Drossel komm raus!

Auch wenn die Spatzen die Geschichte der Drossel schon von allen Dächern pfeifen: Der Vollständigkeit halber sei auch hier noch einmal erwähnt, dass man sich an der Petition für die Einführung eines Gesetzes zur Netzneutralität beteiligen sollte.

Das kann man hier auf der Seite des Bundestages tun.

Allen nicht so ganz mit der Netzpolitik vertrauten Lesern sei insbesondere dieser Artikel von Thomas Knüwer auf seinem stets lesenswerten Blog „Indiskretion Ehrensache“ empfohlen. Selbstverständlich arbeitet sich auch netzpolitik.org immer wieder ausführlich am Thema ab und auch einige andere Blogger (stellvertretend verlinke ich hier gerne Jörn) haben ihren Senf dazu ins Netz geschrieben.

Warum ich jetzt auch noch? Weil es wichtig ist!

Sicher, vordergründig geht es erst einmal nur um ein neues Tarifmodell der Telekom. Darüber kann man sich als Kunde vielleicht ärgern – schließlich wird’s eher teurer als billiger – aber gesellschaftlich gesehen könnte es doch kaum etwas irrelevanteres geben, oder?
Stimmt. Oben genannte Petition richtet sich entsprechend auch nicht gegen eine wie bekloppt auch immer daherkommende Preispolitik eines einzelnen Providers. Die sollen schön ihre Kunden mit dummen Tarifen vertreiben dürfen, alles kein Problem!

Wichtiger als die Abschaffung der Flatrate und eventuelle Mehrkosten für Vielnutzer ist bei den Telekom-Plänen nämlich das, was unter dem schönen Namen Netzneutralität jetzt ebenfalls der Abschaffung harrt. Bei der Telekom soll sich das zunächst so zeigen, dass man seine 75 bis ein paar hundert Gigabyte Datentransfer frei hat, spezielle telekom-eigene Dienste (z.B. im Rahmen ihrer T-Entertain-Pakete) nicht darauf angerechnet werden. Das aber ist nicht mal eben ein lustiger kleiner Marketinggag fürs eigene Programm, sondern bedeutet zum einen natürlich, dass fleißig geschnüffelt werden muss, woher die Daten kommen. Darüber hinaus kann sich die Telekom, so sie das Modell erst einmal eingeführt hat, natürlich von anderen Anbietern (z.B. Youtube) gut dafür bezahlen lassen, dass deren Webangebote auch weiterhin genutzt werden können. Das klingt so lange noch immer nach einem harmlosen Scherz, bis man sich mal vorstellt, dass kleinere Unternehmen keine Chance hätten, so einen Deal auszuhandeln. Oder Konkurrenzangebote zur Telekom, die selbige vielleicht überhaupt nicht haben will – ungeachtet des Preises.

In letzter Zeit wird die Netzneutralität immer öfter verletzt. Verschiedene Anbieter bremsen z.B. Filesharing-Angebote massiv aus und im mobilen Internet ist schon heute nicht mehr alles möglich. Anbieter wie Vodafone verbieten beispielsweise die Nutzung von Skype und Chats, so dass man gefälligst für Telefongespräche und SMS zahlt, die man sonst nicht bräuchte.

Die Einzelfälle sind aus rein wirtschaftlicher Sicht teilweise verständlich. Alles in allem gefährdet diese Verletzung der Netzneutralität jedoch das Internet als freies Medium insgesamt. Deswegen ist wirklich wichtig, dass diesem Treiben ein Riegel vorgeschoben wird. Deshalb ist es wichtig, die Online-Petition mitzuzeichnen und darauf zu hoffen, dass die Garantie der Netzneutralität alsbald Gesetzescharakter bekommt.

Auch wenn man sich vielleicht zunächst nicht betroffen fühlt: Fällt die Netzneutralität flächendeckend, könnte das bedeuten, dass unser Anbieter uns irgendwann e-Mails blockt, weil er ein Agreement mit der deutschen Post hat. Wir könnten vielleicht nur noch gegen Aufpreis zu Twitter, weil Facebook den Deal mit Vodafone hat – und unseren Freunden Links zu schicken, kann man sich auch sparen, weil man nicht sicher wüsste, ob die gerade noch die technische Möglichkeit haben, sich diese Seite anzuschauen. Es steht wirklich das Internet, wie wir es kennen, wie es uns hilft, wie es wichtig geworden ist, auf dem Spiel. Nicht bloß der Geldbeutel von Telekom-Kunden.

