Die erste schlechte Rezension

Heute kam sie dann. Die erste schlechte Rezension zu meinem Buch bei Amazon. Die vierte Rezension dort und die vielleicht fünfzehnte all in all, wenn man die Presseberichte mitzählt. Es ist sicher ein schwieriger Balanceakt, darüber jetzt zu bloggen, weil es vielleicht den Eindruck vermittelt, ich messe einer für mich unschönen Meldung so viel Bedeutung bei. Das tue ich gar nicht – deswegen der Post auch hier im privaten und nicht im großen Blog drüben – aber dieses „Wie gehst Du mit Kritik um?“ ist ja immer schon eine interessante Frage an Menschen gewesen, die irgendwie in der Öffentlichkeit stehen und mit Kritik konfrontiert werden, das interessiert halt. Heute vielleicht nicht mehr ganz so viel, weil jeder mit einem Facebook-Account mal angepöbelt wird – aber für Journalisten ist das immer noch eine Top-Frage. Beziehungsweise Fragen, denn eigentlich sind es zwei Aspekte:

1. Interessiert mich das?

2. Was sage ich zu den „Vorwürfen“?

Letzteres ist natürlich nur interessant, wenn tatsächlich irgendwas substanzielles gesagt wird. Und da hab ich Glück, denn „XUnscarredX“ war so gesehen recht fair. Er fand das Buch halt langweilig, hatte sich mehr erhofft und entschuldigte sich abschließend sogar bei mir persönlich. Dafür kann man sich doch fast schon bedanken. Und seinen Seitenhieb, ihm würde sogar jetzt bei der Rezension langweilig, fand ich eigentlich sogar ganz amüsant. 😉

Interessiert mich das?

Ja. Im positiven wie im negativen Sinne. Im negativen Sinn kann ich Kritik nicht gut ausblenden. Nicht dass mir jeder Troll auf die Füße treten kann mit hirnlosem Gesabbel – aber Kritik in ihrer ehrlichen Form interessiert mich einfach. Ich bin’s als Blogger gewohnt, direktes Feedback zu bekommen und das bekomme ich eben auch von Leuten, die nicht meiner Meinung sind. Und andere Meinungen – da kommt der positive Teil – können ja auch dabei helfen, tatsächliche Fehler zu erkennen. Natürlich wünschte ich mir nur Positives, aber ich lebe nicht im Teletubbieland. Kein Buch auf der Welt gefällt allen und was bedeutet ein Stern schon bei jemandem, der nur einen oder fünfe vergibt?

Was sage ich dazu?

Kurz gesagt: Dumm gelaufen, aber da kann ich jetzt auch nix machen …

Tatsächlich ist die große Frage, ob die Geschichten, die ich erzähle, nicht eigentlich zu langweilig sind, immer wieder mal zu Gast in meinem Kopf. Ich erzähle halt „nur“ Alltagsgeschichten. Ich könnte mir bessere ausdenken, aber das hab ich in dem Buch halt nicht getan. Vor Jahren hab ich im Radio schon gesagt, dass sich Taxigeschichten in aller Regel darauf beschränken, was Fahrgäste tun oder sagen. Natürlich kann man sich da jetzt mehr Sex, mehr Crime oder mehr Promis vorstellen, aber in meiner Welt ist ein junger Mann, der seinen Penis mit Godzilla vergleicht, eigentlich immer für einen Lacher gut gewesen. Aber klar, für manche Menschen sind reine Erzählungen z.B. per se langweilig, die hätten lieber mehr Action. Und mit „Taxi Taxi“ hält die Berliner Nachtschicht dann halt vielleicht doch nicht ganz mit. So gesehen: Sorry, lieber XUnscarredX …

Kleiner Nachtrag:

