Überraschungen

Man wird im Leben oft genug überrascht, viel zu selten natürlich positiv. Das aber kann ich für meinen Teil nun mal ausnahmsweise verkünden. Nachdem meine Oma vor einem Monat gestorben ist, war die Zeit lange von Beerdigung und diesen und jenen Kleinigkeiten bestimmt. Ich würde gerne schreiben, dass die Trauer einen wichtigen Raum eingenommen hat – aber im Gegenzug zum Tod meiner Mutter vor dreieinhalb Jahren kann ich das nicht wirklich behaupten. Die Trauer um den Verlust meiner Oma hat sich in den letzten Jahren hier und da eingeschlichen, in denen sie immer mehr und mehr ihres Lebens an die Demenz verlor, zusätzlich gebeutelt durch Krebs und das ein oder andere Altersleiden kleineren Ausmaßes.
Ich war mir bei dieser Behauptung immer unsicher, aber jetzt, da es soweit war, konnte ich tatsächlich sagen, dass in diesem Fall der Tod die vielbeschworene Erlösung war und ich zumindest versucht habe, ihr das zu gönnen. Gerade weil sie in ihrem Leben viel für mich und andere getan hat, war es schön zu wissen, dass ihr zunehmendes Leiden nun ein Ende gefunden hat. Und ich hoffe sehr, dass es bei mir dereinst schneller gehen wird.

Aber selbstverständlich war der Tod meiner Oma nicht wirklich eine positive Überraschung. Ich mag ja bisweilen überpragmatisch sein, aber ganz so schlimm ist es um mich dann doch nicht bestellt. Ein Tod ist aufgrund seiner Endgültigkeit natürlich immer irgendwie tragisch.

Da ich die ganzem Ereignisse von Berlin aus mit einer gewissen Distanz betrachten muss, war ich nun aber tatsächlich dahingehend überrascht, dass wohl tatsächlich noch ein Erbe anfällt. Dass ein gewisses Vermögen vorhanden war, war mir zwar bekannt – allerdings haben Heim und sonstige Kosten im Laufe der Jahre dann doch an all dem genagt, so dass ich fast schon erwartet hatte, am Ende sogar noch die ein oder andere Rechnung zu begleichen, bzw. dass allenfalls ein Taschengeld übrig bleiben würde. Das allerdings scheint nicht zu stimmen.

Nachdem ich nun den Abschlussbericht ihrer Betreuerin gelesen – und dabei zufrieden festgestellt habe, dass offenbar wirklich allen Aufgaben Sorge getragen wurde – scheint doch selbst nach Begleichung der Beerdigungskosten und der Grabpflege für die nächsten Jahre ein in meinen Augen stattlicher Betrag übrig zu bleiben. Zwar ist bis jetzt vieles bezüglich weiterer Kosten und der Verteilung des Erbes noch unklar, aber rein nach den gesetzlichen Regelungen könnte es sein, dass ich demnächst einen Betrag erhalte, der immerhin mehrere Monatslöhne umfasst. Nichts, was einen große Sprünge machen lässt, doch aber eine erhebliche Erleichterung für jemanden wie mich, der nach wie vor ein festes monatliches Budget für Schuldenrückzahlungen hat (die sich dadurch aber vermutlich wirklich mal erledigt hätten).

In Anbetracht der Umstände kann ich mich darüber wirklich sehr freuen. Neben der traurigen Tatsache, dass ich meiner Oma dafür nicht mehr danken kann, bedauere ich vor allem die Pfleger und Zivis bei ihr im Heim. Denn so wie ich sie gekannt habe, wäre das Geld sonst im Laufe der Zeit bei ihnen gelandet – und das nicht zu unrecht.

Deswegen ist das gerade alles nur unverhofftes Glück für mich. Aber diesbezüglich hat meine Oma es schon früher immer voll rausgehabt, ich war ein Narr zu glauben, dass sich das mit ihrem Tod ändern würde.

Bleibt nur noch das eine – wie bei allen Verstorbenen zu selten gesagte – Wort übrig:

Danke!

3 Comments

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3 Responses to Überraschungen

  1. Wahlberliner

    Mein Opa, der 2010 gestorben ist, mit 85, nach 8 oder so Herzinfarkten und halb so vielen Bypass-Operationen, Knien die ihm (~100+kg) das Laufen kaum mehr ermöglicht haben und einer Herzleistung von noch 10%, hatte an dem Abend einen Infarkt, ist ins Krankenhaus gekommen, dort nochmal kurz klar geworden und hat sich bei allen anwesenden (Ärzten, Pflegern etc) bedankt, und dann ist er friedlich entschlafen. Ich war zwar nicht dabei, aber so wurde es mir erzählt. Ich habe vorher mit ihm darüber gesprochen, und er war geistig immer ganz klar und fit, sich auch voll bewusst, dass es eben der Körper ist, der so langsam schlapp macht. Dementsprechend hat er jeden Tag, den er noch leben durfte, genossen, und auch wenn er seiner Familie (bzw. v.a. seiner Frau, da meine Oma noch lebt) kein sonderliches Erbe hinterlassen hat, so ist er mit der Einstellung ans Steben herangegangen, dass er ein gutes Leben hatte, sich nichts vorzuwerfen hat und auch nichts wirklich zu bedauern braucht. Und das finde ich, ist immer noch das wichtigste. Dass er diesen Frieden gefunden hat, erfreut mich mehr, als dass ich noch egoistisch darum trauern könnte, dass er jetzt nicht mehr da ist um mich mit ihm zu auszutauschen (denn egal, ob was „danach“ kommt, oder was es ist – er hat das immer bewusst offen gelassen und gemeint „ich lass mich einfach überraschen, ob ich es mitkriege“ – angenehm war sein Leben in diesem kaputten, nur noch minimal funktionstüchtigen Körper sicher nicht – wenn man noch voll geistig wach ist, um es mitzukriegen, ist das sicher auch ne harte Nummer für die Psyche – zu wollen und nicht zu können etc…).

  2. Cora

    Meine Oma ist auch dieses Jahr Mitte März gestorben.
    Die letzten beiden Lebensjahre hat sie extrem abgebaut. Körperlich zwar fit, aber die Demenz schritt immer weiter fort.
    Am Ende wusste sie nicht einmal mehr, wer ich bin.
    Das tat sehr weh.
    Als sie dann friedlich und eigentlich doch unerwartet eingeschlafen ist, kam erst die Trauer und dann doch eher eine gewisse Erleichterung…Erleichterung für sie…
    Sie hat es überstanden, denn am Schluss war es einfach kein Leben mehr. Ich tröste mich damit, dass sie nun wieder bei meinem Opa, ihren Eltern und ihrer Schwester ist. Ihr geht es gut.
    Und genauso geht es sicherlich auch deiner Oma gut!

  3. @Wahlberliner:
    Klingt nach einer bewundernswerten Einstellung. Ist natürlich auch irgendwie traurig – aber, ich hab’s im Text ja angedeutet, das liegt vielleicht an der Endgültigkeit an sich.
    Ich bin, für mich ganz egoistisch betrachtet, froh, jetzt nicht zu trauern. Auf der anderen Seite hatte ich das in den letzten Jahren eben gelegentlich, wenn ich mir bewusst gemacht habe, wie schlecht es ihr geht.

    @Cora:
    Uh … wenn da noch was sein sollte, dann hätte wahrscheinlich meine Oma die größte aller Überraschungen die Tage erlebt. Mich würde der Gedanke nicht trösten, muss ich ehrlich sagen.

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