Monthly Archives: Juni 2012

Noch nicht immun

Ich bewege mich ja mit meinen Blogs inzwischen durchaus im kommerziellen Bereich. Ich schalte Werbung und streue auch mal ein paar Ref-Links ein. Das ist kommerziell, keine Frage. Andererseits bin ich immer noch fest davon überzeugt, dass das himmelschreiend blöd wäre, würde ich nicht trotzdem hauptsächlich gute, interessante oder witzige Sachen schreiben. Denn in erster Linie schreibe ich für mich als Beschäftigung und für euch Leser zur Unterhaltung. Und daran wird sich hoffentlich nie was ändern und ich bin da auch guter Dinge. Denn jedes einzelne Mal, wenn ich Anfragen kriege, rollen sich mir die Zehennägel hoch:

„[…] und möchte mich mit dieser E-Mail erkundigen, ob Ihr Portal sashs-blog.de Werbemöglichkeiten wie Linkeinbuchungen ermöglicht.“

Schon alleine, dass mein Blog als Portal bezeichnet wird – oder oft auch als „Forum“ – weckt in mir den Drang, einmal längs über die Tastatur zu kotzen. Die Verteidigungsreflexe gegen allzu blöd inhaltsleere Werbeblogs sitzen also noch da, wo sie sein sollten! 🙂

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[Irgendwas dramatisches|Witz mit Luft]

Ach, was hätte das für eine angenehme Nacht werden können gestern: Ein bisschen Fußballsehen, ein bisschen Taxifahren und ein bisschen Schreiben. Das mit dem Fußball hat sogar halbwegs geklappt, ansonsten musste ich einsehen, dass ein eklatanter Mangel an etwas nicht ganz unwichtigem mich von den meisten Dingen, sogar vom Schlafen, abhielt: Luft.

Asthma ist eine blöde Geschichte, allerdings neige ich da auch nicht zu Überdramatisierungen. Ich selbst hab ein eigentlich eher leichtes Belastungsasthma – und das seit zig Jahren. Vor meinem Umzug wusste ich nichtmal, dass es Asthma ist, hätte nie über Medikamente nachgedacht und mir gedacht:

„Ach, wirklich Kondition hatteste ja nie …“

War eine super Sache, festzustellen, dass man in akuten Fällen mit so einem blöden kleinen Spray  tatsächlich sofort wieder Luft hat. Hat mich ehrlich fasziniert und es trägt sicher dazu bei, dass ich der Medizin alles in allem mit einer gewissen Bewunderung gegenüberstehe. Dummerweise hat alles Grenzen und meine hab ich gestern erreicht. Ich hab zwar mein Medikament gehabt, allerdings verschleppe ich gerade zusätzlich zum Asthma auch noch eine Bronchitis. Und wer ein wenig Ahnung vom Thema hat, wird feststellen, dass das eine ultrafiese Kombination ist, selbst wenn die Einzelzutaten nicht sonderlich wild sind. Da selbst ich mich im Grunde noch als fit und gesund bezeichne, hat es mich auch runtergezogen wie sonstnochwas, nicht mehr atmen zu können. Irgendwo lauert da so eine archaische Erstickungstod-Panik und die hat mich gestern nach jedem zweiten Husten (und man bedenke nochmal: Husten während einer Bronchitis!) erwischt. Das Spray half bald nicht mehr und war letztlich fast alle. Super, so um 0 Uhr! So hab ich die Nacht mit einer Unterbrechung in der Rettungsstelle des UKB verbracht. War natürlich währenddessen alles andere als lustig, im Nachhinein betrachtet aber ok.

Natürlich hat das alles Stunden an Zeit gekostet, die ich lieber hier und da und vor allem woanders verbracht hätte, aber ich möchte an dieser Stelle das Unfallkrankenhaus auch loben: Sehr entspannte Atmosphäre, nettes und kompetentes Personal und nicht zuletzt haben die ja einen Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach. Ich mein‘ ja nur!

