzungen zu gehen, sondern um’s Aufrechterhalten der Feindbilder. Wenn die Bullen nicht erwachsen werden wollen, will ich’s auch nicht!

„They say it’s law and order but we live in fear
– fuck off Cops, get out of here! All Cops …“

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OK, dann halt doch #kölnhbf!

Der Anfang des Jahres 2016 macht es einem ja nicht leicht, sich zu entscheiden, zu was man seinen Senf dazugibt.

Aber Köln toppt ja nun wirklich alles: Während einer silvestertypischen Ansammlung dort am Bahnhof wurden in schier unglaublicher Zahl Frauen sexuell belästigt, teilweise wohl sogar vergewaltigt, obendrein auch noch beklaut. Die Täter hatten ein (überwiegend?) nichtdeutsches Aussehen und deswegen muss man Flüchtlinge jetzt schneller abschieben. Äh …

Und als ob das nicht genug wäre, begeistert uns die Kölner Polizei mit Berichten, die zwischen „Ach, eigentlich schien das ganz nett zu sein dort …“ bis hin zu „Das war der Alptraum jeder Zivilisation und wir sind dem kräftemäßig nicht beigekommen!“ schwanken.

Was für ein Polizeiskandal sich da möglicherweise auftut, bleibt erst einmal abzuwarten. Zum Rest der Ereignisse kann man aber dennoch schon mal so einiges sagen. Und nein, natürlich nicht, was jetzt genau passiert ist, wer welche Verbrechen begangen hat und woher er kam … aber zumindest mal, dass es furchtbar gewesen sein muss – und dass das alles wirklich nix in der Debatte über Flüchtlinge zu suchen hat.

Und bevor die besorgten Bürger jetzt „Zensur“, „Lügenpresse“ oder sonstigen Bullshit einwerfen:

Wir haben Euch Rassisten das seit Jahrzehnten schon gesagt: Niemand von uns „linksversifften Gutmenschen“ glaubt, dass Ausländer bessere Menschen als Deutsche sind. Dementsprechend hat auch niemand von uns ein Interesse daran, Verbrechen von Nichtdeutschen nicht als Verbrechen zu bezeichnen oder gar irgendein Problem mit deren Verfolgung. Euer dümmlicher Trugschluss war immer und ist auch hier, dass man aus der Nationalität von Verbrechern irgendwelche allgemeingültigen Regeln aufstellen könnte!
Ihr wollt als Deutsche nicht mit pädophilen Priestern und z.B. dem Mörder von Elias und Mohammed gleichgesetzt werden – wie fern liegt da bitte der Gedanke, dass ein syrischer Familienvater auf der Flucht nix mit rachsüchtigen IS-Terroristen oder handgreiflichen Landsleuten am Kölner Bahnhof zu tun hat?
Dass jetzt kein Feminist „Scheiß Flüchtlinge!“ ruft, liegt einfach daran, dass die in der Regel mehr als Spachtelmasse hinterm Schädelknochen haben und sich zudem völlig zurecht fragen, wir ihr es wagen könnt, mit dem selben Twitter-Account, mit dem ihr bei der #aufschrei-Debatte Frauen Vergewaltigungen gewünscht habt, jetzt einen auf Opfervertreter zu machen.

Natürlich ist die Aufarbeitung des Frauenbildes im Islam, in islamischen Ländern (in religiösen Ländern überhaupt!) wichtig. Und sicher in vielen Fällen auch bei hierher geflohenen Menschen aus islamisch geprägten Gegenden ein Problem, das angegangen werden muss. Aber weder verschweigt, noch bezweifelt das irgendeiner mit einem Fünkchen Restverstand.

Tatsächlich aber lassen sich die Probleme nicht mit dem Rausschmiss aller etwas dunkelhäutigeren Männer aus Deutschland oder dem Anzünden von Flüchtlingsunterkünften lösen, denn die heutigen Werte Deutschlands, auf die ihr so fleißig onaniert, während ihr Bachmanns Reden anhört, sind zu einem großen Teil geprägt von dem, was man Rechtsstaat nennt. Und dieses – von natürlich hier und da auftretenden Ungerechtigkeiten begleitete – Phänomen besteht im Wesentlichen daraus, dass nicht eine Zusammenrottung von möglichst ähnlich Dummen darüber zu entscheiden hat, wer aus dieser liebenswerten Gemeinschaft von Brandstiftern verbannt und in ein Gefängnis (egal in welchem Land) gesteckt wird. Insbesondere so etwas archaisches wie Sippenhaft (man findet hier sicher islamisch geprägte Länder, in denen das gang und gäbe ist), ist ganz sicher nicht Teil des Wertekanons hierzulande. Wäre sicher auch ärgerlich für Euren Vater und/oder Bruder, wenn man das gleichermaßen auf Inländer anwenden würde.

Köln (und Hamburg und Stuttgart und …) war schlimm. Das muss aufgearbeitet werden und hoffe eifrig, dass das passiert. Solche Zustände sind nicht haltbar. Natürlich eigentlich nirgendwo, aber hier haben wir wenigstens einen etwas direkteren Einfluss darauf. Da auch in punkto Strafmaß oder Gesetzesänderungen offen zu bleiben, ist nicht per se falsch.

Aber das jetzt als Argument in der Flüchtlingsdebatte herzuholen, ist billig und polemisch. Jeder „besorgte Bürger“, der in den letzten sieben Tagen seinen Hang zum Feminismus entdeckt hat, könnte problemlos nachvollziehen, wie sehr sexuelle Gewalt für Frauen auch vor Silvester und auch in Deutschland ein Problem war. Ja, selbst vor #aufschrei. Ich mag das gleichermaßen polemisch wirkende Beispiel vom Oktoberfest nicht allzu sehr, aber es ist halt so schön offensichtlich: Auch dort ist das an der Tagesordnung. Schon immer gewesen. Oder beim nun anstehenden Karneval. Oder in Karls Kneipe um die Ecke. Aber da sind wir an dem Punkt, wo sich die Spreu vom Weizen trennt: Wer Köln jetzt wegen der Flüchtlinge thematisiert, wird bis dato stets auffallend ruhig oder sogar eher kontraproduktiv gewesen sein. Bei #aufschrei, bei Brüderle, bei mit Sicherheit allen Meldungen, bei denen es um Gewalt gegen Frauen ging.

Ich denke, die Seite der Feministen und Antisexisten bräuchte eigentlich jede Unterstützung. Die Unterstützung derer, die auf massive sexuelle Gewalt mit dem Rufen nach Abschiebung antwortet, braucht trotzdem niemand. Nein, wirklich gar niemand.

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!

Aus akutem Anlass:

Traurigerweise muss ich gestehen, heute sogar die Tradition verletzt zu haben. Ich hab das Lied nicht als erstes an meinem Geburtstag gehört – sondern nur als erstes, nachdem ich zu Hause war. Da das aber die einzige mir wichtige Tradition neben „Auch betrunken knuffig gucken“ ist, werde ich sie jetzt nicht vorschnell aufgeben.

Und Leini, falls Du das liest: Ich werd mich bei Dir von Angesicht zu Angesicht entschuldigen, wenn wir uns das nächste Mal wiedersehen.

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Was ich zu Geschenken zu sagen habe

Jaja, „don’t feed the troll“ und so, schon klar.

Ich hab’s mir wirklich abgewöhnt, billige Hater irgendwie ernsthaft in mein Gefühlsleben eindringen zu lassen. Hier ein Nazi, dort ein Arschloch, für mich als inzwischen geübten Blogger ist das nur noch Schema F und allenfalls interessant, wenn ich eine Runde mitspielen will.

Dass ich bei all dem Mist, den ich im Internet verzapfe, hier und da Leute anziehe, die mich lieber hassen als mögen wollen, ist klar. Um sowas zu provozieren, würde es ja reichen, wissenschaftliche Studien über das Sexualverhalten von Regenwürmern zu verlinken. Irgendwer, der anderer Meinung ist, liest ja immer mit.

