Krankschreibungen sind ja was hochmysteriöses. Zumindest bei meinem Arzt. In irgendeiner Weise muss die Dauer derselben mit dem Blutdruck zusammenhängen – so wie alles bei ihm – aber über eine äußerst komplexe Formel. Denn mein Blutdruck heute war spitze. Überraschenderweise. Aber gut, bringt das Abnehmen wohl was. Ansonsten bin ich halt erkältet, mit leichten Zusatzeinschränkungen durchs Asthma. Scheinbar aber nicht so wild. Er hat mir zwar Tabletten aufgeschrieben, aber trotz der niedrigen Dosierung gemeint, ich solle vorerst nur eine halbe pro Tag nehmen.
Und dann kamen wir zum heiligen Gral. Für die meisten Arbeitnehmer ist der „gelbe Schein“ ja das Luxusdokument schlechthin. Auskurieren, Freizeit, dazu trotzdem Knete beziehen. Insbesondere wenn man den Chef nicht mag also etwas, das gerne so lange wie möglich gelten darf.
Das ist bei mir halt anders. Ich krieg zwar auch Krankengeld, aber das ist pro Tag niedrig, weil ich offiziell Vollzeit arbeite, inoffiziell aber nicht. Und wenn man meinen Umsatz auf 6 Tage die Woche umrechnet kommt da pro Tag was fies niedriges raus, das Krankengeld beträgt selten mehr als 30 €. Außerdem geht mir ja das Trinkgeld flöten. Das taucht nirgends auf, macht aber schnell mal 20% des Einkommens aus. Will heißen: Sobald ich wieder arbeiten kann, tue ich das auch.
Mein Arzt versteht mein Arbeitsverhältnis nicht. Er glaubt auch immer noch, dass der Berliner Verkehr an meinem Blutdruck schuld ist. Und so begann er das Gespräch zur Krankschreibung wie folgt:
„Jetzt müssen wir dann feilschen.“
„Hä?“
„Der gelbe Schein …“
„Ach so … was würden Sie denn sagen?“
„Naja, wir haben heute …, also der April ist schon mal …, dann vielleicht der 7. Mai?“
BITTE WAS?
Wir haben dann wirklich gefeilscht. Mitte nächster Woche. Aber im Vertrauen: Ich persönlich spekuliere auf diesen Freitag, was die Wiederaufnahme der Arbeit angeht.
Für andere Arbeitnehmer ist mein Arzt sicher so eine Art Gottheit.