Das erste Mal seit 15 Jahren hat man mir nicht ziellos im Arm rumgestochert, sondern auf Anhieb eine Ader für den Zugang gefunden. Das erste Mal hatte ich einen Arzt, der jünger war als ich, dem ich aber voll vertraut hab und der zudem sympathisch und witzig war. Dass man – während das Personal die anderen Patienten versorgt – außerhalb akuter Gefahr auch mal ein Weilchen rumliegt, kann ich akzeptieren. Sollte es ein nächstes Mal geben, denke ich an mehr Lektüre, ansonsten hat das gepasst und ich bin letzten Endes da rausgelaufen mit einem Haufen guter Ideen, brauchbarer Medikamente und meinen Facharzt-Termin in 2 Wochen könnte ich nach dieser Nacht bedenkenlos absagen, die haben wirklich alles gemacht, was irgendwie noch sinnvoll und schon möglich war.

Abgesehen von dem Moment, in dem mir bewusst wurde, dass ich wieder durchatmen kann (der sich anderthalb Minuten nach Behandlungsbeginn eingestellt hatte), war das sicherlich lustigste der Arzt, der mit schreckverzerrtem Gesicht in den Warteraum stürmte, bis er erkannte, dass das Japsen nach Luft weder von mir noch von einem anderen Patienten stammte, sondern von irgendeiner heulenden Trine im Spätabendprogramm, das der Fernseher wiedergab. Wachsam sind ’se also auch! 🙂

Der Ruhe wegen gibt es hier jetzt aber leider auch keine Zitate wie 2008 in Kreuzberg.

Gemeckert wird immer viel und ich tue das auch gerne. Ich könnte das Hämatom in der Armbeuge jetzt zur Körperverletzung hochstilisieren, wegen ein bisschen Rumliegen in einem leeren Raum an einem Inhalator auf die böse „Apparate-Medizin“ schimpfen oder mich aufregen, dass die Frau in der Röntgenabteilung zweifelsohne nahtlos von der NVA über einen Metzger zum UKB gewechselt hat. Aber das fände ich unfair, denn ich weiß die Arbeit der Leute dort sehr zu schätzen. Und ich möchte statt der nervigen Dinge lieber den Arzt nicht vergessen, mit dem ich auf dem Flur noch rumgescherzt hab, dass man um 7 Uhr Morgens auch als Nachtarbeiter mal müde wird und heim möchte und er das sicher irgendwoher kennt. Oder eine der letzten Begegnungen: eine Schwester kam mit den Unterlagen für meinen Hausarzt und wollte mir noch Medikamente mitgeben:

„Und dann hab ich hier noch … oh, Scheißendreck!“

Daraufhin verschwand sie wortlos und kam drei Minuten später mit der richtigen Packung wieder. Passiert. Und hier wie überall: Die Nachtschicht ist die coolere! „Gerne wieder“ wäre natürlich trotzdem ein unehrlicher Abschluss.

Die Luft fürs Schreiben dieses Blogeintrags wurde ihnen präsentiert vom Unfallkrankenhaus Berlin.

PS: Bitte keinen Aufstand jetzt! Ich lebe, ich atme und ich trinke sogar immer noch Cola. 🙂

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Juhu! Leistungsschutz!

Das seit gestern (vorgestern?) öffentlich rumliegende Intelligenzfragment mit der Bezeichnung Referentenentwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes hat mich trotz meiner weitläufig bekannten Friedfertigkeit nur nicht auf die Palme gebracht, weil die Exemplare in unserem Haushalt noch zu wenig tragfähig sind.

Etwas, dass man diesem „Entwurf“ auch nachsagen kann.

Das Leistungsschutzrecht ist wieder da und mitsamt einiger anderer blöder Ideen sorgt es bei mir so langsam für die Befürchtung, unsere Regierung weiß was, von dem wir noch nicht wissen. Irgendetwas so wichtiges, dass es jetzt völlig egal ist, was für einen Blödsinn man fordert oder umsetzt, weil es eh keine Rolle mehr spielt. Anders ist das nicht mehr zu erklären!

Aber worum geht es? Wie sich das schon anhört: Das Leistungsschutzrecht – klingt ja erst mal nicht schlecht. Leistung kann man doch mal schützen, oder?

Probleme gibt es aber sowohl mit der Idee des Leistungsschutzrechtes an und für sich – als auch mit dem jetzt vorliegenden Entwurf.

Die Idee:

Ich habe mich mit der Idee vor einiger Zeit schon mal polemisch auseinandergesetzt, trotzdem auch hier nochmal:

Das Leistungsschutzrecht ist ein Wunschgesetz, das auf Initiative deutscher Zeitungsverlage auf den Weg gebracht wurde. Die Verlage stellen seit geraumer Zeit einige bis alle ihrer Texte auch online und kostenlos zur Verfügung. Das machen sie im Grunde freiwillig. Ein bisschen verdienen sie sogar daran, schließlich schalten sie beispielsweise Werbung auf ihren Websites. Viele Besucher kommen über Suchmaschinen und andere Links aus dem Internet auf die Verlagsseiten.

Das klingt soweit erst einmal nach Friede-Freude-Eierkuchen. Ist ein Text gut, wird er überall verlinkt, die Leute gehen auf die Seite der Verleger und generieren dort Einnahmen. Damit die Verleger diese Einnahmen auch bekommen, sorgt z.B. das Urheberrecht dafür, dass man fremde Texte nicht einfach woanders veröffentlichen darf.

Nun haben die Verleger aber ein Problem: Das Geld, das sie verdienen, ist zu wenig. Statt daraus aber zu schließen, dass sie vielleicht zu schlechte Texte veröffentlichen, oder dass sie ihre guten Texte nicht mehr kostenlos vertreiben sollten, gucken die Verlage sich um und stellen fest: Mensch, andere verdienen im Internet ja ganz gut, da wollen wir auch was davon.
So zielten die ersten Ideen auch hauptsächlich darauf, große Suchmaschinen dafür zahlen zu lassen, dass diese mit kleinen und automatisch generierten Textstückchen (so genannte  „Snippets“) auf die Seiten der Verlage locken. Das ist so, als würde ich in meinem Taxi den Kunden einen Werbeflyer eines Hotels geben und sagen: „Übernachten sie dort!“ Am Hotel angekommen würde der Portier dann zu mir sagen: „Danke für den Kunden, ich bekomme jetzt noch 50 Cent dafür, dass sie unseren Werbeflyer verwendet haben.“

Würden wir diese Logik zur Staatsraison erklären, wäre Deutschland die erste formelle Idiotie des Planeten!

Die Verlage nutzen dabei eine kleine Lücke im Urheberrecht, die zum einen Zitate eines urheberrechtlich geschützten Textes in einem eigenen Kontext erlaubt, zum anderen aber auch die Snippets, die bisher schon wegen ihrer Länge und der damit einhergehenden geringen „Schöpfungshöhe“ niemals zu beanstanden waren. Zu Recht, denn solche Kurzausrisse können ja allenfalls genutzt werden, um überhaupt auf einen Text aufmerksam zu machen – und im Internet ist Aufmerksamkeit dank visit- und klickbasierter Bezahlung bares Geld wert!

Der aktuelle Vorschlag:

Der vorliegende Entwurf bestätigt nun eigentlich alles, was man dem Leistungsschutzrecht von Vornherein unterstellt hatte. Neben o.g. Idiotie wäre das vor allem das Schaffen einer größeren Rechtsunsicherheit im Umgang mit Pressetexten.

