Zeugensverweigerung

Ich habe ein seltsames Verhältnis zu religiösen Menschen. In einem Punkt sind wir uns sehr ähnlich: Wir bemitleiden einander. Während sie es tragisch finden, dass ich ihren imaginären Freund nicht kenne, finde ich tragisch, dass sie einen imaginären Freund brauchen, um mit der Welt klarzukommen. Aber ich klingel deswegen nicht an ihrer Wohnungstür…

Ich bin eigentlich froh, dass die Zeugen Jehovas niemals geklingelt haben, wenn ich gerade zur Tür gegangen bin. Ich bin zwar friedfertig und freundlich, kann für solche Fälle allerdings nicht ausschließen, sie ggf. mit Obszönitäten wieder loszuwerden, die vielleicht strafbewehrt wären. Im Großen und Ganzen leben wir in einem Gebiet, dass für diese Typen gleichermaßen Himmel wie Hölle sein muss. Ist das schon Blasphemie? Na egal, kommt noch…

Wir leben hier in unseren Plattenbauten dicht gedrängt und meist noch nicht von Gott erlöst. Gute Geschäftsbedingungen: Man kann ohne viel Fußweg gleich viele Schäfchen zur Herde geleiten. Der Nachteil: Auf diesem Gebiet wurde 40 Jahre lang der Atheismus als (Neben-)Staatsprinzip gelehrt und wenn nötig auch mit Gewalt durchgesetzt. Die Aussicht, hier auf offene Ohren zu treffen, ist entsprechend gering.

Die ersten, die hier aufgeschlagen sind – vor Ewigkeiten schon – haben sich präsentiert wie die 80er persönlich. Also die 1880er. Lange Mäntel, Hut – und anbei ein kleines Büchlein, das sie sorgsam so abdeckten, dass man den Titel nicht sehen konnte.

„Wir wollten uns einmal mit ihnen unterhalten, hätten Sie…“
„Nein, kein Interesse an der Bibel!“
„Aber wir haben doch extra…“

Der eine hielt das Buch nun noch fester, der andere war sichtlich enttäuscht, dass ihre Tarnung so schnell aufgeflogen ist. Ganz großes Kino 🙂

Neulich war dann wieder einmal Idiotenalarm angesagt. Die Klingel verkündete Leute unten vor der Haustüre (sehr löblich, dass die das unterscheidet!).

„Ja?“

Normalerweise kann man hier dann erwarten, dass einsilbige Worte in die Sprechanlage genuschelt werden:

„Wrm!“ (Werbung)
„Ket!“ (Paket)
„Post!“ (Post)

Gelegentlich auch heulende Kinder, die von ihren Eltern ausgesperrt wurden, dieses Mal aber nicht:

„Hallo, mein Name ist Irmgard Knödelwolle*. Wir kennen uns noch nicht. Neben mir steht Frau Isabell Knorkenfratz* und wir wären interessiert, ob Sie vielleicht, also wenn Sie wollen, wir wären, also sind, wir haben da etwas, das, wenn es Sie interessiert, dann könnten wir, wir wollen nicht stören, wir haben nur, ihr Interesse vorausgesetzt…“

Ozie wartete mit besorgniserregenden Falten auf der Stirn darauf, dass die Sprechanlage gleich die Verbindung unterbricht, weil das Ding nunmal nicht auf Live-Hörspiele mit Psychiatrie-Insassen, sondern für kurze Nachfragen konzipiert wurde. Aber sie schafften es noch, auf den Punkt zu kommen:

„Könnten Sie sich vorstellen, Hilfe und Antworten in der Bibel zu finden?“

Katze aus dem Sack. Endlich!

„Nein!“

Und warum gibt Gott euch Spinnern eigentlich keinen Hinweis darauf, wo ihr auf Granit beißt, wenn der Gute doch alles weiß? Schon mal DARÜBER nachgedacht, ihr Heilsbringer?

PS: Toller Cartoon zum Thema!

