Tüte oder so was

Sorry liebe Leser, mein Blog macht ebenso wie ich ein langes Wochenende was die Taxigeschichten angeht. Ich hoffe, heute früh nicht allzu viele zersprungene Kaffeetassen von Leuten verschuldet zu haben, die meine neuesten Ergüsse lesen wollten.

Aber es gibt im Leben ja noch andere Dinge außer Taxifahren. Zocken beispielsweise. Musik hören. Oder lesen.

Gerade letzteres tue ich ja recht ausdauernd im Taxi. So neulich auch das neue Buch von Ulrike Sterblich:

Tüte oder so was
Wie man als Kunde nervt, ohne es zu merken

Das Buch habe ich keineswegs zufällig gelesen, obwohl es sicher eine nette Erfahrung gewesen wäre, wenn ich es hätte.  Vor gefühlten Ewigkeiten hat mich Ulrike zu dieses Buches wegen interviewt, weil sie auf meinen Blog gestoßen war. Mir ist der Abend im Nachhinein fast etwas peinlich, da ich so als ganz Neuer noch kaum Dinge aufzählen konnte, die mich an Kunden nerven und zudem etwas zu viel getrunken habe. Letzteres war vor allem peinlich, weil ich im Vorfeld nicht davon ausgegangen bin, dass ich eingeladen werde…

Aber gut, das ist Vergangenheit! Das Buch jedoch ist nun frisch erschienen. Netterweise wurde ich als einer der vielen Ideengeber mit einem kostenlosen Exemplar bedacht, und schon als Gegenleistung für die netten Stunden beim Lesen und die paar Bier beim Interview bin ich wohl etwas Werbung schuldig 😉

Der (Unter-)Titel ist Programm: Wie man als Kunde nervt, ohne es zu merken.

Amüsant werden in geduldig erzählten kleinen Anekdoten allerlei Fehltritte von Kunden beschrieben, deren Existenz sie sich wohl in der Tat meistens nicht bewusst sind. Für mich als Dienstleister und als Mensch mit offenen Augen waren die meisten Dinge nicht überraschend, aber es ist eine ansehnliche Sammlung alltäglicher Situationen aus dem Dienstleistungsgewerbe geworden. Dass auch die Kassiererin im Supermarkt genervt ist, wenn man grußlos weitertelefoniert, während man bezahlt oder es Handwerker nicht freut, dass manche Kunden ihre eigene Hausnummer falsch mitteilen, das ist nicht unverständlich. Dass nach der tausendsten Wiederholung die Anfrage nach einer „Tüte oder so was“ durchaus auch einen berechtigten Platz in der Liste der Nervigkeiten bekommt, war mir selbst jedoch neu.

Das Buch ist mit 190 Seiten nicht gerade ein opulentes Werk, aber die Dichte der Erzählung und die damit einhergehende Menge an Anekdoten entschädigt dafür. Die einzelnen Situationen werden dabei nur grob umrissen und schnell abgehandelt. Eine tiefergehende Analyse wäre dem unterhaltenden Charakter des Buches auch nur abträglich gewesen und man wäre um unzählige Pointen gebracht.

Man muss als Leser allerdings mit etwas Reflexionsvermögen bewaffnet sein, denn es kann als sicher gelten, dass sich jeder irgendwo ertappt fühlt, und sich denkt:

„Na klar mache ich das so, was ist schon dabei?“

Natürlich hängt im Dienstleistungsgewerbe alles von den zwei oder mehr Menschen ab, die sich letztlich begegnen. Wie meine Leser wissen, dass mich ein „Sind sie frei?“ nicht am Verstand des Kunden zweifeln lässt, so mag es auch Videothekare geben, die auch innerlich schmunzeln, wenn der Kunde, der eine Komödie mit Cameron Diaz suchte, sich am Ende für „Gladiator“ entscheidet. Dem angemessen ist das Buch aber keine Kampfansage an die wirklich stressigen Mitmenschen, sondern eher ein dezenter Hinweis zum Nachdenken für all jene, die sich bereits für gute Kunden halten.

Aus meiner Sicht als Dienstleister ein Buch, das nötig war.

Ulrike Sterblich: „Tüte oder so was – wie man als Kunde nervt, ohne es zu merken“
ist erschienen im Goldmann-Verlag
hat 190 Seiten und kostet 8,95 €
ISBN 978-3-442-15609-2

Ulrike Sterblich im Netz: supatopcheckerbunny.de

11 Comments

Filed under Medien, Vermischtes

11 Responses to Tüte oder so was

  1. Du lässt Dich gerne interviewen? Dann schau mal hier.

  2. Soso,
    da macht er so einfach Osterurlaubsferien. So unangemeldet hier. Tsts. *kopfschüttel* 😀

  3. @Klaus:
    Mail ist raus 🙂
    Danke. Ich bin schon gespannt, wie die Arbeit aussehen soll. Ich halte mich ja auch für teilzeitkreativ – aber das hat mich überrascht.

  4. @ednong:
    Klar. Deswegen bin ich Taxifahrer. Damit ich sowas kann.
    🙂

  5. Ulrike Sterblichs Buch „Tüte oder so was“ ist weder humorvoll noch amüsant. Es ist ein Rundumschlag auf den Kunden, der durch sein Verhalten für den schlechten Service nicht nur selbst verantwortlich ist, sondern sogar die Ursache. Lesern mit ständigem Kundenkontakt wird dieses Buch vielleicht gefallen, da es sehr einseitig geschrieben ist und die Erlebnisse nur aus der Sicht von Dienstleistern, Verkaufsangestellten und Servicekräften dargestellt werden. Ein Buch, dass man allen Autoren empfehlen kann, denn es ist ein Musterbeispiel dafür, wie man als Autor nervt, ohne es zu merken.

  6. @Michael Petrikowski:
    Und das war jetzt keine einseitige Sicht der Dinge?

    Natürlich ist das Buch einseitig. Und das ganz offensichtlich und offiziell. Für genervte Kunden gibt es schließlich auch eine Vielzahl an Büchern, vom seriösen Ratgeber und gut recherchierten Schwarzbüchern bis hin zu ironischen Werken oder allgemeiner Populärliteratur, in denen gerne Klischees von schlechtgelaunten Dienstleistern als Stilmittel verwendet werden.
    Und ich finde es nach wie vor schön, dass Ulrike Sterblich in ihrem Buch eben gerade keinen Rundumschlag mit dem Unterton „Die Kunden sind an allem schuld“ startet. Sie tut auf ironische Weise genau das, was ich auch stets gerne tue:
    Darauf hinweisen, dass man mit etwas mehr Einfühlungsvermögen eine Menge Stress vermeiden kann.
    Und ich kann vorweg anmerken: Gezahltes Geld ist kein Allheilmittel.
    Ich (in meiner Eigenschaft als Kunde) wusste zuvor nicht, dass die Frage nach einer „Tüte oder sowas“ so häufig kommt, dass es manchen Verkäufern nervt. Ich erlaube mir auch gerne mal einen nett gemeinten Scherz, kann aber nachvollziehen, dass ein „Na dann kostet das wohl nichts“ an der Supermarktkasse auch mal stressen kann, obwohl ich es für originell halte als Spruch, wenn kein Preis am oder zum Produkt vermerkt ist.
    In meiner Eigenschaft als Mensch – also weder ausschliesslich als Dienstleister, noch als Kunde – sehe durchaus, dass man als Kunde für eine gewisse Dienstleistung zahlt und diese auch bekommen sollte. Das jedoch wird in dem Buch nicht angegriffen. Angegriffen wird (und selbst das immer noch ironisch!) nur das Verhalten von den Kunden, die „Der Kunde ist König“ ein bisschen zu mittelalterlich im Sinne absolutistischer Herrschaft begreifen und zusätzlich zur Dienstleistung auch noch Menschen, Meinungen und Stimmungen glauben kaufen zu können.
    Wenn man durch die Benennung solcher Verhaltensweisen bereits so massiv gestört wird, dass man den Überbringer der Nachricht zu köpfen gedenkt, dann scheint ja umso mehr an der Sache dran zu sein.
    Arm.

  7. Natürlich ist eine Buchrezension eine einseitige Sicht der Dinge, denn sie ist die subjektive Meinung des Lesers.

    Viele der Beispiele von nervenden Kunden sind aber auf schlechten Service zurückzuführen. Wenn der Kunde nach einer Tüte fragen muss, ist das schlechter Service, denn bei einem guten Service wird der Kunde gefragt, ob er eine Tüte möchte.
    Wenn Kunden im Bekleidungsgeschäft nach kleinsten Fehlern suchen, zeigt das, dass der Inhaber bereit ist, seinen Kunden auch minderwertige Waren zu verkaufen, denn vielen Kunden fällt der Fehler in der Ware vielleicht gar nicht auf. Das ist nicht nur schlechter Service, sonder grenzt schon an Betrug.
    In Spanien würde kein Kunde den Taxifahrer fragen, ob er frei ist. Ein kleines grünes Lämpchen neben dem Taxischild signalisiert ihm schon von weitem ein freies Taxi. Zusätzlich haben viele Taxis eine Leuchtanzeige im Wagen mit der Aufschrift „Libre“. Das nenne ich Service.

  8. @Michael Petrikowski:
    Da kann ich aber nicht wirklich zustimmen. Das Nachfragen nach dem Bedarf einer Tüte mag ein Zeichen von gutem Service sein. Aber auf Teufel komm raus nach irgendwelchen beanstandenswerten Dingen zu suchen, ist in meinen Augen durchaus oftmals eine Zumutung. Dass ich bei einem Schneider erwarte, dass mir nur hochwertige Waren angeboten werden, das akzeptiere ich. Aber was ist mit den Leuten, die bei Kik reinrennen, und die wahrscheinlich als Ballen angelieferten Hemden für 1,99 € nach einem raushängenden Faden durchsuchen, um dann einer für 4€/Std. arbeitenden Verkäuferin zu erklären, dass man jetzt aber nur 1,00 € dafür zahlen würde – im Wissen darüber, dass kein Angestellter dieses Ladens auch nur Zeit hat, eines dieser Dinger anzusehen. Und wenn man dann auch noch drauf besteht, eben genau dieses und kein anderes Hemd haben zu wollen, weiss man doch, woher der Wind weht.
    Und zum Taxi: Dass es z.B. “frei” bedeutet, wenn dieses gelbe Schildchen leuchtet, kann man das nicht irgendwie zum Allgemeinwissen zählen? Wenigstens bei Kunden, die einmal die Woche Taxi fahren? Sie fragen trotzdem… mich stört das nicht einmal, aber wo da ein Mangel an Service sein soll, kann ich nicht erkennen. Zumal mir ja als Fahrer gesetzlich untersagt ist, meine Dienste anzupreisen.

  9. Es ist natürlich kein Mangel an Service, dass ein Taxi in Deutschland nicht als “Frei” gekennzeichnet ist, da es hierfür auch einer gesetzlichen Regelung bedarf. Im Ausland ist es eben möglich, ein Taxi anzuhalten, da erkennbar ist, dass es frei ist.

  10. @Michael Petrikowski:
    Nein, das ist genau das Thema. Die Taxen sind als frei gekennzeichnet. Aber um das zu erkennen, bedarf es ggf. etwas Interesse an der Dienstleistung. Wenn wir in rot leuchtenden Lettern „Frei“ auf dem Dach stehen hätten, dann gäbe es immer noch Leute, die bemängeln, dass die Schrift nicht grün ist.
    Und genau darauf spielen viele der Beispiele im Buch an. Augen aufmachen und – auch wenn es manch einem schwer fällt – nachdenken.
    Natürlich entbindet das Dienstleister nicht davon, es den Kunden so einfach wie möglich zu machen. Aber die Ansprüche von Kunden sind oftmals viel zu unterschiedlich, als dass man als Dienstleister (eventuell gar im Vorfeld) alle Varianten abdecken kann.
    Es ist nicht unbedingt ein Mangel an Service, wenn man Kundenwünsche nicht erfüllt. Ein kleines Beispiel aus meinem Alltag – da kenne ich mich eben am Besten aus. Ich frage bei bestimmten Strecken immer wieder „Sollen wir über diese oder die nächste Brücke fahren?“ Ich weiss, dass die eine ein minimaler Umweg ist, damit teurer. Viele Kunden fahren allerdings lieber da lang und beschweren sich bisweilen, wenn ich den kürzeren Weg nehme. Und es gibt auch die Kunden, die mich nach meiner Frage (bei denen ich ihnen auch jedes Mal genau das erkläre, was ich gerade geschrieben habe) angehen, dass ich das ja als Taxifahrer wohl selber wissen muss.
    Und „Recht“ haben sie alle:
    – Ich muss den kürzesten Weg nehmen.
    – Der Kunde darf über die Strecke bestimmen.
    – Ich sollte den Weg kennen.
    Trotzdem muss ich irgendeinem Kunden (wenn er es so auffasst) auf den Fuß treten. Dieses Dilemma ist einem uninteressierten Kunden aber gar nicht bewusst. Der will „ja nur, dass der Taxifahrer einen guten Service bietet“
    Und deswegen finde ich das Buch auch so gut. Da werden nämlich einige solcher Fälle aufgezählt, bei denen der Kunde eine für sich verständliche Frage stellt, ein legitimes Anliegen formuliert, das aber aufgrund unterschiedlicher Denk-, Geschäfts- oder Verhaltensstrukturen aus Sicht des Dienstleisters mitunter völlig bekloppt ist.

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