Es fängt damit an, dass der Entwurf bei strenger Auslegung  einen Verstoß nunmehr schon bei winzigen Textfragmenten, mitunter einzelnen Worten oder Wortkombinationen sehen würde. Unklar ist dabei z.B., inwiefern wenigstens eine Überschrift in einem Hinweis eingebettet sein dürfte oder was ist, wenn man einen Text verlinkt, der um bei Google gefunden zu werden (sic!) die volle Überschrift in der Link-URL enthält.
Suchmaschinen – die naturgemäß keine eigenen Texte zu Suchergebnissen verfassen und damit nicht unters Zitatrecht fallen, könnten künftig theoretisch alle Verlinkungen auf leistungsschutzrechtlich gesicherte Texte unterlassen, weil ihnen sonst eine Abmahnung droht.

Der zweite große Stolperstein ist das „gewerblich“ im Text. Das Ganze gilt „natürlich nur für gewerbliche Nutzer“. Aber die Unterscheidung zwischen privat und gewerblich ist bei Blogs z.B. seit langem ein Streitthema. Ein Flattr-Button, eine Werbeeinblendung – und wenn sie nur 2,12€ im Monat einbringen – können schon einen gewerblichen Blog ausmachen und sollen es nach dem aktuellen Entwurf auch. Aber es geht noch weiter: Man kann auch unkommerziell bloggen, es aber dennoch gewerblich tun, wenn man sich beim Bloggen mit seinem normalen Beruf beschäftigt. So gesehen könnte mein Taxiblog GNIT als gewerblich gelten und ich nicht nur als Nutzer von Pressetexten abgemahnt werden, sondern meinerseits für meine Texte das Leistungsschutzrecht in Anspruch nehmen und Leute abmahnen, die die Artikel von mir via Facebook (zu meinem Nutzen!) weiterverbreiten. Doch wie unterscheidet man, welche Texte privat sind oder nicht? So fragt Kai Biermann auf zeit.de auch:

„Wobei sich natürlich die Frage aufdrängt, wie der Leser eines Blogtextes wissen soll, ob der Autor zu den gleichen Themen auch als Journalist arbeitet. Zumindest wenn der Autor nicht so bekannt ist wie eben Stefan Niggemeier.“

Ob dieses Zitat nach dem Leistungsschutzgesetz legal ist? Keine Ahnung! Derzeit ist es durchs Zitatrecht gedeckt. Rechtsanwalt Thomas Stadler weißt in seiner Kurzanalyse darauf hin, dass die Gesetzesbegründung sich ausdrücklich auf ein BGH-Urteil zu Tonträgern beruft, das „kleinste Tonfetzen“ bereits als schützenswert sieht.

Udo Vetter weist zuletzt noch darauf hin, dass die zu erwartenden Abmahnwellen zumindest indirekt dafür sorgen dürften, dass die Menschen sich weniger zu veröffentlichen trauen und vor allem scheuen werden, aufgrund dieser unklaren Rechtsfragen über geschützte Zeitungstexte zu reden und sie ggf. öffentlichkeitswirksam zu kritisieren – dass also quasi über die Hintertür auch noch in die Meinungsfreiheit eingegriffen wird.

Fazit:

Als Fazit kann ich als Blogger schonmal sagen, dass mir diese Idee auf den Zeiger geht. Viel wichtiger aber ist, was dieses Leistungsschutzrecht, wenn es denn so oder so ähnlich kommen sollte, gesamtgesellschaftlich bewirken würde. Und da das Konstrukt bereits die Wort gewordene größte anzunehmende Blödheit zwischen zwei Buchdeckeln darstellt, sehe ich da schwarz. Nico Lumma beispielsweise schreibt, dass das Leistungsschutzrecht als einziges recht gut erkläre, warum in Deutschland keine finanzstarke Internet-Elite existiert. So kann man es auch sagen.

