Monthly Archives: September 2012

Dramen im Kleinen

„…dann hab ich die beiden gesehen: In IHREM Schlafsack. Bin ich rausgerannt, musste ich heulen. Ich war SOOOO fertig! Dann kommt die und will mich beruhigen, hat aber nicht geklappt. Mir ging es halt echt voll Scheiße, ich hab sie halt voll angeschnauzt und dann den Rest der Nacht geheult. Das ist echt so eine blöde Zicke, ey!“

Meine Aufmerksamkeit hatte das geschätzt 10-jährige Mädel umgehend nach meinem Einstieg in die Straßenbahn. Während sie ihrer vermutlich allerbesten Freundin gegenüber etwas vormonologisierte, verzweifelte ich ein wenig ob der Tatsache, nichts zu schreiben dabei zu haben – wobei einige meiner Twitter-Follower schnell mit Hilfsvorschlägen kamen. Danke! 🙂

„Und dann … und dann … dann bin ich auch noch in jemand anders verliebt!“

Der Satz hätte mir fast das Herz gebrochen. Da steckte so viel Drama und gleichzeitig kindliche Naivität drin, dass ich es kaum mehr fassen konnte. Alleine schon, weil ich das kenne. Verliebtsein in der späten Kindheit und der frühen Jugend ist so etwas wunderbares, das muss man sich nicht zwingend für eine Person aufheben. Im Zweifelsfall funktioniert es wenigstens parallel mit der scharfen Klassenkameradin und der Lieblingsschauspielerin!

Nun, die kleine Heldin, die die gesamte Straßenbahn mit ihren amourösen Abenteuern unterhielt, war natürlich erst am Anfang ihrer Geschichte:

„Der, der ist auch vom Sommercamp. Weißt Du, der saß, wir saßen da so im Bus, er so neben mir und dann hab ich gefragt, ob ich mich an ihn anlehnen darf. Hat er ja gesagt. Der hat dann ja auch geschlafen. Also ich saß erst so und hab meinen Kopf hier so und dann hab ich mich aber so hingesetzt und hab jetzt hier mit meinem Kopf und während er geschlafen hat, ist sein Kopf dann so zu mir rübergekippt – das fand ich ja soooo NIEDLICH!!!“

Ich kann nur hoffen, dass bei euch Lesern da auch die Erinnerungen hochkommen. Ich hatte jedenfalls ein paar Gesichter vor Augen …

„Und ich hatte ja eh das Bild für ihn gemalt und dann hab ich gefragt, ob ich ihm noch eins geben könnte, also noch ein Bild. Hat er ja gesagt und ich steck ihm so das Bild in seine Tasche, aber das war eigentlich meine Adresse. Also als Bild meine Adresse, das ist so COOL!“

Doch – o weh! – auch in diesem Alter liegen Glück und Leid eng beieinander:

„Und jetzt mal sehen, ob der mich … SCHEISSE! Was ist, wenn der mich jetzt anruft, wo mein Handy AUS ist?“

Hach. Verliebt zu sein ist wahrscheinlich einer der besten Gefühlszustände, der je erfunden wurde. Aber manchmal bin ich sogar regelrecht froh, diese ständigen Adrenalinschübe vom Bangen* und Hoffen eingetauscht zu haben gegen Vertrauen, bedingungslose Hilfe, gegenseitiges Kennen. Es hat beides enorm viel für sich und das wirkliche Drama – unabhängig vom Alter – ist wohl, dass es das beides niemals wirklich zusammen geben wird.

*So, und wer das jetzt englisch ausgesprochen gelesen hat, muss wenigstens einen „Asche über mein Haupt“-Kommentar abgeben.

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Rennfahrer-Psychologe

Das Internet: Undendliche Weiten …

Es ist schon irgendwie wie mit dem Weltraum. Selbst wenn wir die interstellare Raumfahrt entwickelt hätten, würden wir wahrscheinlich stets an den Sternen und den ihnen zugehörigen Planeten vorbeirauschen, die wirklich interessant sind. Ebenso warten im Netz sicher haufenweise verdammt spannende Seiten, wenn man selbst unterwegs ist, findet man indes meist Datenmüll.

Neben all den von mir hobbymäßig verfolgten Idiotenseiten zocke ich auch gelegentlich mal online. Nein, nicht World of Warcraft, Minecraft und all die anderen hippen Spiele! Als Taxifahrer und Freund des guten alten Rennspiels bin ich hauptsächlich noch bei Trackmania online unterwegs. Inzwischen habe ich sogar TM 2 – Canyon erworben.

Und weil ich mich da auf Servern zum Zocken und nicht zum Schreiben herumtreibe, nervt mich die Chat-Funktion meistens. Man kämpft um neue Bestzeiten und irgendein Idiot will mal wieder nicht verstehen, weswegen man in der begrenzten Zeit nicht unbedingt auf sein in die Runde geworfenes „Hi @all“ antwortet.

Schlimmer aber: Auch in so begrenzten „Foren“ gibt es Trolls. Als ich vor einer halben Stunde ein wenig am Zocken war, nervte ein Penner aus Österreich damit, dass er ständig behauptete, die Strecken seien alle Scheiße und wir sollten doch auf seinen Server wechseln. Lame, keine Frage.

Nach der zigtausendfachsten Erwähnung hab ich ihm einfach mal gesagt, er solle sich verziehen und uns nicht nerven. Zu Recht, wie ich finde. Das Seltsame war der Dialog daraufhin. Zunächst beschimpfte er mich folgenlos, dann schrieb er den traurigen Satz:

„Du bist bei mir eh nicht erwünscht. Auf meinem Server nur Freunde!“

Fidel und angriffslustig wie ich war, hab ich einfach gefragt:

„Ach so? Und nur, weil Du keine Freunde hast, nervst Du uns jetzt? Echt, ey …“

Dieser Satz – den ich für relativ kontraproduktiv und provokant gehalten habe, scheint der Schlüssel zum Herzen dieses weinerlichen Schluchtenscheißers gewesen zu sein. Denn während ich versuchte, mit den restlichen Spielern halbwegs mitzuhalten, übergoss sich der arme Tropf mit Selbstmitleid und schilderte Beziehungsprobleme, äußerte seine Angst, dass er im Alter keine Frau mehr findet, und und und …

Dass man als Taxifahrer oft auch unfreiwillig Psychologe ist – ok! Hab ich akzeptiert. Und immerhin sind unsere Stundenpreise verglichen mit der Kompetenz auch halbwegs fair. Aber muss das jetzt echt auch auf Autorennspiele übergreifen?

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