*Namen geändert

25 Comments

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25 Responses to Zeugensverweigerung

  1. Ziehen die Tür-zu-Tür-Klingler tatsächlich noch durch die Städte? Ich habe schon seit Jahren keinen mehr zu Gesicht bekommen. Gelegentlich mal einen Wachtturm-Menschen in der Fußgängerzone und manchmal einen Wanderprediger in Freiburg, bei dem ich mir nie sicher bin, ob ich seine abstrusen Aussagen an sich oder den starken Lörracher Dialekt, in dem er sie verbreitet, lustiger finden soll – aber an der Tür hatte ich schon ewig niemanden mehr. Oder die führen schwarze Listen und versuchen es nicht mehr, seit ich mal einem Paar Außendienstmitarbeiter dieser Truppe den Zettel mit der Dianetikreklame aus dem Altpapier in die Hand gedrückt habe mit dem Hinweis „Besuchen SIe uns doch einmal“…

  2. Dom

    Ich find’s da recht schwer, sich eine Seite auszusuchen. Während ich für die Zeugen eigentlich nur ein wissendes Grinsen übrige habe, ist dein Sprüchlein mit dem „imaginären Freund“ etwas zu herablassend für mich – generell gegenüber der Idee einer Religion, nicht zugeschnitten auf die Jehovas.

    Versteh mich nicht falsch, ich will dich sicherlich nicht bekehren. Sonst stünde ich vor deiner Tür! Nein, ich bin nur immer recht verwundert, wenn ich auf Menschen treffe, die die Religion ganz und gar ablehnen.
    Ich schätze dich als einen Menschen ein, der jedem seinen Glauben lässt, solange er dich nicht damit nervt. Das finde ich löblich – und ich finde, genauso muss es sein. Aber trotzdem möchte ich gerne meinen Senf zum Thema abgeben – um der Diskussion Willen, nicht um irgendwem meine Meinung aufzuzwingen.

    Ich glaube nicht an Gott als Wesen. Daher auch das Schmunzeln beim „imaginären Freund“. Ich frage mich aber immer, wenn ich solche Zeilen lese, ob an Gott als Metapher etwas auszusetzen ist.
    Wer kniend „Lieber Gott…“ spricht, hat nicht viel Verständnis von mir zu erwarten. Wer sich als Christ bezeichnet und damit von Werten und Moral spricht, dagegen schon, denn genau das tu‘ ich auch.
    Die Bibel ist ein Buch mit Geschichten, das nicht wörtlich genommen darf. Da sind wir uns einig, nehme ich an. Aber eine gewisse Lehre ist in diesen Geschichten dennoch zu finden. Es läuft letzen Endes (zumindest im neuen Testament) ja immer auf eines hinaus: Du sollst dich sozial verhalten.

    Ich bin der festen Überzeugung, dass es unseren Sozialstaat (und jede moderne Gesellschaft, in der Gleichberechtigung und Demokratie angestrebt werden) nicht gäbe, wäre da nicht die Religion gewesen. Unsere Gesetze und Werte bauen zum Großteil davon auf und heute heißt es meist: „Wenn du Religion brauchst, um zu erkennen, dass Mord falsch ist, tust du mir leid.“ Das mag heutzutage stimmen – aber rein geschichtlich kann man guten Gewissens sagen, dass diese Erkenntnis irgendwann mal auf dem Glauben basierte.

    Diverse Agnostiker und Atheisten werden mich dafür vermutlich kreuzigen (höhö): Ich finde, jeder, der von den moralischen und juristischen Gesetzen bezüglich Unversehrtheit, Würde etc. pp. überzeugt ist, ist irgendwo ein Christ. Seit ich das kapiert habe, bin ich mit „religion bashing“ recht vorsichtig.
    Einem Menschen Unrecht zu tun, ist schon Blasphemie im weiteren Sinne. Zu behaupten, dass es Gott nicht als Wesen gibt, dagegen keine. Da sehe ich sehr viele Überschneidungen zwischen deiner und meiner Meinung, obwohl ich mich als Christ bezeichne. Das ist doch was, oder? 😉