Peinlich daran wird vor allem werden, dass im Falle eines Durchkommens dieses Entwurfes erstmal reihenweise die Einnahmen der Verlage selbst sinken würden, falls haufenweise Blogger und Google – und das kann man allen, auch dem Unternehmen, eigentlich nur empfehlen – es fortan unterlassen würden, auf geschützte Texte hinzuweisen. Aus Angst vor Abmahnungen. Eine interessante Idee hatte dazu @donaupiratin auf Twitter:

„[…] dass das #lsr sich gar nicht gegen das Internet, sondern gegen kleine und mittlere Zeitungsverlage richtet?“

Eine gar nicht so dumme Idee, wobei es sich im Endeffekt nichts schenkt, wer an Lizenz- oder Abmahngebühren wegen kleiner Textfragmente pleite geht: Blogger oder Lokalzeitung.

Wie so oft bei schwarz-gelben Ideen zum Internet wäre das Ergebnis möglicherweise verheerend und keineswegs so harmlos, wie es Christopher Keese, seines Zeichens einer der Hauptbefürworter des Ganzen aus dem Axel-Springer-Verlag, unter presseschauder.de munter verkündet: Dass das ja eigentlich voll toll sei, schon alleine weil Blogger damit jetzt ja auch was verdienen könnten.

Die meisten Geldverschiebungen dank dieses Gesetzes werden sich aber sicher nicht aufgrund irgendwelcher Lizenzen für Texte ergeben, denn die meisten Nennungen von Texten erfolgen im Rahmen einer Kritik oder eines Hinweises, wer kauft sich dazu den ganzen Text? Das Internet bedient sich in solchen Fällen gerne und völlig zurecht kommentierter Verlinkungen! Nein, verdienen an der Sache werden in erster Linie Anwälte, die an harmlose Blogger horrende Abmahnungen wegen lächerlicher Zitate verschicken, mit denen die Verleger ohnehin Geld verdient haben.

Die Verlage überschätzen ihre Relevanz maßlos und glauben, es sich erlauben zu können, auf die paar wenigen Leute zu zielen, die sie für wichtig erachten und unterstützen. Der Schuss wird (auch) nach hinten losgehen und dann ist das Geschrei unter den jetzt so siegessicheren Arschgranaten umso größer!

Lieber lasse ich mir kostenlos ins Taxi kotzen, als diese Gesetzesentwurfsscheiße gutzuheißen!

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Warum ich Sash heiße

Warnung: Dieser Blogeintrag springt völlig wirr zwischen geschriebener und gesprochener Sprache. Einfach so. Schwupps.

So ziemlich jeder, der meinen letzten Blogeintrag kommentierte, betonte die Überraschung darüber, dass ich Sash „englisch“, also mit ä ausspreche. Ich hatte jetzt ja schon einige Leser bei mir im Taxi sitzen und die meisten haben mich spontan mit „Sasch“ angesprochen, manche haben gefragt. Ein Problem damit hab ich auch nicht, denn

1) woher solltet ihr es wissen?

2) hab ich ja diesen zweideutigen Nick gewählt.

Wobei gewählt nur relativ zu sehen ist. Auch wenn es nur bedingt spektakulär ist, kann ich ja heute mal schreiben, woher ich diesen Namen überhaupt habe und weswegen für mich undenkbar ist, ihn anders auszusprechen.

Zunächst einmal sei erwähnt, dass meine Mutter immer stolz darauf war, mir einen Namen gegeben zu haben, der sich nicht durch Verkürzung irgendwie „verunstalten“ ließ. Ihre Begeisterung, als ich plötzlich Sash genannt wurde, hielt sich folglich in Grenzen. Allerdings hat sie es selbst schnell übernommen.

