Übers Trash-TV wird viel und auch viel böses geschrieben. Und das hat auch meist seine Berechtigung. Was ich allerdings viel erschreckender finde, das ist die viel viel schlimmere Trashkatastrophe, die weitgehend unbemerkt vonstatten geht, nämlich die Regenbogenpresse. Und damit meine ich nicht die Bild, obwohl ich die nach wie vor verachtenswert finde. Aber das perfide an der Bild, nämlich dass sie eine politische Agenda hat und stellenweise einfach nur boshaft agiert, macht sie wenigstens nachvollziehbar. Die Zeitungen, die ich meine, „Freizeit Irgendwas“ und co., sind jedoch auf eine vollkommen andere Art strunzdumm. Sie sind vielleicht weitgehend ungefährlich – aber die mit Abstand sinnbefreitesten Produkte, die irgendwie gerade noch der Zivilisation zuzuordnen sind.
Dabei ist es mir im Gegensatz zu früher inzwischen ziemlich egal, dass sie belanglose Geschichten aus der Welt der Promis berichten. Ich bin kein Freund von Gossip, aber ja, ich kann schon verstehen, dass das Leute interessiert. Wenn ich über meinen Alltag schreiben kann und Leser dafür finde, dann ist es ja klar, dass die Hochzeiten des Hochadels irgendwie ein Publikum haben. Was mich so anwidert, ist die vollkommene Sinnlosigkeit des Ganzen: Dass die Stories, die sie bringen, meist schlicht nicht existieren, dass die Schreiber selbst wenn sie Sachen erfinden, das auch noch auf unkreative Art tun. Dass die Leser diese „Zeitungen“ einfach nur lesen ohne den Inhalt wahrzunehmen und dass sich das ganze Geschäftsfeld offenbar völlig außerhalb jeder Kontrolle befindet.
Ich weiß nicht, wie ich das angemessen rüberbringen soll: Ich bin ja für Emotionalität im Journalismus und ich finde es voll ok, dass man sich einfach mal nur zur Unterhaltung irgendein Medium reinzieht, mal abschaltet. Was ich an der Regenbogenpresse nicht verstehe, ist: Wieso sollte man zur Unterhaltung unwahre Geschichten über echte Menschen lesen, die vorgeben, wahr zu sein? Wieso sollte man sich falsche Stories über den Gesundheitszustand von Michael Schumacher reinziehen, anstatt entweder eine fiktive Geschichte über einen Menschen mit einem Schicksalsschlag oder eine tatsächlich recherchierte Doku über Michael Schumacher? Ich verstehe nicht einmal, wieso man sowas schreiben sollte.
Hinzu kommt ja, dass diese Zeitungen meist bündelweise gekauft werden und die offensichtlichen Widersprüche jedem Leser auffallen sollten – bisweilen widersprechen sich die einzelnen Zeitungen ja schon auf der Titelseite. Wieso streiten wir über die genaue Definition des Hirntods, wenn hunderttausende Menschen hierzulande absichtlich Lügen lesen wollen, aber in keiner der zur Diskussion stehenden Definitionen eine Rolle spielen? Oder was unterscheidet diese „Zeitungen“ von Drogen, mal ganz ehrlich?
Und auch wenn ich weiter oben „weitgehend ungefährlich“ geschrieben habe: Ohne Opfer kommt diese Form des „Journalismus“ ja auch nicht aus. Die vielen Promis müssen zum einen mit den ganzen Paparazzi leben, nur um dann zum anderen das Foto, wo man lächelnd mit einem Freund im Urlaub ist, zwei Jahre später irgendwo abgedruckt zu sehen, wo gefragt wird, wieso man seinen Partner gerade jetzt betrügt, wo er doch gerade Krebs diagnostiziert bekommen hat. Ist das nicht im Grunde die Definition davon, Menschen möglichst maximalen Schaden zuzufügen, ohne sie körperlich anzugreifen?
Es gibt eine Menge Dinge da draußen, die ich nicht mag. Die Sache mit der Regenbogenpresse aber finde ich nicht nur eklig, ich verstehe sie auch einfach nicht.
PS: Ich danke topfvollgold.de fürs wackere Protokollieren der ganzen Scheiße. Irgendwer musste mal damit anfangen.