Um genau sowas zu vermeiden, versuche ich immer irgendwie zu relativieren. Nicht, weil ich allen gefallen will, sondern weil ich nicht möchte, dass die Leute sich von einer Überschrift falsche Versprechungen machen. Natürlich sind Klappentexte wie Filmtrailer immer ein Best-of und natürlich berichten die Zeitungen lieber über Sex und Drogen als über Hans Baecker. In der Werbung den Spagat zu finden zwischen „Nicht alle erreichen, die es gut finden könnten“ und „Mehr Leute erreichen als es eigentlich interessiert“ ist nicht einfach. Und ich als Autor bin da eh nur eines der Rädchen im System. Ich sage auch immer allen Journalisten, dass ich die Fahrten besonders zu schätzen weiß, bei denen ich am Ende einfach irgendwie helfen konnte. Sucht den Satz mal in den Interviews …

Aber mal zurück zum Thema. Wenn ich eines offenbar ganz gut hinbekommen habe in den letzten Jahren, dann mit Kritik für mich selbst umzugehen. Das ist nicht automatisch passiert, das war wie so oft ein langer Prozess, auch einer mit vielen Diskussionen übrigens. Gerade weil man ja auch immer zwischen Trollen und ernsthafter Kritik unterscheiden muss. XUnscarredX werte ich nicht als Troll und wenn ich was aus seiner Rezension mitnehme, dann, dass es nicht falsch ist, sich Gedanken darüber zu machen, wen man wie erreicht, um Enttäuschungen zu vermeiden. Andererseits werde ich vermutlich trotzdem auch weiterhin Interviews freigeben, die mir stilistisch vielleicht nicht ganz gefallen, weil ich hoffe, damit deutlich mehr neue interessierte Leser zu gewinnen als fehlgeleitete zu enttäuschen. Es ist halt nicht alles ganz so einfach.

Und am Ende dann trotzdem noch ein kleiner Rant:

Wie „und kommt dabei nicht mal sympathisch rüber“? Sympathisch kostet mindestens zwei Euro extra! 😉

11 Comments

Filed under Haushalt, Medien, Vermischtes

11 Responses to Die erste schlechte Rezension

  1. elder taxidriver

    Herzlichen Glückwunsch:

    So Rezensionen, die Dein Buch mit Thrillern oder sonstwas vergleichen wie die hier angesprochene, hat selbst Lewis Carroll für sein ‚Alice im Wunderland‘ bei Amazon bekommen.
    Oder die Bibel: ‚ zu viele Namen‘..
    Die ‚Substanz‘, solcher Rezensionen zeigt sich dann immer an dem Hinweis, dass das Buch jetzt auf’m Klo liegt. Mehr fällt so Leuten nicht ein.

    Es war weniger eine Rezension, mehr so das , was man bei Babys als Bäuerchen bezeichnet.

    (Bei Dussmann lagen am Samstag auf dem Berlin-Tisch nur noch zwei Exemplare.)

  2. Tobias

    Das Buch auf der Toilette… Eine bessere Kritik gibt es doch fast gar nicht. Auf der Toilette liegen Bücher, die man jeden Tag in die Hand nehmen möchte, Bücher, die kurze Geschichten erzählen, die man auch in einer kurzen Sitzung gut lesen kann. Bücher, die man nicht nur selbst liest, sondern auch all seinen Gästen empfiehlt. Wenn ein Buch bei mir auf der Toilette liegt, dann ist es ein wirklich gutes.
    Fette Romane die keinen interessieren landen irgendwo hinten im Bücherregal, wo sie beeindruckend aussehen und wo sie niemand anfassen oder lesen muss. Aber gute Bücher will ich jedem in die Hand drücken. Das ist wie eine Leseprobe, wie ein Kinotrailer.
    Ich finde das Buch toll, gerade weil es keine große langatmige Geschichte ist sondern sich liest wie ein geiler Abend mit einer interessanten Person in einer gemütlichen Kneipe.

  3. @elder taxidriver:
    Oh, danke für die Info mit Dussmann. Sowas ist immer gut zu hören. 🙂

    @Tobias:
    Daran hab ich ehrlicherweise auch gedacht, aber man muss schon realistisch sehen, dass es so eben nicht gemeint war.