Überhaupt ging das alles ziemlich schnell. Wir müssen dazu zurück in eine Zeit gehen, in der man Leute mit Handys noch belächelt hat und es den Begriff Frontalunterricht in der Schule noch nicht gab, weil keine Alternative dazu bekannt war. So zumindest meine Erinnerung. Pi mal Daumen 15 Jahre müsste das her sein, irgendwann zwischen 1996 und 1997 jedenfalls. Ganz so wichtig ist das Jahr auch nicht. Ich ging damals in die 9. oder 10. Klasse und stand damit kurz davor, der größte Mensch an unserer Schule zu sein. Mein Kunstlehrer sollte mir dies zwar erst kurz vor dem Abitur zugestehen, dabei hatte ich seine Niedlichkeit von 1,90 m recht schnell überboten. Dennoch war ich an der Schule nicht unbedingt der große Held.
Irgendwann beim Wechsel aufs Gymnasium hatte ich aufgehört, mir meinen Ruf einfach dadurch zu erarbeiten, dass ich alle anderen zusammengeschlagen habe und im Laufe der Jahre wusste niemand mehr, dass ich das überhaupt je getan hatte. Folglich war ich der Dicke, ein etwas verschrobener Kerl vielleicht sogar, auf jeden Fall völlig uncool.

Das genaue Gegenteil, nur ein bisschen zu kurz geraten in Intelligenz und Körperlänge, war Stefan S., eine Stufe über mir. Das war ein relativ berüchtigter Kerl, wobei sich seine Gefährlichkeit auch überwiegend auf seine fiese Fresse beschränkte. Den meisten Fünftklässlern konnte er damit imponieren, es gingen Gerüchte um, er zocke ihnen ihr Taschengeld ab. Mir und meinem Freundeskreis war der Typ völlig schnuppe, das einzige weswegen er überhaupt erwähnenswert war, war sein Erfolg bei den Mädels. Aber, auch wenn es vielleicht ihm gegenüber nie jemand gesagt hätte, wir hielten ihn für einen Lutscher.

Nun kam besagter Stefan S. irgendwann auf die Idee, er müsse mal den komischen Dicken anlabern, keine Ahnung, was er sich davon erhoffte. Ob er versuchte, irgendwelche Schwachpunkte zu finden oder ob er mich gleich bloßstellen wollte? Kein Plan, wirklich! Jedenfalls fing er mich irgendwann am schwarzen Brett ab, begrüßte mich mit „Ey, Säääääsh“, um im Anschluss irgendsowas ganz innovatives wie „Fettsack“ oder dergleichen fallen zu lassen. Nicht gerade beeindruckend, mir wären auf der Stelle 10 bessere Beleidigungen eingefallen. Ich kannte sie ja alle.

Erstaunlicherweise passierte aber gar nichts. Weder machte er mich weiter an, noch gab ich ihm einfach die Schelle, die er verdient gehabt hätte und an die er sich unweigerlich heute noch erinnern würde. Nein, ich ging einfach. Das einzige Mal in meinem Leben hat dieses „Und wenn dich jemand beleidigt, dann geh einfach!“ funktioniert. Als ich einem Kumpel davon berichtete, ist der fast umgefallen vor Lachen. Nicht meinetwegen, sondern wegen des komischen Namens: Sash! Es waren wirklich nur Tage, bis aus der Ironie im Klassenzimmer irgendwann ernst wurde und die Leute mich wirklich mit Sash ansprachen. Immer noch mit ä, allerdings nicht so peinlich in die Länge gezogen wie von Stefan.

Dieses Problem hab ich übrigens mit einer Eleganz gelöst, die in dem Alter kaum zu überbieten war: Als Stefan das nächste Mal mit seinen Freunden im Schlepptau an mir vorüberging und mich Sash nannte, fiel ich ihm ins Wort: „Mensch, Stäääph! Was geht?“

Er hat mich überhaupt nie wieder angesprochen. Meinen Namen hatte ich dennoch weg. Mit dem ä, von Steph.

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Von Kuskus und Ersatzverkehr

Wie ein nachtaktiver Sash tagsüber loszog, um ins Radio zu kommen

Seien wir mal ehrlich: Es ist nicht schwer, ins Radio zu kommen. Von Weg durchs gleichnamige Gerät direkt kann ich abraten, ich habe mich selbst für den langwierigen Weg über komische Hobbies, jahrelanges Drauf-Warten und einen komischen Gesichtsausdruck auf allen Profilfotos entschieden. Na und anlässlich von bestimmt irgendwas wurde ich dann irgendwann von DRadio Wissen zum Online-Talk eingeladen. Daraufhin versagte meine Stimme und ich ging nicht hin.

