Ach, was hätte das für eine angenehme Nacht werden können gestern: Ein bisschen Fußballsehen, ein bisschen Taxifahren und ein bisschen Schreiben. Das mit dem Fußball hat sogar halbwegs geklappt, ansonsten musste ich einsehen, dass ein eklatanter Mangel an etwas nicht ganz unwichtigem mich von den meisten Dingen, sogar vom Schlafen, abhielt: Luft.
Asthma ist eine blöde Geschichte, allerdings neige ich da auch nicht zu Überdramatisierungen. Ich selbst hab ein eigentlich eher leichtes Belastungsasthma – und das seit zig Jahren. Vor meinem Umzug wusste ich nichtmal, dass es Asthma ist, hätte nie über Medikamente nachgedacht und mir gedacht:
„Ach, wirklich Kondition hatteste ja nie …“
War eine super Sache, festzustellen, dass man in akuten Fällen mit so einem blöden kleinen Spray tatsächlich sofort wieder Luft hat. Hat mich ehrlich fasziniert und es trägt sicher dazu bei, dass ich der Medizin alles in allem mit einer gewissen Bewunderung gegenüberstehe. Dummerweise hat alles Grenzen und meine hab ich gestern erreicht. Ich hab zwar mein Medikament gehabt, allerdings verschleppe ich gerade zusätzlich zum Asthma auch noch eine Bronchitis. Und wer ein wenig Ahnung vom Thema hat, wird feststellen, dass das eine ultrafiese Kombination ist, selbst wenn die Einzelzutaten nicht sonderlich wild sind. Da selbst ich mich im Grunde noch als fit und gesund bezeichne, hat es mich auch runtergezogen wie sonstnochwas, nicht mehr atmen zu können. Irgendwo lauert da so eine archaische Erstickungstod-Panik und die hat mich gestern nach jedem zweiten Husten (und man bedenke nochmal: Husten während einer Bronchitis!) erwischt. Das Spray half bald nicht mehr und war letztlich fast alle. Super, so um 0 Uhr! So hab ich die Nacht mit einer Unterbrechung in der Rettungsstelle des UKB verbracht. War natürlich währenddessen alles andere als lustig, im Nachhinein betrachtet aber ok.
Natürlich hat das alles Stunden an Zeit gekostet, die ich lieber hier und da und vor allem woanders verbracht hätte, aber ich möchte an dieser Stelle das Unfallkrankenhaus auch loben: Sehr entspannte Atmosphäre, nettes und kompetentes Personal und nicht zuletzt haben die ja einen Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach. Ich mein‘ ja nur!
Das erste Mal seit 15 Jahren hat man mir nicht ziellos im Arm rumgestochert, sondern auf Anhieb eine Ader für den Zugang gefunden. Das erste Mal hatte ich einen Arzt, der jünger war als ich, dem ich aber voll vertraut hab und der zudem sympathisch und witzig war. Dass man – während das Personal die anderen Patienten versorgt – außerhalb akuter Gefahr auch mal ein Weilchen rumliegt, kann ich akzeptieren. Sollte es ein nächstes Mal geben, denke ich an mehr Lektüre, ansonsten hat das gepasst und ich bin letzten Endes da rausgelaufen mit einem Haufen guter Ideen, brauchbarer Medikamente und meinen Facharzt-Termin in 2 Wochen könnte ich nach dieser Nacht bedenkenlos absagen, die haben wirklich alles gemacht, was irgendwie noch sinnvoll und schon möglich war.
Abgesehen von dem Moment, in dem mir bewusst wurde, dass ich wieder durchatmen kann (der sich anderthalb Minuten nach Behandlungsbeginn eingestellt hatte), war das sicherlich lustigste der Arzt, der mit schreckverzerrtem Gesicht in den Warteraum stürmte, bis er erkannte, dass das Japsen nach Luft weder von mir noch von einem anderen Patienten stammte, sondern von irgendeiner heulenden Trine im Spätabendprogramm, das der Fernseher wiedergab. Wachsam sind ’se also auch! 🙂
Der Ruhe wegen gibt es hier jetzt aber leider auch keine Zitate wie 2008 in Kreuzberg.
Gemeckert wird immer viel und ich tue das auch gerne. Ich könnte das Hämatom in der Armbeuge jetzt zur Körperverletzung hochstilisieren, wegen ein bisschen Rumliegen in einem leeren Raum an einem Inhalator auf die böse „Apparate-Medizin“ schimpfen oder mich aufregen, dass die Frau in der Röntgenabteilung zweifelsohne nahtlos von der NVA über einen Metzger zum UKB gewechselt hat. Aber das fände ich unfair, denn ich weiß die Arbeit der Leute dort sehr zu schätzen. Und ich möchte statt der nervigen Dinge lieber den Arzt nicht vergessen, mit dem ich auf dem Flur noch rumgescherzt hab, dass man um 7 Uhr Morgens auch als Nachtarbeiter mal müde wird und heim möchte und er das sicher irgendwoher kennt. Oder eine der letzten Begegnungen: eine Schwester kam mit den Unterlagen für meinen Hausarzt und wollte mir noch Medikamente mitgeben:
„Und dann hab ich hier noch … oh, Scheißendreck!“
Daraufhin verschwand sie wortlos und kam drei Minuten später mit der richtigen Packung wieder. Passiert. Und hier wie überall: Die Nachtschicht ist die coolere! „Gerne wieder“ wäre natürlich trotzdem ein unehrlicher Abschluss.
Die Luft fürs Schreiben dieses Blogeintrags wurde ihnen präsentiert vom Unfallkrankenhaus Berlin.
PS: Bitte keinen Aufstand jetzt! Ich lebe, ich atme und ich trinke sogar immer noch Cola. 🙂