Gestern hat mich mal wieder ein Möchtegern-Eindringling in mein Privatleben gestreift, der ein Problem damit hatte, dass ich anlässlich meines Geburtstages das ungefähr zweite Mal binnen eines Jahres auf meine Wunschliste bei Amazon hingewiesen habe, bzw. ganz allgemein kundgetan habe, dass ich mich über Geschenke freuen würde. Ich zitiere nun mal ein elfjähriges Mädchen:

„Boah, tragisch!“ *augenroll*

Einige von Euch Lesern haben mir eine Menge Dinge geschenkt. Teilweise teure Dinge, teilweise sogar ohne einen konkreten Wunsch meinerseits. Und es fällt selbst mir als Schreiberling schwer, dafür angemessene Dankesworte zu finden. Immer noch, immer wieder. Trotzdem gehört das für mich nach nunmehr 5 Jahren Bloggen natürlich auch dazu. Ich schreibe hier und da ein paar offenbar gute Texte, die Vergütung dafür liegt weit unterhalb dessen, was gemeinhin Ehrenamtlichen als Aufwandsentschädigung zugestanden wird; mir ist es sogar wichtig, dass das hier und bei GNIT so bleibt – und abgesehen von der etwas abstrakten Vergütung der Zweitverwertungsrechte via VG Wort sind es eben ein paar Leser, die mir hier mal ein Buch und dort mal sogar so etwas wertvolles wie ein Handy zukommen lassen. Und da ich tatsächlich weniger „richtig“ arbeite wegen all dem, sorgt das am Ende dafür, dass bei mir sowas wie eine „schwarze Null“ in halbwegs greifbare Nähe kommt.

Natürlich sind Geschenke für mich immer wie Weihnachten und nicht ein obskures „Ui, gerade noch den Tod abgewendet!“. Und ja: Würde ich einfach gar nix mehr schreiben und einfach stumm als einer von 200.000 Taxi- und Mietwagenfahrern in Deutschland völlig menschenrechtsfeindliche 70 Stunden die Woche runterrocken, dann könnte ich mir sogar noch mehr leisten als die Dinge, die ein paar von Euch mir zuschustern, weil ich stattdessen lieber schreibe und offenbar ein paar Leute mit meinen Geschichten erfreue – darunter auch einige, die mir nie einen Cent beschert haben, um die ich aber nicht minder froh bin. Ja, so crazy ist diese „Künstler“-Scheiße: Ich mag Euch tatsächlich auch ohne euer Geld, ich mache das gerne einfach so.

In Ansätzen kann ich Trolle wie den oben erwähnten ja verstehen. Ich mag Bettler nicht. Einfach, weil ich als (wie die meisten) nicht reicher Mensch leider nicht jedem was geben kann und ich am Ende – wenn ich nichts gebe – immer mit einem schlechten Gewissen zurückgelassen werde, obwohl ich mir sicher bin, das eigentlich nicht verantwortet zu haben.

Aber all die, die regelmäßig hier und bei GNIT lesen, werden sicher auch festgestellt haben, dass ich keineswegs ganzjährlich oder unangemessen oft dazu auffordere, mir Geld in den Rachen zu werfen. Wir wären schon längst geschiedene Leute, wenn ich Euch jede ungeplante Zahnarztrechnung, jede Kreditrate oder jede unerwartete Nachzahlung für dies und jenes unter die Nase reiben würde. Ja, ich arbeite. Und ja, ich hab mit meinem Blog (Werbung, VG Wort etc.) einen Nebenverdienst. Das hat mich leider nicht davor bewahrt, in diesem nun bald vergangenen Jahr eine Wohnungskündigung wegen nicht gezahlter Miete noch gerade so abwenden zu können. Luxus sieht einfach mal fucking anders aus! Da fällt es mir leidlich schwer, mich dafür zu schämen, ein paar Bücher geschenkt zu bekommen für ein paar hundert Stunden Zeitaufwand (um es nicht „Arbeit“ zu nennen).

