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Produktivität

An sich bin ich ja zufrieden. Ich mag mein Leben, die Nächte in denen es stattfindet und komme sogar damit klar, dass ich – mit den höchsten Verdiensterwartungen zu einer Zeit, wo man sich am ehesten mit Freunden treffen könnte – gelegentlich die Arbeit dem sozialen Leben vorziehen muss, bzw. sollte.

Und doch streift mich manchmal das Gefühl, trotz des ein oder anderen Luxus‘ einfach nicht produktiv genug zu sein. Ja, ich schreibe gerade ein Buch. Aber obwohl ich gut in der Zeit liege, wollte ich ursprünglich heute schon lange fertig sein damit. Ja, ich hab heute 5 ganze Seiten geschrieben (neben einer Menge anderem Zeug wie Kommentaren und Mails), aber ich weiß doch, dass ich auch locker 10 hätte schaffen können. Und das, obwohl nicht wenige da draußen es schon beeindruckend finden, dass ich im Durchschnitt täglich mehr als einen Blogeintrag schreibe.

Mehrheitlich bin ich damit sehr zufrieden, aber es gibt sie, die Stunden, in denen ich nur daran denken kann, was ich heute wieder alles nicht geschafft habe. Und das ist mit großer Wahrscheinlichkeit ein Problem, mit dem ich nicht alleine bin. Auch wenn meine Umstände vielleicht nicht dem allgemeinen Standard entsprechen.

Im Grunde bin ich selbständig. Arbeitsmäßig. Beim Taxifahren genieße ich einige Vorteile, die nur Angestellten zuteil werden, im Großen und Ganzen aber obliegt es mir, wann ich wo wie viel Geld verdiene. Beim Schreiben sowieso. Ich will nicht meckern, ich hab es mir schließlich so ausgesucht. Und ich weiß die Vorteile zu schätzen. Diese unschönen Gedanken über die eigene Produktivität sind jedoch ebenso Teil des Ganzen. Selbständig und damit eigenverantwortlich unterwegs zu sein bedeutet eben auch, dass man immer noch hätte mehr tun können. Egal, ob das noch menschenmöglich ist oder nicht. Fünf geschriebene – und dabei dreimal redigierte und zehnfach gelesene – Seiten eines Buches sind ja nicht schlecht. Ein Blogeintrag, 15 Kommentare und einige Mails noch gar nicht mitgerechnet.

Dafür werden einige Leute in entsprechenden Unternehmen vergleichsweise fürstlich entlohnt.

Während ich mir denke, dass ich doch besser zwei Blogeinträge geschrieben hätte und wenigstens sieben Seiten fürs Buch. Aber ja: bloggen mit offenen Kommentaren und ohne ein Team dahinter bedeutet auch, nie Wochenende zu haben. Und das geht in heißen Phasen (gerade: die Uber-Debatte bei GNIT) spürbar auf Kosten der inneren Ausgeglichenheit.

Wie gesagt: ich will nicht jammern. Im Gegensatz zu den meisten Menschen habe ich zum Beispiel ein recht gutes Verhältnis zu meinem Wecker. Ausschlafen kann ich fast immer. Aber momentan ist das anstrengend und auslaugend, denn eine Stunde Schlaf kostet eine Stunde Arbeitszeit. Auch wenn ich viel davon damit verbringe, genau hier, vor meinem Rechner, zu sitzen und mich durch die bunte Welt des Internets zu klicken.

Stress ist eine miese Droge. Egal, ob man sie verabreicht bekommt oder selbst nimmt: man sollte vorsichtig damit sein!

Ich werde mich jetzt erst einmal zurücklehnen. Noch ein Bier trinken und mir vielleicht ein paar lustige Videos bei Youtube ansehen. So tun, als hätte ich Wochenende. Vielleicht – aber nur vielleicht – auch mal die Kommentare Kommentare sein lassen, bevor ich sie heute Abend beantworte.

Am Ende ist es dann nämlich doch genau das, was mich morgen wieder produktiver sein lässt als heute.

Wobei? Nein, vielleicht blogge ich besser noch was bei GNIT …

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Rosetta ist da! \o/

Ich kann meine Astronomiebegeisterung nicht ablegen. Im Gegenteil: mit all der Zeit, die ich im Netz verbringe, scheint sie immer weiter aufzuflammen und erreicht langsam wieder die alte Größe, die sie in meiner Kindheit hatte. Hach!

Nun muss man aber auch sagen, dass die Aktion, die Rosetta da gerade bringt, selbst für absolute Laien eindrucksvoll klingen sollte. Mal abgesehen davon, dass die Sonde nun seit ganzen 10 Jahren unterwegs war und noch länger unterwegs sein wird – das sind andere Raumsonden und -fahrzeuge auch.

(Man denke an den kleinen Mars-Rover Opportunity, der 2004 landete, für 90 Tage Aufenthalt konzipiert wurde und bis heute den Planeten erforscht und einfach nicht totzukriegen ist.)

Nein, Rosetta ist gleich mal ein paar Millionen Kilometer weiter geflogen und hat gestern den Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko erreicht. Das ist in Anbetracht der Distanz und der damit verbundenen Treffgenauigkeit, sowie der Tatsache, dass die Sonde zwischendrin jahrelang geschlafen hat, schon ziemlich gut. Aber auch bisher sind einige Sonden zu Kometen geflogen und es wurde sogar schon mal ein „Geschoss“ auf einen abgeworfen, um anhand der folgenden Explosion zu gucken, was da so an Material existiert. Was also ist an Rosetta so spannend?

Nun, wichtig ist erst einmal, dass die Sonde den Kometen ziemlich weit außen im Sonnensystem aufgesucht hat. An einer Stelle, wo er fast noch so langweilig wie ein normaler Asteroid ist. Den riesigen Schweif und das damit so eindrucksvolle Aussehen erreichen Kometen ja erst, wenn sie in Sonnennähe kommen und durch die Aufheizung Material verdampft und Gas ausgestoßen wird. Und natürlich soll Rosetta eigentlich genau das näher erforschen. Das wirklich geniale an der Mission ist also, dass sie nicht einfach zu einem gerade aktiven Kometen geflogen wurde, sondern weit nach draußen. Und da nistet sie sich jetzt ein. Also nicht weit draußen, sondern direkt beim Kometen. Nachdem das kühlschrankförmige High-Tech-Viech in den nächsten Wochen den Kometen genau vermessen und seine Gravitationspotenzial analysieren wird, wird Rosetta zu guter Letzt in nur 10 Kilometern Höhe (das ist auf der Erde eine Höhe, in der noch Flugzeuge fliegen können) umkreisen und mit Tschurjumov-Gerasimenko in Richtung Sonne fliegen und dabei beobachten, wie sich der kleine entenförmige Felsbrocken ändert und zu dem Höllenspektakel wird, das wir alle an Kometen so lieben.

Aber das ist noch nicht alles. Als wäre ein solarbetriebener Kühlschrank, der um eine Steinente kreisend um die Sonne geschleudert wird, nicht spektakulär genug, hat Rosetta auch noch Philae dabei – eine kleinere Sonde, die auf den Kometen runtergeworfen wird, dort sanft landen (und sich mit Harpunen festkrallen!) soll, um den ganzen Zirkus auch noch direkt aus dem Entengefieder mitzuverfolgen. Und ein bisschen Rumbohren und Proben analysieren darf Philae dann auch noch.

Und all das trotz der scheißwidrigen Umstände da draußen zu einem Preis, mit dem allenfalls einige einzelne Skandale beim Bau des Berliner Flughafens finanzierbar gewesen wären. 😉

(Um noch einen weiteren unsinnigen Vergleich zu bringen: Im Taxi hätte ich die bisher 7 Milliarden Kilometer von Rosetta nicht für eine Milliarde Euro fahren können, sondern hätte mindestens zehn Milliarden verlangt.)

