Neujahrsansprache

Sehr geehrte Mitbürger und Mitbürgerinnen,

im Namen meiner selbst darf ich verkünden: „Herzlich willkommen am Arsch!“

Wir sind endlich angekommen im „Krisenjahr 2009“, ausnahmsweise haben sich mal alle vor Silvester gefürchtet und viele haben insgeheim gehofft, dass die Kinder dieses Jahr tatsächlich Weihnachtsbaum und Wohnung abfackeln, damit auch ja nichts mehr zu verlieren ist, wenn das böse 2009 erst einmal da ist. Die Welt steckt in der Wirtschaftskrise, in der schwersten Rezession aller Zeiten, und auch sonst sind die Zeiten natürlich hart. Sollte die vom Spiegel erwähnte Summe von 23 Billionen verheizten Euro weltweit stimmen, dann hat jeder Mensch auf der Welt statistisch gesehen ein paar tausend Euro Miese gemacht in den letzten Monaten. Da mein Dispo schon am Anschlag ist, wurde mir glücklicherweise nichts abgebucht – ich nutze diese Ansprache also auch, um dem Aktienhändler zu danken, der vorsorglich meinen Teil mitbezahlt hat.

Wobei?

Ist nicht dieser ganze Pessimismus fehl am Platze? Ist da nicht letztlich Geld vernichtet worden, über das wir uns zuvor niemals freuen konnten, weil wir ja gar nichts davon hatten?

Eigentlich könnten die meisten von uns froh sein, weil wir nie da mit drin gesteckt haben. Aber wie erwähnte Volker Pispers einst: „Wenn du denkst: Blöder geht’s nicht mehr, kommt von irgendwo ein Merkel her!“ Die selben Menschen, die vor einem Jahr einen staatlichen Eingriff in die Wirtschaft noch als Kommunismus gegeißelt hätten, zaubern nun Abermilliarden aus dem großen schwarzen Hut. Die erste Hoffnung, dass es sich dabei um die schwarzen Kassen der Regierungsparteien handelt, war aber schnell zerstoben, und so wird es wohl doch die zähe Masse unserer Steuergelder sein, mit deren Hilfe die zerbrochenen Ming-Vasen der deutschen Wirtschaft gekittet werden. 2009 werden deutsche Vorzeigeunternehmen staatliche Hilfe bekommen. Unternehmen, deren internationale Aufstellung als krisensicher gefeiert wurde. Unternehmen, die beständig Leute entlassen haben, um in Krisenzeiten zu überleben.

Und nun?

Ganz offensichtlich funktionieren selbst einige Vorzeige-Konzepte nicht. Große Unternehmen wie Opel sind nicht in der Lage, mit ihrem eigenen Wirtschaftskonzept zu überleben. Um ein Minimum an Sozialverträglichkeit solcher Konzerne zu garantieren, hat der Kapitalismus eigentlich eine schöne Dynamik in solchen Momenten entwickelt: Diese Konzerne sind mit gutem Recht pleite gegangen und von der Bildfläche verschwunden.

Aber jetzt haben wir das Jahr 2009!

Im Krisenjahr 2009 darf ein Konzern nicht untergehen. Zumindest nicht, wenn sein Ruf völlig ramponiert und die Wirtschaftsdaten ansprechend desaströs ausfallen. Deswegen ja Krisenjahr! Für den Rest der Bevölkerung! Ein paar Milliarden Euro werden im Laufe dieses Jahres wahrscheinlich in die halblebigen Hüllen jener „Vorreiter“ und „Genies“ gepumpt, die es ermöglicht haben, über Jahrzehnte die Illusion aufrecht zu erhalten, das Ganze funktioniere wenigstens, wenn man sich anstrengt.

Was daraus resultieren wird, ist noch nicht absehbar. Ob die Rente deswegen 2 Jahre früher abgeschafft wird, oder man sich überlegt, ob es wirklich noch staatlich geförderte Schulen braucht, all das, was die eigentliche Krise erst zu einem persönlich nach Hause trägt, werden wir wahrscheinlich nicht in diesem tollen Krisenjahr erleben. Wahrscheinlich erleben wir die Rettung „wichtiger Traditionsunternehmen“ und eine Menge Jubel im Wahlkampf, weil unser fantastisches Land die Wende in der schwersten nur denkbaren Zeit geschafft hat. Die aufgeschobenen Probleme, die Tatsache, dass das gesamte Hintergrundsystem nur noch künstlich beatmet wird und der Strom für die Maschine langsam ausgeht – davon werden wir wahrscheinlich nur wenig hören.

Oder um es vorweg zu nehmen: Es ist doch alles gut, die Wirtschaft wächst wieder!

Die tiefsten Kessel mit Giftjauche werden weiter im Hintergrund umgerührt werden, und vielleicht geht es ja noch ein paar Jahre gut. Bitte wenigstens bis zur nächsten Legislaturperiode. Schuld sind am Ende sowieso nur die, die nicht mehr da sind. Und dann wird es heißen: „Herzlich willkommen am Arsch!“

In diesem Sinne: Happy New Year, dear World!

10 Comments

Filed under Politik

10 Responses to Neujahrsansprache

  1. dir ein frohes neues jahr und alles alles gute für 2009 !!! gruss

  2. Leini

    Hi Sash,
    auch dir: Ä guds nois.
    Die Wirtschaft geht vor die Hunde. Hoffen wir, dass danach der Mensch wieder das Wichtigste ist.

  3. Marcus

    Jedes Jahr das selbe mit der Panikmache……..vor 9Jahren war es die Jahrtausendwende, dann der Klimawandel, die Vogelgrippe, das Gengemüse……selbst schuld wer sich von der ganzen Panikmache anstecken lässt.

  4. @Hans; Alles Gute zurück! Ebenfalls frohes Neues!

  5. @Leini:
    A guuds Neis zrick! Waas doine fromme Wensch oageht, so deng i au, dass dees d’Idee voneme Käpsele soi kennt. Gugge mr amoal.

  6. @Marcus:
    Ich lass mich da nicht anstecken. Ich kommentier nur so gerne unqualifiziert 🙂

  7. alsooooo…..
    mir persönlich geht das zur zeit alles ziemlich am arsch vorbei. es ist nicht absehbar, noch betrifft es mich persönlich nit und bei all dem was ich im die ohren habe, was soll ich mich da noch über dinge aufregen, die ich eh nicht ändern werde können?
    ich lasse das alles sutsche auf mich zu kommen, um, wenn es an der zeit ist, in das allgegenwärtige gejammer mit einzustimmen 😉
    dir auch ein tolles 2009! scheiss aufs krisenjahr!

  8. 🙂
    Verstehe ich!

  9. Die Neujahrsansprache würde ich mir auch von unserer Mutti (Merkel) im Fernsehen anhören. Gut geschrieben gefällt mir.

  10. Danke für das Lob! Hab das Gefühl, Merkel würde die nicht halten… 😉

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