Und um das klarzustellen: Nein, ICH bin nicht unzufrieden. Ja, ich schlängele mich nur so durch, hab keinen gut dotierten 9-to-5-Job und bin sogar manchmal gestresst deswegen. Shit happens. Andererseits freue ich mich darüber, dass mir gelegentlich Dinge von (mehr oder weniger) Fremden geschenkt werden und ich sehe das als Teil des „Lohns“ für meine an sich unentgeltliche Arbeit. Noch dazu bin ich geradezu stolz darauf, niemanden zu zwingen, irgendwas für mich zu tun. Wer mich doof findet, soll es lassen, das ist ok für mich. Und andererseits bin ich enorm dankbar, dass es unter Euch nicht nur die gibt, die einfach gerne lesen und nichts geben (Im Ernst: Das ist ok!), sondern auch die, die mich hier und da geradezu überraschen mit ihrer Großzügigkeit. Und allen Unkenrufen zum Trotz kann ich sicher sagen: Ich werde das genauso handhaben wie Ihr bisher, wenn mir mal nicht mehr der Arsch brennt, ich verspreche es!

Und was den oben erwähnten Kommentator betrifft: Das ist einfach nur Neid, oder?

Und was bei dem Text wirklich nicht fehlen darf:

Hier ist der Link zu meiner Wunschliste.

Hier kann man mir mit Shopping bei Amazon helfen.

Hier ist ganz allgemein die Unterstützen-Seite von GNIT.

😉

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Ich werde wohl wirklich alt …

Ich bin Neuem gegenüber ja aufgeschlossen. Auch wenn es schon älter ist. Aber manchmal fasse ich mir auch an den Kopf.

Ich hab mich die Woche ein bisschen dafür belohnt, dass das mit dem Haushalten mit dem Geld gerade gut klappt. Auf bescheidene Art und Weise, ich hab mir GTA IV geholt. Ja, nicht das aktuelle, das packt mein Rechner derzeit sowieso nicht. Aber hey, San Andreas ist inzwischen 10 Jahre alt, ein bisschen mehr geht dann halt doch, auch als Gelegenheitszocker. Dass ich für einen Zehner nur die Downloadvariante bekommen habe – damit kann ich leben. Ich hab schon mitbekommen, dass sich das Leben seit einiger Zeit überwiegend im Netz abspielt. Und selbst die 18 Stunden Download bei unserer beschissenen Anbindung hab ich weggesteckt als fände ich es normal, nach dem Kauf eines Spiels nicht gleich installieren und zocken zu können.

Auch dass ich mich dazu bei Steam anmelden musste … na gut, so ist das halt heute.

Auf eine „Games für Windows Live“-Anmeldung wollte ich verzichten, wer zockt noch das 4er online? Ich gleich dreimal nicht. Woraufhin ich feststellen musste, dass ohne eine Anmeldung dort zwar das Spiel funktioniert, nicht jedoch das Speichern des Spielstandes. Bei einem Offline-Game – WTF? Aber man ist ja gnädig und akzeptiert das. Dann landete ich bei einer Anmeldeprozedur, die nicht funktionierte, weil – hallo Welt! – sie zwangsläufig über den IE lief, der aber (da nicht installiert und somit nur abgespeckt verfügbar) nicht das zwingend erforderte Javascript bot. Und im Übrigen nicht einmal eine Adresszeile, aus der ich die Adresse in den Firefox hätte übertragen können. -.-

Also hab ich via Firefox gegoogelt und mir ein Live-Profil erstellen wollen. Was natürlich nicht ging – die Zocker kennen das, aber mir war das neu – weil man dazu ein Profil bei Microsoft braucht. Also bin ich dorthin, hab mich angemeldet, hab nebenbei von diesem Zweitsystem, bei dem ich nie über FB, Google oder Twitter angemeldet bin, noch meine eMails wegen Bestätigungsmeldung abrufen müssen, um anschließend die beiden Profile zu erstellen. Was man halt so tut, wenn man virtuell jemanden über den Haufen schießen will.