Der einäugige Zopfflechter in den Höllen irgendeiner pakistanischen Frisörbude, der sich nebenbei um Schicksalsverflechtungen kümmert, sorgte aber dafür, dass ich nochmal kommen durfte. Vielleicht lag es auch daran, dass Konstantin Zurawski mich weiterhin für einen interessanten Blogger hielt. Wie das beim Schicksal so ist: Wir sollten die Wahrheit besser nie erfahren!

Die wesentlichen Infos zum Termin im Studio hatte ich mir im Vorfeld gemerkt, einen Teil davon auf dem Stück Papier, das raschelnd für ein bisschen Kamin-Atmosphäre während der Live-Sendung sorgen sollte.

Aber zunächst musste ich ja zum Studio gelangen. Ob meiner plötzlichen Berühmtheit zwar nicht unbedeutend eingebildet, hatte ich es nämlich unterlassen, den Sender anzufragen, ob sie das Studio nicht einfach bei mir zuhause aufbauen würde. Außerdem wollte ich ja auch gar nicht aufräumen. Der Termin indes sprach für ein Bett-Interview, wobei die Rechte für dieses Format wahrscheinlich ohnehin noch bei Yoko Ono liegen. Dennoch eher Tagschicht-Zeit: 11 bis 12 Uhr am gestrigen Samstag (9.6.2012) und dank echter Livität auch nur bedingt zu verschieben. Also packte ich meinen schmucklosen Jutebeutel mit den Schichtutensilien und beschloss, mein sauer verdientes Trinkgeld umgehend der örtlichen Gastronomie zuzuführen. Mehr als eine gemütlich Stunde verbrachte ich in der Nähe der lieblichen Atmosphäre des Ostkreuzes:

Die neue Halle (rechts), Quelle: Sash

Der postmoderne Name „Bäckerei 2000“ lockte mich mit meinem Drang nach morbider Komik an, statt auf was besonders abenteuerliches zu stoßen, hab ich dort aber einen wirklich leckeren Couscous-Salat bekommen. Gut, sie schrieben „Kuskus“, aber wahrscheinlich sind das ein paar bildungsunwillige Ausländer gewesen, die kein Deutsch lernen wollten.

(Bitte beachten Sie, dass dieser blödsinnige und geschmacklose Gag nur hier steht, damit er mittels Urheberrecht aus dem nächsten Buch von Sarrazin wieder herausgeklagt werden kann!)

Mittels Schienenersatzverkehr (in anderen Städten: S-Bahn) bin ich dann auch ungefähr nach Schöneberg gelangt und hab spontan vergessen, welche Straße nun nochmal direkt zum Hans-Rosenthal-Platz führt. Aber kein Wunder: Es war 9 Uhr morgens und die Sonne brezelte bereits mit mehr Watt vom Himmel, als ich Worte in diesen Text schreibe.

1-Mio€-Frage: Nach welcher österr. Stadt … oh, hab’s gerade noch bemerkt! 🙂 Quelle: Sash

Also setzte ich mich spontan in ein Eiscafé und überlegte, ob es nun von Vorteil oder von Nachteil wäre, mich der Behinderten-Gruppe anzuschließen. Wie an jeder Supermarktkasse traf ich die falsche Wahl:

„Müssense warten! Erst die Gruppe!“

Es ist schwer zu beschreiben, in welchen Intervallen die Kellnerin mich Dinge fragte und mir Karte und Cola brachte. Jedenfalls bin ich nach insgesamt ziemlich genau einer Stunde dort an die Theke, hab mein Getränk bezahlt und mein Eis auf selbiges gelegt, weil ich nun langsam los musste. Anschließend suchte ich weiter. Nein, ich wusste bis auf den Namen der Straße sehr genau, wo ich hinmusste. Da tauchten Details aus der Ortskundeprüfung wieder auf … aber ein bisschen wurde ich daran erinnert, dass ich mit manch geschichtlicher Stätte in Berlin eben nicht so viel verbinde wie die Einheimischen. Ich orientierte mich aber mal grob am protzigsten Haus und hatte Recht:

