Ey, ihr Musik-Pupsies in der Bahn!

Erst gestern hatte ich wieder so einen Volltroll in der Bahn, der via Handy irgendwelchen Schnulzen-Rap gehört hat – auf Lautsprecher natürlich. Depp!

Nicht falsch verstehen: Ich bin noch nicht alt genug um vergessen zu haben, dass ich auch schon in der Bahn laut Musik gehört habe. Das ist ziemlich assi für die paar Leute, die sich auf was anderes konzentrieren wollen, aber ich hab als Ausrede wenigstens, dass ich mich als Punk verstanden hab, den Leuten absichtlich auf den Zeiger gehen wollte und dass ich und meine Kumpels außerdem einen fucking Ghettoblaster dabei hatten, der 8 beschissen teure Mono-Batterien pro Stunde verschlissen und sich Abend in der Stadt wenigstens geil angehört hat auf dem Teil – auch wenn’s nur ein Tape war.

Na gut, das entschuldigt nix. Aber irgendwie wundert es mich schon, dass sich die Leute, die heute meinen, andere mit ihrer Musik behelligen zu müssen, überwiegend entweder weichgespülte Vollspaten sind, die sich als Hörer von Billigst-Pop und damit als völlig geschmacksneutral outen – oder bei halbwegs interessanter Musik einfach klaglos damit leben, dass sie in einer Qualität daherkommt, die uns damals peinlich gewesen wäre, als wir noch damit leben mussten, dass die Kopie von Langwellensender auf Mono-Kassette „leichte“ Spuren hinterlässt.

Ich will nicht in einer Welt leben, in der Jugendliche keinen Bock auf Provokation und Ausprobieren haben! Das gehört dazu und auch wenn’s mich mal nervt, weil ich gerade eigentlich was voll cooles twittern wollte:

Ja, verdammte Scheiße: Zeig mir den einen Song, den Du gerade mit der Welt teilen musst! Mich interessiert’s, ob die Band, die dir gerade ihre Stimme leiht, was zu sagen hat! Aber wimmer mir nicht auf deinem iPhone ein vergrisseltes „I love you“ mit nicht vorhandenen Beats vor! Kein einziges Lied auf diesem Planeten –  von Klassik über Liedermacher bis zu Pop, Rock, Metal oder Techno – bringt irgendwas rüber, wenn man die Lautsprecher mit einer Fingerkuppe abdecken kann! Und kein Mensch kann an deinem Weltschmerz Anteil nehmen, wenn der Refrain aus „Uh“, „ah“, und „lalala“ besteht.

Dass Jugendliche Erwachsenen den Tod an den Hals wünschen, ist ziemlich normal. Aber ich glaube, dass es ein Tod aus Langeweile ist, ist neu.

7 Comments

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7 Responses to Ey, ihr Musik-Pupsies in der Bahn!

  1. Wenn du vorhast, bei Gelegenheit mal wieder den Ghettoblaster auszupacken und mit ordentlicher Musik zu kontern, ich bin dabei. 🙂

  2. ob das wirklich so viel mit Rebellion zu tun hat? Ich würde es reinen Egoismus nennen..genauso wie die Leute, die ihre Benachrichtigungstöne aufm Handy nicht ausmachen aber permanent am Chatten sind (sind komischerweise auch meist eher aufgetarkelte Menschen mittleren Alters als Jugendliche)

  3. Jens

    Ich glaube, das mit der Musik hat schon was mit Rebellion zu tun. Allerdings eher im Sinne von „Ihr Spießer könnt mir hier gar nichts“.

    Die Pieptöne dagegen: Das sind Menschen, die zu blöd sind, um ihr Handy zu konfigurieren und zu unsozial, um sich für ihre Lärmbelästigung zu schämen.

  4. Wahlberliner

    Also ich muss schon sagen, dass ich bei der Kommunikation per Handy-Messenger (NICHT: Whatsapp – sondern Jabber oder TextSecure, weil sicherererer) auch gerne einen möglichst kurzen, möglichst unaufdringlichen Benachrichtigungston habe, weil ich eben *nicht* dauernd das Handy dabei in der Hand habe, und deshalb immer ein Feedback brauche, wenn eine Antwort eingetroffen ist. Aber das ist wie gesagt ein kurzes „badum“ oder „pling“, und nicht irgendein widerliches Samsung-Gepfeife, oder irgendwas längeres, was nerven könnte.

    Lustig aber auch, dass hier niemand von den Kommentaren bisher der Aufforderung gefolgt ist, „seine“ Musik hier rein zu posten. Ich weiß jetzt nicht, ob ich mit „Die Antwoord“ hier anfangen soll (und eine wirkliche Botschaft haben die auch nicht so richtig, aber dafür kommen sie aus Südafrika, das heißt, die dürfen das, bzw. haben genügend andere Sorgen) 😉

  5. @ Wahlberliner

    Wenn ich mit „meiner Musik“ anfangen würde, beschweren sich dann Leute über Sehnenscheidenentzündung vom vielen Scrollen.
    Das könnte nämlich etwas länger werden.
    Im Sinne der Gesundheit der Bloglesenden lasse ich das also vorerst.

  6. Jens

    @Wahlberliner: Benachrichtigungstöne find ich okay – selbst ans Samsung-Pfeifen hab‘ ich mich gewöhnt. Nervig ist es, wenn jeder Tastendruck (bzw. deren Touchscreen-Äquivalent) mit einem Bestätigungston quittiert wird – vor allem bei Dauer-Simsern.

    Das ist aber tatsächlich besser geworden; kommt meiner Erfahrung nach längst nicht mehr so oft vor wie vor einigen Jahren. Geht den meisten Kiddies wohl auch auf die Nerven, und sie wissen – anders als die erwähnten älteren Mitbürger – wohl auch, wo man’s abstellt.

  7. Wahlberliner

    @Jens: Oh, wow – Tastentöne. Gibts die bei Touchscreen-Handys überhaupt noch? Die hab ich glaube ich bei meinem zweiten Handy bereits standardmäßig ausgeschaltet, wenn nicht gar beim ersten. Das war dann so Mitte/Ende der 90er. Vorher, bei Festeinbau-Autotelefonen mit „Bedienhörer“ oder noch davor mit separater Bedieneinheit, für die irgendwo ein DIN-Schacht in anderthalbfacher Höhe (IIRC) gefunden werden musste, da war es Standard, dass die an waren. Aber, da gab es dieses Zeug auch nur sehr selten…

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