Rollenklischees live

Ich als bis voriges Jahrzehnt noch halbwegs junger Mann hab selten persönliche Probleme mit Rollenklischees gehabt. Wie auch. Als Mann ist man halt der Standardfall, da draußen existiert keine Welt, die mir im Speziellen das Leben schwerer macht. Nicht dass man es deswegen immer leicht hätte, aber diesen Unterschied sollte man schon verstehen.

Tatsächlich kann ich mich auch jetzt nicht beschweren, aber inzwischen bin ich Vater und da wird der Wind dann plötzlich rauer. Schade, wenn das dann auch noch aus der Familie kommt, ironischerweise wiederrum von meinem Vater.

Ich hatte nicht die Hoffnung, dass er es wirklich nachvollziehen können würde, dass ich mehr Elternzeit nehme als Sophie und ja, dass ich dann auch noch zeitgleich meinen Job endgültig gekündigt habe, war so auch nicht ewig geplant. Das ist bei ihm dann doch alles etwas anders gewesen. Er hat 1972 etwa seine Lehre angefangen und ist letztes Jahr im selben Betrieb in Rente gegangen. Elternzeit gab es in den 80ern nicht und überhaupt und sowieso.

Entsprechend wenig überrascht war ich, dass er mich bei seinem Besuch hier nochmal darauf angesprochen hat, wie die weiteren Pläne sind. Und die sind eigentlich ganz ok. Sophie päppelt ihr Unternehmen auf, hat ein zweites, das das dann ersetzen soll, in fortgeschrittener Planung. In der Zeit hüte ich das Kind und wenn das in ein paar Jahren vorbei ist, könnte ich mir vorstellen, einen eigenen Laden zu eröffnen. Naturgemäß sind die Planungen dazu noch reichlich vage, zumal wir nicht einmal wissen, wo wir dann vielleicht wohnen werden.

„Dir isch scho klar, dass mir des jetzt ned wirklich g’fälld!?“

Kann man so natürlich sagen. Ebenso bin ich als 37-jähriger auch stets auf so konstruktive Kritik aus dem Elternhaus angewiesen. Man könnte es aber halt auch lassen. Vor allem – und da kommen wir zu den eingangs genannten Rollenklischees – so wenig das irgendwem zusagen muss oder nicht: Dass wir das hier so herum handhaben, ist ja kein Zufall.

Taxifahren war – und das hatte ich immer schon geschrieben – nie ein Job, mit dem man sinnvoll Familienernährer spielen konnte. Also ja, mit 60-Stunden-Woche vielleicht. Darüber hinaus hat nicht nur Sophies Unternehmen mehr Potenzial – sie hat außerdem gerade ihren Bachelor gemacht und selbst auf dem Arbeitsmarkt deutlich bessere Chancen als ich. Just für so Sicherheitsliebhaber wäre das die logische Idee.

Schlüssel-Bund, Quelle: Sash

Und wir haben noch keine Kinderbetreuung, irgendwer muss das machen und ich mache es auch noch gerne. So eine Ehe mit Kind ist halt auch irgendwie eine Schicksalsgemeinschaft. Man muss sich auf sich gegenseitig verlassen und das klappt hier ganz gut. Der einzige Grund, warum man da irgendwie Bedenken äußern muss, ist, wenn man der Meinung ist, dass ich nicht die Kinderbetreuung übernehmen sollte, bzw. dass Sophie das natürlich tun müsste.

Uns stört jetzt so ein Missfallen meines alten Herrn nur bedingt, das ist klar. Aber es ist schon traurig, wenn sowas dann ausgerechnet aus der Richtung kommt. Es macht nicht gerade Mut für all die anderen Begegnungen, die sich als Vater in den nächsten Jahren noch ergeben werden.

1 Comment

Filed under Familie, Haushalt

One Response to Rollenklischees live

  1. Wahlberliner

    Dies ist ein sehr gutes Beispiel für die „Benachteiligung“ durch die Hintertür, die Männer in unseren gesellschaftlichen Rollenklischees eben doch auch erfahren: Wenn eine Familie da ist, muss es der Mann sein, der sie ernährt, sonst ist er als Mann nichts Wert.

    Heute erkennt natürlich jeder, was das für ein Unsinn ist, aber zu Zeiten unserer Elterngeneration war das halt noch so (und davor auch einige Jahrhunderte lang, als wir aufgehört haben, in mind. 3 Generationen überspannenden „Großfamilien“ zu leben).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert