An den Mittagsschlaf

Mittagsschlaf war als Kind schon scheiße. Ich kann zwar die Erleichterung von Eltern, Erziehern und Betreuern nachvollziehen, die ein Kind auch während der produktiven Tagstunden mal ins Bett gerzerrt bekommen – allein für den Einzuschlafenden ist es stets total bekloppt. Denn ob mit oder ohne Ansage: Der Mittagsschlaf kommt immer zur ungünstigsten Zeit.

Ob man zu Hause gerade plant, einen Wolkenkratzer aus Lego zu errichten, im Kindergarten vom Sandkasten aus das Gemüsebeet untertunneln will oder im Waldheim überlegt, dass man von der dicken Eiche relativ leicht aufs Hausdach gelangen müsste – in genau diesem Moment kommt irgendjemand an und zwingt einen, im langweiligen Bett rumzuliegen.

Ist man erwachsen und halbwegs selbständig, entfällt der unmittelbare Zwang meist. Im Gegenteil: Da wird ein kurzes Nickerchen am ein oder anderen stressigen Tag sogar zu einer willkommenen Entspannung, ja einer verheißungsvollen Abwechslung. Und wenn man sich keine Auszeit leisten kann, dann kann man sich je nach Vorliebe mit Kaffee, Cola oder Koks bei Laune halten.

Hüpft man jedoch todmüde und niedergeschlagen ins Bettchen, nachdem man sich die Zeit mühsam freigeschaufelt hat, dann ist der Mittagsschlaf zu Erwachsenen genauso scheiße wie zu Kindern, weil er sich nicht erzwingen lässt. Als Kind hat man schmollend über die Konstrukion des Lego-Turms nachgedacht und ich liege heute mit 30 Jahren unter meiner Decke und wäre froh, wenn ich an Lego denken könnte. Stattdessen nutzen Worte und Formulierungen die hereinbrechende Stille, um meinen Kopf zu umkreisen und Blogeinträge und Buchkapitel prügeln auf sich ein, weil jedes als erstes geschrieben werden will. Am Ende dieses ganzen Taras steht meist nicht der gewünschte erholsame Schlaf, sondern der Wecker und sein Klingeln klingt wie das „Sind sie frei?“ eines besonders ironischen Fahrgastes. Und – zack! – steht man wieder mitten im Leben. Beziehungsweise liegt, denn nichts liegt einem ferner, als in diesem Zustand aufzustehen.

Normalerweise überbrücke ich die folgende halbe Stunde damit, mich zu ärgern, die Zeit sinnlos vergeudet zu haben und mürrisch aufzuarbeiten, was mir alles entgangen ist. Heute nutze ich die Zeit lieber, mir dieses Gefühl von der Seele zu schreiben. Nimm dies, Mittagsschlaf: Du bist scheiße!

5 Comments

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5 Responses to An den Mittagsschlaf

  1. Anna

    hihi mein großer schläft, das ist auf jedenfall das beste nach einer nachtschicht. MIttgasschlaf du bist ein guter!!

  2. @Anna:
    Ich habe schon eine Vermutung, wie schön das ist … 🙂

  3. Meine Kinder heilten heute leider nichts vom Mittagsschlaf:(

  4. @PHP lernen:
    Wie im Artikel beschrieben: Aus Sicht der Kinder kann ich es verstehen 😉

  5. MonikaZH

    Mittagsschlaf ist grossartig. Also für Erwachsene. Gibt nix Besseres als sich für ’ne halbe oder ganze Stunde hinlegen zu dürfen. – Leider sehen das nordeuropäische Arbeitgeber so gar nicht vor…

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