Natürlich ist es bei der Aktion wie immer schwer absehbar, was das Wissen bringen wird, das während der Mission gewonnen wird. Aber wenn weiterhin alles nach Plan läuft, dann ist zumindest mal davon auszugehen, DASS es jede Menge neues Wissen geben wird. Ich bin jedenfalls gespannt und hoffe, dass Philae einen Tag vor meinem nächsten Geburtstag auf Tschurjumow-Gerasimenko (Yes, erstes Mal ohne Nachsehen geschrieben!) landet. Und dann lassen wir uns einfach mal Bilder aus dem Inneren des Feuerwerks schicken. 🙂

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#wegotthosegeckos

Wenn ich das Internet für etwas liebe, dann dafür, nicht mehr aufs Fernsehen als Informationskanal angewiesen zu sein. Aber – das muss man ja auch mal sagen! – Fernsehen ist ja nicht schlecht, weil es Fernsehen ist; sondern eher, weil es dazu genutzt wird, sowas wie Tatort oder gar das was RTL für ein Programm hält zu senden. Fernsehen kann toll sein, ist oft toll und ebenso wie bei „dem Internet“ zeigt sich nur wieder mal, dass es letztlich nicht am Medium alleine liegt.

Nun sorgt ironischerweise eben genau dieses Internet dafür, dass man auch Fernsehen von anderswo anschauen kann. Und das gefällt mir als Mensch mit inzwischen recht brauchbaren Englischkenntnissen sehr. Ausgerechnet die gerne für ihr Schrottfernsehen gescholtenen Amerikaner haben nämlich seit einiger Zeit wieder eine sehenswerte Nightshow, um die ich sie beneiden müsste, hätte ich nicht das Internet: „Last Week Tonight“ mit John Oliver von HBO, für mich via Youtube (wo auch Exklusiv-Material veröffentlicht wird).

In den wenigen Wochen, die die Sendung existiert, hat sie fast ausschließlich Kracher gebracht, ich habe es bei keinem Video bereut, deren Kanal aboniert zu haben. Ein schönes Beispiel, wie diese Sendung TV und Web vermischt, ist z.B. halbwegs aktuell die Meldung über ein russisches Weltraumprojekt, das wohl Augenmerk auf die Paarung von Geckos im Weltraum legte und dann Kontakt zum Satelliten mit den Geckos verlor. John Oliver pushte mit viel Prominenz den Hashtag #gogetthosegeckos, um die (natürlich keineswegs untätigen) Russen dazu zu bewegen, wieder Kontakt zu den Geckos zu bekommen:

Was natürlich nicht ohne Folgen blieb *hüstel*

Gut, in dem Fall ist es seichte Satire. Aber wirklich Wellen geschlagen haben sie mit ihrem Beitrag zur Netzneutralität (dabei nicht zu vergessen der witzige Nachschlag „Tom Wheeler isn’t a Dingo„)

Ich will und muss die Sendung einfach empfehlen.

PS: Das mit den Englischkenntnissen ist so eine Sache. Ich persönlich hab immer schlechte Noten in Englisch gehabt und mich davor gedrückt, Videos im Original anzusehen. Tue ich noch heute teilweise und auch ich bekomme nicht immer alles mit. Und ich bereue das. Aber: nix hilft mehr dabei, die Sprache zu lernen. Ich bin nach wie vor kein Feind synchronisierter Filme, wie einige das offenbar sein müssen, weil es ihnen eine gewisse Überlegenheit garantiert gegenüber nicht so fremdsprachenfitten Leuten. Aber ich bin jetzt 32, war in der Schule in Englisch scheiße und bin dennoch binnen der letzten paar Jahre langsam, aber immer mehr, dazu übergegangen, Serien im O-Ton zu schauen, einzelne Videos sowieso. Das ist zu Beginn total scheiße, ich weiß. Man versteht nur die Hälfte, verpasst viel und wünscht sich eine Übersetzung. Aber es wird leichter. Schleichend vielleicht, aber es wird! Und man gewinnt gefühlt das halbe Internet und damit jede Menge Spaß. Ich kann’s also nur empfehlen. Ich hab mich selbst zu lange davor gedrückt und hole jetzt viele Dinge nach, die es einfach in deutscher Sprache nie gab. Und das ist einfach nur toll, ich versichere es!

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Dieses Staunen …

Immer wieder!

Es gibt ja so viele Dinge auf der Welt, an denen man sich erfreuen kann. Kunst sei da gerne an erster Stelle genannt. Und zwar in all ihren Formen. Ich denke, jeder von uns hat da seine speziellen Vorlieben, aber die meisten von uns werden irgendwas ganz besonders mögen und bisweilen vor Ehrfurcht erstarren in Anbetracht schierer Überwältigung. OK, dick aufgetragen, aber das muss man verstehen: mir wird hier ja bisweilen vorgeworfen, als Atheist sei ich einem leb- und damit emotionslosen Stein näher als der ach so freudenerfüllte Welt der Christen, die sich bisweilen vor ihrer eigenen Sexualität fürchten.