Versaute Bildkomposition, weil ich die Taxifackel noch wollte! Quelle: Sash

Die erste Begegnung mit dem Deutschlandradio in Natura war eher nicht so doll. Die Typen an der Pforte waren nicht nur wortkarg, sondern haben es nahezu darauf angelegt, dass ich die 10 Minuten bis zum vereinbarten Termin noch vor der Türe verbringe. War jetzt für mich als Nikotinjunkie mit semi-debilem Lampenfieber sicher nicht die schlechteste Idee, aber trotzdem! Und: An den Jungs vorbeirennen wäre zwar sicher dringewesen, aber im Aufzug wäre man dann der Arsch vom Dienst, denn die Beschriftungen sind, nun ja, eher nur für Insider brauchbar:

Wohin möchten Sie? Studio 2. Quelle: Sash

Der Gang im entsprechenden Stockwerk war mit Portraits großer deutscher Entertainer und Journalisten behängt, ich hab das Fotografieren aber unterlassen, da ich Angst hatte, eines der Bilder von Ulrich Wickert würde sich erschrecken.
Am Studio begrüßte mich recht locker ein Mensch aus einer meiner beiden Nachbargenerationen und binnen weniger Sekunden war ich mit Philipp auf Du. Er bestätigte meine hoffnungsfrohesten Vermutungen: Nicht nur müsste ich aktiv nichts tun außer quasseln, nein es bestand auch kaum eine Möglichkeit, dass ich mit irgendeiner Aktion etwas falsch mache. Ein paar Kleinigkeiten gab es noch zu regeln, aber all das lief zwangloser ab als das Singen und Klatschen im ersten Halbjahr des Kindergartens. Und dann hatte ich plötzlich für eine Stunde einen neuen „Arbeitsplatz“:

Und wenn ich im Schlaf ins Mikro sabber? Das macht nix! Quelle: Sash

Meine Müdigkeit hielt sich vornehm zurück, ich mich nicht wirklich. Wenn ich den Leserkommentaren auf allen möglichen Kanälen glauben kann, dann war es eine gute Sendung – und das ist die Hauptsache!

Ich hab mir natürlich schon auch mal gedacht: Mist, hätteste da mal eher das und hier dies … aber egal! Sashy im Radio und so!

Und für alles, was dort nicht gesagt wurde, gibt es ja GNIT.

Anhören kann man die Sendung direkt hier bei DRadio Wissen (Link zum mp3)

Folgen des Ganzen: Mein Tagesrhythmus ist mal wieder total hinüber (weswegen ich jetzt auch Mittags wach bin), weniger Umsatz, dies und jenes … also ganz ehrlich: ich würde es nicht dauernd machen wollen. Aber das eine Mal jetzt war trotzdem geil und hat Spaß gemacht.

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Neuigkeiten

Tja, die gibt es irgendwie nicht.

Ich weiss, dass ich diesen Blog gerade ein wenig vernachlässige – aber es geht nicht anders. Mal abgesehen davon, dass ich nicht über Nacht damit begonnen habe, ein Leben wie James Bond zu führen, bin ich gerade doch ganz gut mit anderen Dingen beschäftigt. Abgesehen davon, dass ich GNIT permanent am Laufen halte und in letzter Zeit auch viel bei Twitter unterwegs bin, schreibe ich auch viel für zukünftige Bücher, bzw. eBooks.

Ich weiss ja, dass einige diesem Blog die Treue geschworen haben, aber in mauen Zeiten (und keine Sorge, es kommen auch wieder andere!) tut man echt gut daran, den anderen Kanälen meiner digitalen Präsenz zu folgen.

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