  4. Mic ha

    Ich finde es verdächtig, dass er nur irgendwo „ein kurzes Interview“ von dir gelesen haben mag und dich dann zum Ende hin persönlich anspricht, also davon ausgeht und gehen kann, dass du es liest und es eventuell im Block, bei Twitter oder sonstwo besprichst.
    Ich denke, dass er dich kennt und mindestens mal in deinem Blog unterwegs war. Da sich die Kritik auch ausschließlich mit einem Hauptvorwurf („langweilig“) deckt, der auch schon im GNIT-Blog auftauchte, denke ich, da will dich einer trollen. Bzw. fährt jemand eine Agenda und hat sich das Übliche rausgepickt.
    P.S: „Kurze Sitzung“ ist wie lange, so im Durchschnitt?

  5. @Mic ha:
    Was ist daran verdächtig? Ich hab in den letzten Wochen Interviews bei Zeitungen gehabt, die hunderttausend Leute mehr erreichen als meine Blogs. Die nach dem Buchkauf auch mal anzusehen, bzw. davon auszugehen, dass ich als Blogger das Netz im Blick hab – oder: einfach aus eigener Gewohnheit davon auszugehen – scheint mir wirklich nicht weit hergeholt zu sein. Also ich würde es ähnlich handhaben.

  6. Mic ha

    Ok, du hast Recht. Das persönliche Anschreiben macht er oder sie auch bei anderen Rezensionen. Ist vielleicht so ein typisches Metalhead-Ding 😉

  7. Markus Decker

    Hallo. Der Blog ist wirklich ganz große Klasse. Das Layout gefällt mir gut, die Farben kombinieren gut miteinander, sodass alles gut leserlich ist und auch die einzelnen Posts sind toll geschrieben und immer sehr informativ und interessant. Vielen Dank für diese tolle Unterhaltung mit deinen Posts und alles Gute für die Zukunft. Gruß

  8. @Mic ha:
    Ich würde das nicht unter einem Label laufen lassen, sondern unter „Persönliche Eigenheiten“. 🙂

    @Markus Decker:
    Ich mag Lob natürlich sehr, aber da das alles so nach Barnum klingt, entferne ich jetzt erst einmal den Link auf deine Website, um sicherzugehen, dass es ins Leere läuft, falls es Spam ist …

  9. Marco

    @Sash: Über den Handel hab ich jetzt auch den Barnum-Effekt kennengelernt. Das Phänomen habe ich zwar selbst schon beobachtet, habe aber gerade erst von der wissenschaftlichen Forschung darüber erfahren 🙂

  10. Einer

    Hallo Sash,
    ich finde es gut wie du darüber schreibst, und dass du nichts dazu erfindest. Ich selber würde den Blog wenn er in Buchform ist denke ich auch langweilig finden (wegduck)- deshalb lese ich so Sachen eben auch lieber online als im Buch, da würde mir denke ich irgendwie ein Spannungsbogen fehlen.
    Das hier manche Leser den „Rezensenten“ runter machen finde ich schade- letztlich sagt er ja nur „meins ist es nicht“. Ist doch vollkommen legitim.
    Peinlich finde ich nur den letzten Satz „das kommt die Buch schon relativ nahe“. Ich würde einfach nicht zu viel drauf geben- muss ja nicht alles jedem gefallen 😉
    BTW: cooler blog

  11. @Einer:
    Naja, ich versuche halt, fair zu bleiben. Und wem von uns hat es nicht mal in den Fingern gejuckt, so eine Rezension über ein Buch zu schreiben, das uns unnötig und albern vorkam. Das freut einen als Autor nicht, aber ich bin ja ebenso Leser.
    Deinen Einwand mit dem Spannungsbogen fand ich verständlich, aber andererseits gibt es auch sehr unterhaltsame Kurzgeschichtensammlungen. Oder gar Romane (gerade autobiografische, siehe z.B. Maximilian Buddenbohm), die ohne großen Spannungsbogen nur durch kleine Ausschnitte der Geschichte sehr interessant sind. Aber wie Du auch gesagt hast: Es muss nicht jedem alles gefallen. Und ich schätze Blog- wie Buchleser gleichermaßen. So lange es gefällt, was ich schreibe, ist eines der Top-Ziele schon mal erreicht. 🙂

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