Zusätzlich zur Kunst kommt in meinem Fall die Wissenschaft. Wenn ich mir ansehe, wie die Erklärung dieser Welt und die Anwendung dieses Wissens die letzten 100 Jahre zugenommen hat … dann möchte ich auf der Stelle noch mindestens 200 Jahre leben, um alle Entdeckungen bis dahin noch mitzubekommen. Obwohl ewiges Leben ja selbst aus Sicht der wenigen und ausschließlich fiktiven Charaktere, denen das vergönnt war, eher nicht so erstrebenswert scheint.

Von Richard Feynman stammt das wunderbare Zitat – er gab es zum Besten, als ihm vorgeworfen wurde, als Wissenschaftler könne er die Schönheit einer Rose nicht würdigen:

“Die Schönheit, die sie für dich hat, entgeht mir keineswegs. Aber ich sehe auch eine tiefere Schönheit, die sich anderen nicht ohne weiteres erschließt. Ich sehe die komplizierte Wechselbeziehungen in der Blüte. Die Blüte ist rot gefärbt. Sie hat eine Farbe – bedeutet das, dass sie sich in der Evolution entwickelt hat, um Insekten anzulocken? Damit haben wir eine neue Frage. Können Insekten Farben sehen? Haben sie ein Gespür für Ästhetik? Und so weiter. Ich verstehe nicht, wie eine Blüte an Schönheit verlieren soll, wenn wir sie untersuchen. Es kommt immer nur Schönheit hinzu.”

Und diese tiefergehende Schönheit – und mehr noch das pure Staunen, das sich aus meiner herrlich umfangsarmen Allgemeinbildung ergibt – die lässt mich manches Mal immer noch mit offenem Mund irgendwo rumstehen. Oder mehr noch sitzen, meist ganz einfach und bequem vor dem Rechner. Ich hab das hier, in Anbetracht eines simplen Bildes vom Zentrum unserer Galaxie, schon einmal ansatzweise geschildert.

Wozu jetzt das Rumgesabbel? Bock auf Wiederholungsgeschwurbel?

Nee, ganz bestimmt nicht. Aber gerade saß ich wieder einmal staunend da und das wollte ich mit Euch teilen. Die Weite des Universums betrifft es dieses Mal nicht so recht, dieses Mal wird es bedeutend kleiner. Und schneller vor allem. Das Video ist schon 2 Jahre alt, aber man kann ja nicht alles mitkriegen im Netz der Netze, nicht wahr …?

Deswegen hier für all die, die es wie ich verpasst haben, ein TED-Talk-Video von Ramesh Raskar, der die Femto-Fotografie vorstellt. Rudimentäre Vorstellungen von der Lichtgeschwindigkeit und ein halbwegs passables Englisch sollte man mitbringen, um das unterhaltsam zu finden – aber ich bin sicher, dass sich diese Kenntnisse in meiner Leserschaft finden lassen.

So, jetzt ist mir aber erst einmal wieder nach Kunst. Schwanke noch zwischen Musik und Literatur, bin mir aber sicher, ich finde was passendes in meiner Sammlung. 🙂

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Gauchogate

Ich wollte mich hierzu eigentlich nicht äußern. Ich hab nämlich – auch wenn der ein oder andere Eintrag anderes vermuten lassen würde – eigentlich keinen Bock auf Trolle. Und die kommen bei solchen Themen so sicher wie das Amen in der Kirche. Aber vielleicht hilft meine Meinung ja sogar (die Hoffnung stirbt zuletzt), ein wenig Entspannung zu verbreiten.

Für all die, die es noch nicht mitbekommen haben: es wird ein riesen Bohei gemacht um die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, die gestern bei ihrer Feier am Brandenburger Tor eine Art Performance gebracht haben, bei der sie zunächst geknickt gehend „So geh’n die Gauchos, die Gauchos gehen so …“ gesungen haben, dann aufrecht, jubelnd und euphorisch herumhüpfend „So geh’n die Deutschen, die Deutschen die geh’n so!“.

Die von mir nur am Rande verfolgte Diskussion rief zum einen die Leute auf den Plan, die das als unnötige Herabwürdigung der im Finale besiegten Argentinier sahen – zum anderen dann die, die riefen, dass man das nicht überinterpretieren sollte und das zudem ein sehr übliches Lied nach dem Sieg im Fußballkosmos ist.

Nun ja.

Klar ist sicher eines: beide Seiten reagieren gerade ein bisschen über. Aber wenn man ein bisschen darüber nachdenkt, finde ich, dass die erste Ansicht durchaus ihre Richtigkeit hat.

Und nein: es geht nicht darum, der Weltmeistermannschaft gegenüber eine angeblich vorhandene Nazikeule auszupacken oder ein Spielverderber zu sein! Beileibe nicht. Im Grunde nehme ich es der sieges- und sonstwie trunkenen Mannschaft nicht einmal übel, ihren Sieg so zu feiern. Das Problem ist wie so oft ein kommunikatives. Natürlich freut sich die Mannschaft über den Sieg und hat gewissermaßen zu Recht auch auf diese Art nur nochmal klargestellt, dass sie den Argentiniern sportlich überlegen waren. Zudem ist es offenbar ein altbekannter Schmähgesang (im weitesten Sinne) gewesen, den Fußballer und deren Fans halt gerne mal singen. So weit, so gut.

Aber sind das brauchbare Argumente, um hunderttausend Fans damit anzuheizen?

Während ich bei dieser WM, bei der ich wirklich viele Spiele gesehen habe, der deutschen Nationalmannschaft wirklich kein schlechtes Zeugnis ausstellen kann und der Meinung bin, sie haben den Titel absolut verdient, verhält es sich mit vielen Fans halt anders. Der immer wieder thematisierte Party-Patriotismus zur WM ist nur deswegen kein Problem, weil es einen Haufen denkender Menschen da draußen gibt. Studien zufolge ist es aber durchaus so, dass Menschen, die Patriotismus leben, nicht umhin kommen, infolge dessen andere Nationen und deren Einwohner negativer bewerten als die eigenen Landsleute. was bedeutet, dass sie nationalistischen Gedanken näher sind, bzw. sicher auch durch den vermeintlich neutralen Patriotismus diesen Ideen näherkommen.

Und nur weil das im Fußball eine lange Geschichte hat, ist es ja nicht besser. Die Welt ist voller Dinge, die eine lange Geschichte haben und einfach scheiße sind. Da können wir bei Diktaturen anfangen und sollten bei Homophobie nicht aufhören zu zählen. Alles gut, plausibel und gesellschaftsfähig, weil es halt „immer schon“ so war.

Natürlich sind bezüglich des „Gaucho-Tanzes“ der Nationalelf vorgebrachte Nazi-Vorwürfe übertrieben. Keine Frage. Aber es ist auch nicht das viel vorgebrachte „Aus einer Mücke einen Elefanten machen“, wenn Menschen anmerken, dass es nicht gut ist, wenn ein medial weitverbreitetes Ereignis dazu genutzt wird, eine Überlegenheit eines Landes gegenüber einem anderen so zur Schau zu stellen.

Sicher ist das in den Augen vieler eine unnötige Politisierung eines Sportereignisses. Und das ist schwierig, sicher. Aber so lange so viele Menschen sich derart mit einer Mannschaft identifizieren, zu deren Erfolg sie nix – und zwar gar nix! – beigetragen haben, dass sie sich selbst als Weltmeister fühlen – einfach weil sie zufällig im gleichen Landstrich geboren sind – ist das keine weltfremde Überlegung. So lange sich irgendwelche Deutschen „den Argentiniern“ überlegen fühlen, weil die sportliche Leistung der deutschen Mannschaft der der argentinischen überlegen war, muss Platz sein für diese Kritik am außersportlichen Vorgehen der Weltmeisterelf. Vielleicht könnte man sogar sagen, dass diese Kritik so lange angemessen ist, so lange es noch Leute gibt, die das stört.

Ein Pressespezialist, der derartiges im Hinterkopf hat, ist doch sicher nicht unbezahlbar für den DFB, oder?

PS: Ebenso wie „das gab’s schon immer!“ ist „andere Länder machen das viel heftiger!“ kein Argument. Es sei denn, „so blöd sein wie die anderen“ ist plötzlich ein erstrebenswertes Ziel geworden.