Also das Spiel wieder gestartet und gehofft … aber Fehlanzeige. Ich hatte keinen „Gamertag“. Was auch immer das ist, ich weiß es ehrlich gesagt immer noch nicht – aber eine hilfreiche Googelei später war klar, dass ich einen bekomme, wenn ich mich zudem bei „X-Box Live“ anmelde. Dass ich das aber auch vergessen konnte, so ganz ohne X-Box oder überhaupt die Überlegung, irgendwas bei meiner privaten Kill-Orgie übers Netz laufen zu lassen!

Inklusive Steam hab ich mir nun also zum Offline-Zocken auf meinem PC sage und schreibe vier verschiendene Online-Profile anlegen müssen, die ich vorerst für wirklich nix anderes zu nutzen gedenke, weil ich normalerweise nur mit meinem Linux-System online bin. Die jüngere Zocker-Generation hat sich an den Quatsch sicher schon lange gewöhnt – immerhin ist das Spiel nun ja auch schon 7 Jahre alt – aber ich frage mich irgendwie doch, ob es am Ende nicht einfacher war zu den Zeiten, wo man nach dem Kauf eines Spiels einen oder mehrere Datenträger bekommen hat und die ggf. auch mal wechseln musste, dafür aber nicht nebenher das Spiel verlassen, googeln und mehrere Profile erstellen.

Wie gesagt: Ich werde alt.

Im Gegenzug hab ich aber schon ein paar unnötige Morde verübt und meine Laune damit wieder eingepegelt. Und das hat Microsoft sicher alles fein säuberlich gespeichert.

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Gelesen: Houellebecqs „Unterwerfung“

Man kann Houellebecq ja nie einfach mal lesen, ohne vorher bereits auf die Skandale des Buches hingewiesen worden zu sein. Das war jetzt bei „Unterwerfung“ (Amazon-Partner-Link) natürlich noch einmal mehr der Fall. Er schreibt von einem islamisierten Frankreich, Kampf der Kulturen, islamfeindlich, etc. pp.

Nun muss ich auch klarstellen: Ich halte Houellebecq mit Sicherheit nicht für einen sympathischen Autoren und dass der Skandal bei ihm zum Programm gehört, das muss man auch nicht mögen. Ebenso sind seine „Helden“ eigentlich immer absolute Kotzbrocken oder ausgemacht peinliche Verlierer. Auch das muss man nicht mögen. Mich selbst schmerzt es auch sehr, dass er als Autor und als Mensch mit seiner Bekanntheit sich nicht mal vernünftig und widerspruchsfrei äußern kann. Die Chancen stehen gut, dass er ein ausgemachtes Arschloch mit äußerst weltfremden und/oder dummen Vorstellungen ist. Was ihn aber selbst dann noch lesenswert macht, ist, dass man sich seinen Figuren nur sehr schwer als Mensch nähern kann und es beim besten Willen nicht so wirkt, als hätte er sie aus anderem Grund erschaffen. Abgesehen von „Karte und Gebiet“, das ich sehr langweilig fand, traf auf die bisherigen Bücher von Houellebecq für mich vor allem eines zu:

Wenn man von Houellebecq mal hundert Seiten oder mehr am Stück liest, ist der komplette Tag im Arsch und jegliches Restvertrauen in die Menschheit erloschen.

Das klingt irgendwie nicht sehr positiv, ja vielleicht ist es das sogar wirklich nicht, aber ich komme nicht umhin, eine Literatur, die eine derart imposante Wirkung auf mich als Leser hat, genial zu finden. Houellebecq ist nun echt nicht der erste Autor, bei dem man sich nicht mit seinen Helden gemein machen muss, um die Geschichten interessant zu finden.

Und nun, ist „Unterwerfung“ das antiislamische Dreckswerk und verkappte Faschismuswerbung?