  3. @Daniel:
    Ja, tun sie noch. Leider…

    @Dom:
    Ja, das ist was. Aber was?
    Das Problem, das ich mit beinahe allen Religionen dieser Welt habe, ist, dass sie behaupten, sie wären der Ursprung von Moral. Wieso? Ganz ehrrlich. Es mag sein, dass vor 500 Jahren eine Religion nötig war, um den Menschen beizubringen, dass sie sich gegenseitig lieb haben sollen. Aber was hat das für mich heute zu bedeuten?
    Soll ich ehrlich sein? OK! Die Menschen damals waren dümmer als wir jetzt! Sie hatten nicht die Kenntnisse und das Wissen. Das will ich ihnen nicht vorwerfen, denn schließlich gab es damals keine Alternative. Aber wie kann man sich heute an so eine absurde Vorstellung klammern?
    Und ich muss wirklich nicht mal in Ansätzen Christ (oder Muslim, Hindu, Jude oder sonstwas) sein, um eine Wertevorstellung zu entwickeln, die es mir verbietet, Mord und Totschlag gutzuheißen.
    Natürlich lasse ich jeden Menschen glauben, was er will. Aber ich bin (und das mit wesentlich besseren Argumenten als die Gegenseite!) überzeugt davon, dass Religion alberner Bullshit ist und wesentlich mehr zur Unfreiheit der Menschen beiträgt als dass sie nützt.

  4. Dom

    Sash – ich möchte hiermit nichtmal sagen, dass die Religion die Werte bedingt oder andersrum. Das einzige, was ich felsenfest behaupte: Das eine IST das andere, wenn beides richtig verstanden wird.
    Für diejenigen Christen, die keine Hardcore-Fundamentalisten sind und/oder an Gott, Das Allmächtige Wesen, glauben, heißt Christentum nichts anderes als Wertvorstellungen.
    Ein großer Teil von Christen, die weder beten noch an Türen klingeln, tun genau das gleiche wie du, aber nennen es anders. Sie leben wie du, denken wie du (mit den üblichen Abweichungen von Mensch zu Mensch; du weißt, was ich meine), aber nennen sich Christen.
    Nach allem, was ich aus deinen Facebook-Postings und deinen Blogeinträgen von dir weiß (ich behaupte nicht, dass ich VIEL weiß!), passen deine Wertvorstellungen und Ansichten nahezu hunderprozentig zu meinen. Du nennst es gesunder Menschenverstand, ich nenne es Christentum – weil das Christentum für mich ein Synonym für meinen Verstand ist. Es ist ein Name, nichts weiter.
    Wenn ich den Papst sehe, könnte ich kotzen, ebenso die meisten Kardinäle und Bischöfe. Die Menschen, die sowohl du als auch ich für Bullshit-Anhänger halten, würden mich jetzt als Atheisten „beschimpfen“ (denn für sie ist es eine Beschimpfung). Ich sage: Ihr könnt mir mal.
    Das sind keine Christen, das sind Idioten. Und das ist ein Unterschied.

    Die absurde Vorstellung, wie du es in deiner Antwort nennst, verurteile ich genauso wie du. Aber diese absurde Vorstellung ist nicht das, was ich als Christentum bezeichne. Es ist Bullshit – getarnt als Glaube.

  5. @Dom:
    Ich hatte wirklich nicht vor, im Rahmen dieses lediglich humoristisch gemeinten Blogeintrags „missionarisch“ tätig zu werden, aber:
    Was du da beschreibst, ist NICHT Christsein! Wenn Gott für dich keine reale „Gestalt“ ist, wenn der Papst dich ankotzt und du das ganze nur als „Namen“ siehts, dann bist du nur ein rational denkender Mensch, vielleicht mit der ein oder anderen naturromantischen Ader. So schätze ich dich jetzt – auch völlig unwissend – mal ein.
    Christentum bedeutet nunmal, an DEN Gott zu glauben, an DIE Erlösung. An Jesus als Gottes Sohn und Heilsbringer.
    Und DAS greife ich an, ja. Ich halte diese Vorstellungen für absurd, unglaubwürdig und mit all ihren Ausprägungen für menschenverachtend und verdummend. Und DAS ist Glaube nunmal – per Definition! Etwas, das man nicht anders begreifen kann, als glaubenderweise.
    Gegen Wertvorstellungen oder auch die ein oder andere Hoffnung, es könnte mal besser werden, habe ich nichts einzuwenden.
    Aber Religion? Ganz im Ernst: Ich bin ein toleranter Mensch und respektiere auch Leute, die derartigen Quatsch glauben, aber ja: Ich halte nichts davon, finde es lächerlich, albern und in Teilen auch gefährlich.