PPS: Wer auch immer glaubt, diese Kritik würde die deutsche Fußballnationalmannschaft oder gar Deutschland an sich irgendwie herabwürdigen, ist Teil des Problems – nicht der Lösung.

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„N‘ Haus isses eher nicht …“

Schon ein bisschen komisch. Da kommt man aus dem Supermarkt und sieht Rauch. Recht viel sogar. Kann aber die Quelle nicht erkennen, auch die Entfernung ist eher unklar.

So ging es mir und Ozie gestern nach dem Einkaufen. Wir haben ein bisschen spekuliert und irgendwann fiel dabei obiger Satz:

„Na, ’n Haus isses eher nicht …“

Und dann, angekommen im vierten Stock, mit etwas mehr Aussicht, das:

O je, doch'n Haus! Quelle: Ozie

O je, doch’n Haus! Quelle: Ozie

Gut, Feuer passieren, das kann man nie ganz ausschließen. Aber mit Bildern von brennenden Hochhäusern hat ja spätestens unsere Generation so ihre ganz eigenen Assoziationen …

Wenn man den Medien glauben darf, ist tatsächlich einer bei dem Feuer gestorben. „Nur“, möchte mein etwas ängstliches Gehirn ständig hinzufügen.

Schön war wieder mal, dank Twitter gleich Bescheid zu wissen. Die letzten 24 Stunden versucht die Berliner Polizei nämlich, alle (wahrscheinlich im Sinne von „die meisten“) Einsätze bei @PolizeiBerlin_E live unter dem Hashtag #24hPolizei zu posten. Ein sehenswertes Bild der Hauptstadt und ein Hort des absoluten Irrsinns. Bringt einen auch schnell auf andere Gedanken, wenn man zu sehr über Feuer in Hochhäusern rumgrübelt.

Mein Liebling, von gerade eben erst:

 

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Tweet-Klau und Konsorten

Ich muss mal eine Frage in den Raum stellen, die mich echt interessiert. Die bedarf aber eines etwas ausführlicheren Einleitungsteils – die Umfrage ist dann ganz unten.

Bei Twitter ist das Meckern über geklaute Tweets an der Tagesordnung, insbesondere darüber, dass manche Leute (in diesem Artikel ein bisschen mehr zu einem der Beispiele) erfolgreiche Tweets in ein Bildchen, gerne mit schnulzigem Hintergrund, einbetten und es sich dann dort liken lassen, bis sie grinsen – oder was immer sie dann machen. Zum anderen wird ja gerade viel über die Seite heftig.co gestritten, bei der die meisten „Artikel“ von irgendwelchen amerikanischen Seiten übersetztes Zeug sind.

Im Gegensatz zum oben verlinkten Artikel will ich jetzt auch gar nicht auf die gesellschaftlichen und juristischen Themen raus. Ich persönlich frage mich nur immer: Hä? Wieso?

Ich meine, ja: auch ich freue mich über Favs, Likes, Retweets etc. pp. Denn die tragen meine (meist) Texte raus ins weite Netz – und ja: dafür habe ich sie geschrieben. Das für mich persönlich nicht zu ignorierende Wort dabei ist aber „meine“. Nicht einmal in dem Sinne, dass sie mir gehören, ich gehöre wirklich zu den Leuten, die ihr Zeug gerne weiterreichen. Aber auch wenn ich z.B. auf Twitter gerne zusehe, wie hundert Leute etwas faven, dann freut mich daran, dass sie meine Gedanken gut fanden. Ebenso wie ich mit einem Like unter einem Blogeintrag verbinde, dass andere Menschen das von mir geschriebene Zeug lesenswert fanden oder sie gar meiner Meinung zustimmen.

Was bewegt jemanden dazu, irgendwas gefundenes einfach mal zu posten? Wobei das auch schon wieder grenzwertig gefragt ist, denn ich kann den Sinn hinter Blogs, die bestimmte Videos oder Bilder sammeln, durchaus wieder verstehen. So ist beispielsweise auch eines meiner Bilder bei notesofberlin.com gelandet und ich freue mich darüber. Aber bei Facebook und Twitter gibt es mit der Teilen- bzw. Retweeten-Funktion die Möglichkeit, tolle Sachen einfach nur zu pushen und quasi gleich mitzuliefern, woher man etwas hat. Sicher, das „Lob“ bekommt dann vielleicht der Urheber – aber ist das nicht vielleicht auch einfach ok so?

 Ich heule deswegen echt nicht rum. Aber ich persönlich würde mir total unfähig vorkommen, wenn ich all meine Anerkennung für Zeug kriegen würde, von dem ich weiß, dass es gar nicht meine eigene Idee war. Im Ernst. Es gibt so Tage bei Twitter, da schreibe ich 10 in meinen Augen total lustige Sachen, aber das einzige, was weiterverbreitet wird, sind die Retweets, die ich von anderen Accounts gepostet hab. Da denke ich mir auch „Menno! Ich bin doch auch lustig!“
Aber mir würde es nicht anders gehen, würde ich statt zu retweeten die Tweets der anderen abtippen und damit als meine ausgeben.

Dazu sei angemerkt: Ja – wie im Falle diverser Sammelblogs, s.o. – auch das Auffinden lustiger Dinge und das Sammeln solcher Sachen kann ja ein Hobby sein. Aber allen solchen Angeboten, denen ich folge, ist z.B. gemein, dass sie explizit nicht behaupten, dass das von ihnen kommt. Die lassen sich Sachen zusenden oder betten die originalen Videos ein. Das mag rechtlich nicht immer sauber sein, aber das will ich ja explizit außen vor lassen jetzt.

Ich persönlich, als Blogger, Twitterer, Urheber in dem Sinne, empfinde bei jedem Like, Fav, Retweet – oder auch jedes Mal wenn ich geflattrt werde – Stolz. Das jetzt sicher nicht in einem abgehobenen Sinne, aber ein kleines Bisschen eben. Weil mein Zeug Leuten gefällt, sie dem zustimmen oder es wenigstens für irgendwie „interessant“ befinden. Kann man das auch empfinden, wenn man Dinge raushaut, die man eigentlich gar nicht selbst gemacht hat? Und ich frage das nicht rhetorisch, ich kann mir das einfach nicht vorstellen. Natürlich zitiere ich oft andere, verlinke sie, bette Videos ein etc. pp.
Und manchmal besteht meine Eigenleistung dabei auch aus einem: „Guckt mal, geil! Oder?“
Aber selbst kurze Kommentare sind eine eigene Meinung, eine Anerkennung der anderen, ein Mehrwert, wenigstens irgendwas. Wenn ich ein Musikvideo hier poste und frage, ob es geil ist, wird diskutiert, ob es geil ist oder nicht.

Wenn ich es hier poste und – mehr oder weniger subtil – den Eindruck erwecke, ich hätte es gedreht – selbst wenn es eigentlich nur mein Lieblingsvideo einer meiner Lieblingsbands ist, dann wird über meine Leistung geredet – die ich nicht erbracht habe. Was also bringt das?

Sind die, die das machen, wirklich so gestört, dass sie sich selbst geil finden, weil andere sie für fremdes Zeug loben?

Sind sie der Meinung, etwas geiles zu finden, sei gleichbedeutend damit, etwas zu machen?

Halten sie ihre Leser/Zuschauer etc. für so blöd, dass sie das nicht merken?

Ich weiß es nicht, ich gehöre echt nicht zu dieser Gruppe. Jetzt aber hab ich mich ein wenig in Rage geschrieben, was dem Ergebnis der folgenden Umfrage sicher nicht gut tun wird. 🙁

Aber trotzdem: eigentlich wollte ich fragen, wie das bei Euch so ist: postet Ihr auch einfach so Dinge von anderen? Ihr könnt ruhig ehrlich sein, die Umfrageergebnisse werden nicht getrackt. 😉
Und wenn ja*: Schreibt mir doch in den Kommentaren, wieso. Was ich oben geschrieben habe, ist ernst gemeint: ich verstehe es nicht! Im Sinne von Nicht-Wissen, Nicht-begreifen-Können. Ich kenne nur meinen „Stolz“ als Urheber, ich weiß nicht, wie das bei Euch ist.

Lange Rede, kurze Umfrage:

Stellt Ihr selbst manchmal fremdes Zeug ohne Quelle ins Netz?

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*am meisten interessieren mich natürlich die Meinungen von denen, die das wirklich regelmäßig machen.

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