Wenn man sich die Ansichten des Hauptprotagonisten zueigen macht: Ja. Wobei: Eigentlich auch nein. Der „Held“ François ist einer der typischen Houellebecq-Loser, der als atheistischer Hochschullehrer während des islamischen Umschwungs in Frankreich seinen Job verliert. Und damit im Gegensatz zu den Opfern der gewalttätigen Auseinandersetzungen während dieser Zeit eigentlich gut leben kann. Seine Beziehungen bestehen eh nie lange, er denkt öfter mal über Selbstmord nach und hat irgendwie akzeptiert, dass er als übellauniger Alkoholiker den Zenit seines Lebens überschritten hat. Und am Ende des Buches stellt er fest, dass sich ihm ganz neue Chancen auftun würden, würde er – ähnlich wie viele (eigentlich Rechte) im Hochschulbetrieb – zum Islam konvertieren. Denn dann könne er sich endlich auch mehrere teils minderjährige Ehefrauen halten und vielleicht wieder besseren Sex bekommen.

OK. Der „Held“ des Romans ist also ein frauenfeindliches alkoholabhängiges Arschloch, das opportunistisch selbst einen ihm fremden Glauben annehmen will, um 15-jährige zu vögeln. Da bleibt wohl schon mal anzumerken, dass diejenigen, die sowas als Identifikationsfigur betrachten, mal einen gewaltigen Schritt zurück in den eigenen Seelenhaushalt machen sollten.

Und dann der Islam und die Gesellschaft … Ich hatte zwar ganz ehrlich den Eindruck, als hätte Houellebecq sich ziemlich mit dem Thema gequält und die islamische Umstrukturierung Frankreichs nur sehr kurz und relativ oberflächlich abgehandelt (also zumindest im Vergleich dazu, wie das Thema vom Klappentext bis zu den Pressemeldungen thematisiert wurde), aber von der Sache her ist da gar nicht viel seltsames zu lesen. Mal abgesehen davon, dass sich aufgrund der Erzählung aus Sicht des bekloppten François das meiste um die Polygamie dreht. Ansonsten nennt Houellebecq vermeintliche Vor- und Nachteile dieses Wandels und im Wesentlichen kommt dabei halt rüber, dass eine menschenverachtende Gesellschaft entsteht. Was sich aber gar nicht konkret aus den Eigenschaften des Islam herleiten lassen muss, sondern auch beispielhaft steht für die Übernahme einer pluralistischen Gesellschaft durch eine irrationale Glaubenslehre.

Man ist nach der Lektüre als Atheist durchaus geneigt, dem Autoren zu glauben, wenn er – wie wohl geschehen – behauptet, er habe von Moslems keine negative Kritik bekommen, „warum auch?“.

Wie gesagt: Ich werde Houellebecq sicher nicht freisprechen von den Vorwürfen, die teilweise von Kritikern kommen, die analytisch deutlich mehr drauf haben als ich. Vielleicht ist er wirklich ein Arschloch, vielleicht propagiert er wirklich die Ideen von Arschlöchern. Ich kann es leider nicht ausschließen.

Ich für meinen Teil hab das Buch als versteckt satirische Gesellschafts- und Religionskritik lesen können. Die Zustände, die in dem Buch geschildert werden, sind schlimm. Ich würde sogar sagen: Sehr schlimm. Aber ja, das ist das, was ich über eine Einführung der Scharia auch zuvor gedacht habe. Und die Vorstellung, dass sich Rechte opportunistisch mit Islamisten zusammentun, übersteigt meinen persönlichen Bullshit-Horizont. Warum es jetzt schlimm sein soll, dass ein Autor ein versoffenes Arschloch erschafft, das der Idee am Ende was abgewinnen kann – bitte wo ist hier der Skandal?

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Schlagfertiger Moderator

Heute Nacht in den Radio-Nachrichten (so originalgetreu wie möglich):

„Vorsicht auf der A XY zwischen Kennstenicht und Hastenichjehört: Hier ragt eine Schutzplanke in die Fahrbahn … und erfüllt damit ihre eigentliche Funktion nicht mehr.“

Wohl wahr, wohl wahr …

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