  6. Dom

    Jesus – ja. Aber nicht als Gottes Sohn.
    Was du beschreibst, klingt nach mir vor ein paar Jahren, bevor ich meinen „neuen“ Religionslehrer getroffen habe. Da bestand Christsein für mich aus Spinnern, die Gott anbeten und keine rationale Erklärung für das finden, was sie bewegt. Ich weiß nicht, ob man das nachvollziehen kann – aber ein Mensch, der als Religionslehrer tätig ist, in der Gemeinde hoch angesehen und überall geschätzt, hat mich erst auf den Trichter gebracht, das, was ich hier beschrieben habe, Christsein zu nennen.
    Theologie als Wissenschaft und die Kirche gehen weit auseinander. Während die Kirche noch an dem Bullshit festhält, über den wir gesprochen haben, sieht die Theologie weite Gebiete dessen nur noch als Metapher und arbeitet im Grunde mit dem Menschenverstand, um den’s gerade ging. Das ist es ja, was mich so verwundert und dazu gebracht hat, mich als Christ zu sehen.

    Ich verstehe deine Einwände, gar keine Frage. Aber die Tatsache, dass selbst ein Religionslehrer, der jeden Sonntag in der Kirche sitzt, meine Einwände verstanden und mir einen Weg gezeigt hat, das nicht als Widerspruch zur Religion zu betrachten, war sehr eindrucksvoll. Ich hatte erwartet, anzuecken, wurde aber akzeptiert. Auch ein Teil vom Christsein, den ich toll finde.
    Sein Motto: „Christsein ist, was du draus machst. Die einzige Vorgabe: Verhalte dich sozial und halte dich an die Regeln, die die Kirche geprägt hat.“
    Ja, über die Prägung (und ob das nötig ist, wie du richtig gesagt hast) kann man sich streiten. Aber ich finde nach wie vor, dass was Wahres dran ist.
    Vermutlich liegt es daran, dass ich an einen menschlichen, historischen Jesus glaube, der keine Wunder vollbracht, aber Menschen mit Worten bewegt hat – aber ich will mich vom Gedanken, trotz gesunden Menschenverstandes und einer anderen Ansicht von Gott (nicht seiner Leugnung!) ein Christ zu sein, nicht recht verabschieden.

    Wohl aber vom Computer – ich muss ins Bett. Hauste rein!

  7. @Dom:
    Und was für Regeln hat die Kirche geprägt? Sind nicht alle letztlich wissenschaftlich widerlegt?
    Ich möchte hier gerne anmerken, dass ich evangelisch getauft bin und auch den ein oder anderen coolen Religionslehrer hatte. Aber an der grundsätzlichen Frage, ob man an einen Gott glaubt, ändert das doch nur wenig.
    Und ich bleibe dabei, dass Gott eine menschengemachte Fiktion ist. Vielleicht nicht die dümmste, aber eben dennoch nichts weiter…

  8. anicca

    Obwohl die Hindus wenigstens in einer Neben-Aufzählung auftauchen, wird mir hier Religiosität zu sehr mit Monotheismus gleichgesetzt. Und die Buddhisten werden mal wieder ignoriert.

  9. @anicca:
    Und was bitte ist besser daran, sich gleich mehrere imaginäre Freunde zu halten?

  10. Hatte auch mal eine Diskussion mit den Zeugen Jehovas an der Tür.
    Habe Ihnen kurz erklärt, dass ich auch eher an die Schiene des strafenden Gotts aus dem AT als an den liebenden Gott aus dem NT.
    Damit war für Sie die Diskussion dann auch recht schnell beendet…

    Nebenher gesagt: Man kann auch glauben, ohne an Gott als Wesen, die Schöpfungsgeschichte oder Jesus etc. zu glauben.
    Sondern einfach an eine sozusagen „übergeordnete“ Instanz, denn alles hat irgendwie begonnen und für diesen Beginn gibt es noch keine zufriedenstellende Antwort der Wissenschaft (Ich meine den Urknall, nicht die Entstehung des Lebens, wie wir es kennen).

  11. @Dom

    „Ich finde, jeder, der von den moralischen und juristischen Gesetzen bezüglich Unversehrtheit, Würde etc. pp. überzeugt ist, ist irgendwo ein Christ.“

    Das ist eine der größten Beleidigungen, die es für mich gibt. Konntest du nicht wissen, drum nehme ich es dir nicht übel.

    Was du unter Christentum verstehst, ist im Wesentlichen das, was durch den Begriff Humanismus geprägt wird. Die institutionalisierte Kirche, auf deren Regeln du dich berufst und aus der sich der Begriff Christ und Christentum ableitet, war schon in frühen Tagen ein Instrument der Machterhaltung. Dies wurde geschickt mit der Heilsversprechung vermengt, damit die Leute der Order folgten. Oder warum werden immer noch Evangelien zurückgehalten, über deren Inhalt sich nur spekulieren lässt und vielleicht einen anderen Blickwinkel auf Jesus, möglicherweise sogar den historischen Jesus, wirft?

    Außerdem beweist die Verhaltensforschung (https://psychiatrietogo.wordpress.com/2012/01/18/sind-schimpansen-eigentlich-dissozial/), dass der Mensch als kooperatives Wesen von Natur aus eben schon zu einer entsprechenden Haltung heranwächst, aus der letztlich auch Moral erwächst.

    @Sash

    Da ich ja den Club der Wachturmhochgspringer besser kenne, als es mir lieb ist, kann ich dir sagen: Es ist ihnen verboten „von Haus zu Haus“ zu gehen, genauso wie sie nicht mehr auf der Straße Leute ansprechen dürfen, sondern nur noch mit ihrem Heftchen wartend rumstehen, dass sie einer anquatscht. Und ja, es werden Listen geführt, wo sie unerwünscht sind – oder wie in meinem Fall, wo der Satan persönlich wohnt. 😀 Einfach mal die Jungs und Mädels beim nächsten Mal drauf hinweisen, dass du künftig keinen Besuch mehr erhalten willst und das nächste Mal Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch folgt.

  12. oni

    @sash: Ja, ein Hausverbot hilft bei vielen Gestalten und das darf man auch als Mieter fürs ganze Grundstück aussprechen. Dann dürfen die nur noch auf direktem Weg zu deinen Nachbarn ;).

    @Dom: Was du da beschreibst ist der verzweifelte Versuch der Amtskirchen, sich in der heutigen Zeit zu retten. Sie sprechen mit den Zweifelnden und verlangen nicht mehr den kindlichen Glauben an den lieben Gott. Stattdessen definieren sie Christentum zu etwas, dem der Großteil der Menschen zustimmt. So hoffen sie, dass weniger Menschen sich vom „Christentum“ abwenden. Das ist auch gar nicht dumm, aber auf mehreren Ebenen problematisch.
    1. ist es völlig geschichtsvergessen. Die Kirchen haben schon immer die Nase in den Wind gehalten und sich nach der aktuellen Lage gerichtet um ihre Macht zu behalten. Das führte unter anderem zu den Kreuzzügen, als die Machthabenden Krieg brauchten aber ihn nicht untereinander führen wollten oder sollten. Auch heute gibt es Militärpfarrer die Waffen segnen, was dem sonst propagierten „christlichen Menschenbild“ ziemlich widerspricht.
    2. ist vor allem das ein Problem was der Maskierte schon anspricht. Die Kirchen schließen damit Leute in das Christentum ein, die damit nichts zu tun haben wollen. Nicht nur ist das für diese eine Beleidigung, zusätzlich argumentieren sie damit auch politisch und benutzen sie als Humanmasse zur Meinungsbildung nach dem Motto: „Selbst die meisten Nicht-Kirchenmitglieder sind doch Christen!“. Und das stimmt einfach nicht.

  13. Ich glaube zwar auch nicht an irgendeinen lieben Gott, mir imponieren aber Menschen, die ihren Glauben leben, dh. wenn sie ihn friedlich leben und vorbildlich leben.
    Für viele Menschen ist der Glaube sicher ein Halt und eine Zuflucht und wenn sie versuchen, andere zu bekehren, so kann man ja abwinken und geht seiner Wege.

    Mir gefällt es nicht, wenn man sich über die Zeugen Jehovas lustig macht. Ich finde es zwar lächerlich und eine reine Zeitverschwendung, wenn sie an den Bahnhöfen stehen und den Wachturm hochhalten, den ich auch schon mal gelesen haben. Aber lass sie doch, sie tun keinem was.

    Und was mir an den Zeugen Jehovas immer imponiert hat und was mein Vater an ihnen gelobt hat:

    Im Dritten Reich haben die Zeugen Jehovas den Wehrdienst verweigert und sind lieber ins Gefängnis oder ins KZ gegangen, als Wehrdienst mit der Waffe zu leisten.

    Vor solch gelebtem Christentum habe ich Achtung.!!!

  14. anonym

    Also mir geht es ähnlich wie Ihnen, wenn ich auch noch nie Sektenangehörige an der Haustür hatte (aber ich bin ja eh nicht da, wenn die unterwegs sind). Beneiden tue ich die nicht um ihren Klinkenputzerjob, aber sie könnten ja was anderes machen.

    Mir ist es egal, woran die Leute glauben, solange sie mich damit verschonen. Denn der Sektor der Harmlosigkeit wird sofort verlassen, wenn Leute glauben, anderen ihre Meinung aufdrängen („aufdrängeln“ sagt der Berliner) zu müssen.

    Auch ich bin der Meinung wie Sie, daß man schon allein zurechtkommen sollte im Leben; und wer das nicht schafft, benötigt eben Hilfe, und sei es „von oben“. Das ist aber das Problem dieser Leute, nicht meins.

  15. anonym

    Ich wollte nur kurz auf folgendes hinweisen: Die meisten, die sich hier zu Wort gemeldet haben, haben einen wichtigen Punkt, den Dom angesprochen hat, ignoriert oder kleingeredet.

    Was ein Individuum unter „Religion“ und „Gott“ versteht, variiert sehr stark. Es sind nur Namen bzw. Begriffe, die jeder anders definiert. Wenn eine breite Masse von Menschen die Begriffe so definiert, wie Dom geschrieben hat (Religion ohne irgendeinen Herrschaftsanpsruch sondern als Ansammlung von Werten), dann hat dies auch Gültigkeit. Das bedeutet nicht, dass man die Vergangenheit vergisst oder schönredet, sondern dass sich Religion VERÄNDERT (so wie alles im Leben).

    Ich persönlich fühle mich zu keiner speziellen Religion hingezogen, da ich eher mein eigenes Süppchen koche, aber ich denke, dass mehrere Wahrheiten nebeneinander existieren können. Nämlich so viele wie es Menschen gibt. Und immer dran denken: Unser modernes, humanistisches Menschenbild ist genauso wenig endgültig wie das mittelalterliche, (im alten Sinne) christliche!

  16. anonym

    @ anonym 15:45
    Zu diesem Blogeintrag habe ich bereits einen Kommentar abgegeben (siehe oben, 13:21).

    Aus Gründen der Fairness finde ich es nicht in Ordnung, daß Sie hier ein Pseudonym verwenden, das ich bereits seit langer Zeit – auch bei Kommentaren in diesem Blog seit Monaten – konsequent benutze. Sie verwirren damit Leser und geben Meinungen kund, die nicht die meinen sind. Daher bitte ich Sie hierdurch ausdrücklich, einen anderen Namen zu verwenden. Es würde völlig reichen, Sie veränderten die Schreibweise, viel Einfallsreichtum benötigt man dazu nicht mal. Danke!

  17. @Christopher:
    Der Glaube an irgendeine übergeordnete Instanz ist aber bei weitem nicht das Gleiche wie der Glaube an eine bestimmte institutionalisierte Religion. Das finde ich als Weltbild wesentlich unproblematischer.

    @Der Maskierte:
    Gut, bei 2 Besuchen in 5 Jahren ist das aber auch mit Kanonen auf Spatzen geschossen 😀

    @Sica:
    Ich möchte garantiert nicht jeden Gläubigen in eine Schublade stecken, aber warum sollte mir ein Mensch imponieren, der eines religiösen Glaubens wegen etwas gutes tut?
    Wenn ich keine kleinen Kinder überfahre und das mit meinem Glauben an die StVO begründe, bin ich dann mehr Held als wenn ich es einfach tue, weil ich es für sozialer halte?
    Es ist natürlich schön, wenn sich die Zeugen Jehovas im dritten Reich nicht instrumentalisieren ließen, aber besser als andere, die sich geweigert haben, macht sie das nicht wirklich.

    @anonym (15:45):
    Zum Teil. Das mag eine neue Form von Religion sein und die mag meinetwegen auch besser sein, als das, was (dennoch allerorten) gepredigt wird. Und diese Leute stehen auch nicht vor Haustüren und verkaufen mir ihre Weltsicht.
    PS: Vielleicht wäre ein anderes Pseudonym tatsächlich keine schlechte Idee 🙂

    @anonym (15:54):
    Ich finde es auch etwas unglücklich mit zwei anonyms im selben Kommentarbereich, ein Bisschen zu erwarten ist das aber auch bei einem Allgemeinbegriff wie diesem…

  18. anicca

    Huch, hatte ich heute morgen vor der Arbeit nicht noch einen Kommentar geschrieben? Na, hatte ich mich wohl vertippt.
    @Sash
    Buddhisten haben keine imaginären Freunde. Hm, oder auch nur imaginäre, weil ja das ganze Erleben imaginär ist. 😀

  19. @Sash:

    Ja, definitiv ist das unproblematischer als alles institutionalisierte. Das trifft aber nicht nur bei Religionen zu, fast alles was institutionalisiertg ist, ist problematisch…

  20. @anicca:
    Sorry, der wurde irgendwie als Spam markiert…
    Buddhisten sehe ich auch tatsächlich noch als eine der harmlosesten Gruppen, allerdings liegt das eher an ihrem geringen Hang zur Mission.

    @Christopher:
    Da ist auch wieder was dran 😀

  21. @Sash

    Wenn du nicht die große Keule rausholen willst, dann lass dich einfach im Clubbuch als „Da wohnt Satan“ markieren, indem du beim nächsten Besuch ihnen mitteilst: „Ich wurde ausgeschlossen. Wir haben uns daher nichts mehr zu sagen.“

    Danach hast du mit an 100% grenzender Sicherheit Ruhe. 😉

  22. anonym

    Eine andere „tolle“ oder zumindest effektive Idee wäre sicherlich, diese Leute freundlich zu begrüßen und ihnen im Gespräch beiläufig mitzuteilen, daß man a) pädophil oder wahlweise Neonazi-Sympathisant ist und daß man b) ein gewisses Interesse an ihrer Glaubensgemeinschaft hat und dort gerne mittun würde. Ich denke, das würde wirken …

  23. @Der Maskierte:
    Haha! Der ist wirklich sehr geil! 😀

    @anonym:
    Wahrscheinlich. Aber nachher hat man dann Leute an der Backe, die sich einbilden, einen auch davon kurieren zu können…

  24. boris

    ich nochmal! ich muss echt mal n paar props an dich loswerden. du kannst echt gut schreiben. muss als schmunzeln, bei einigen artikeln und der hier is echt die krönung! mach weiter so!!

  25. @boris:
    Danke 🙂

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