Deswegen: Mitzeichnen!

7 Comments

Filed under Politik, Vermischtes

7 Responses to Drossel komm raus!

  1. Marius

    es braucht gar nicht geschnüffelt werden, da Entertain in einem anderen VLAN (afaik mit broadcasting) läuft. Entertain ist nicht Internet, sondern ein eigenes netz. dass das ganze halt jetzt auch über die DSL-Leitung mit dem gleichen router funzt, ist der technik zu verdanken. die windows-firewall schnüffelt da mehr rum…

    um das ende der netzneutralität fürchte ich auch mit der volumenbegrenzung nicht… und wenn doch, mein vertrag ist älter.

  2. Kassandra

    @Marius: Da die Telekom auf IP-Telefonie umstellt in den nächsten Jahren, gibt es auch für Altkunden Vertragsumstellungen. Und die beeinhalten dann auch die Drosselung.

  3. Da bin ich ja recht froh, seit über zwei Jahren bei KabelBW zu sein. Wechselgrund war damals allerdings die Tatsache, dass bei uns die Telekom nur 1 MBIt liefern konnte, und das zum selben Preis wie die 32MB bei KabelBW…

  4. Marius

    ich habe natürlich soweit vorausgedacht und bereits n VoIP-Vertrag. war auch das günstigste mit VDSL.

    übrigens ist in der leistungsbeschreibung zwar ne drossel nach afaik 100gb drin, aber selbst mit 100GB Traffic an einem tag gehts so schnell wie immer voran.

  5. Was mich bei der ganzen Diskussion stört, ist, daß immer von der „Drosselung“ gesprochen wird. Dabei geht es dabei überhaupt nicht. insbesondere nicht bei der Petition, die sich mitnichten gegen die Pläne der Telekom zur Einführung einer Volumendrosselung, wie bei „Flatrates“ für Mobilfunkdatentarife seit langen üblich. Es geht einzig und allein um die Ungleichbehandlung von Daten abhängig vom Anbieter.

  6. Wahlberliner

    So schnell ging das glaube ich noch nie:
    http://www.heise.de/newsticker/meldung/Online-Petition-zur-Netzneutralitaet-erreicht-Quorum-1868943.html

    Trotzdem: Je mehr Mitzeichnungen, desto besser. Ich habe auch unterzeichnet. Obwohl ich mir keine Illusion darüber mache, dass diese Petitionen generell ziemlich nutzlos sind. Der Souverän tritt als Bittsteller auf…

  7. @Marius:
    Mag bei Entertain der Fall sein. Wenn Du aber irgendwann normale Internetdienste aussortieren musst, kommst Du nicht dauerhaft ohne DPI aus, würde ich als Laie sagen.
    Und (das auch @buntklicker.de): Die Drosselung selbst ist natürlich streng genommen von der Verletzung der Netzneutralität zu trennen. Dass die Telekom beides zusammenpackt, veranlasst einen halt dazu, es auch zusammen zu erwähnen.

    @Daniel:
    Bei KabelBW weiß ich es jetzt nicht – aber KabelDeutschland z.B. bremst offenbar seit einem Jahr massiv bekannte Filesharing-Seiten aus. Bei der Petition geht es nicht nur darum, dass die Telekom ihre Pläne nicht durchsetzt, sondern dass sich das allgemein nicht einbürgert. Da würde ich mich beim derzeitigen Trend bei keinem Anbieter zu 100% sicher fühlen – und zwar schon gar nicht, wenn einer der großen da einen Schritt vorausgeht.

    @Marius:
    Das ist natürlich schön. Dann hoffe ich mal, die brauchen die Bandbreite nicht demnächst. 🙂
    Ist aber natürlich – wie oben erwähnt – unabhängig von der Netzneutralität.

    @Wahlberliner:
    Strike! 🙂
    Und natürlich sollte man sich nichts vormachen bezüglich der Wirksamkeit. Aber da es sich echt nur um ein paar Klicks handelt, finde ich, dass man das Risiko eingehen kann, dass es umsonst war …

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert