Zentrum, Geschichten von Kalle (1)

Vor einigen Wochen hatte Sash die Idee, dass ich einige meiner Kundenerfahrungen als Gastbeitrag hier vorstellen könnte. Naja warum eigentlich nicht? Kunden sind immer wieder interessant, egal in welchen Umfeld. Doch bisher war es eben nur eine Idee. Aber als ich heute mit Erschrecken lesen musste, dass Sash die Taxigeschichten ausgegangen sind, kam der Geistesblitz:

Ich mache die Krankenvertretung. Ich möchte mir zwar nicht anmaßen ein würdiger Ersatz zu sein, aber vielleicht kann ich den ein oder anderen ja bis zu Sashs Genesung unterhalten…

Die Geschichten, die ich erzählen werde, habe ich während meiner Arbeit als Kundenbetreuer in einem Service-Center großer Versandhandelsunternehmen erlebt. Das Wort Callcenter ist wohl der geläufigste Begriff dafür, aber es trifft es nicht ganz. Zu unserer Freude durften uns die Kunden auch per Fax, Brief, Email oder Chat kontaktieren.

In meinem Center haben 1200 Mitarbeiter gearbeitet, in Schichten natürlich, um dem gewaltigen Kundenandrang zu bewältigen. Außerdem haben uns dabei zwei weitere Center in anderen Städten geholfen, die zwar etwas kleiner, aber dennoch riesig waren. Und dazu auch gleich der erste erheiternde Dialog, den man so des Öfteren erleben durfte.

Ich: „Willkommen bei Versand, meine Name ist Kalle Zentrum. Was darf ich für Sie tun?“

Kundin: „Das hat ja ne Ewigkeit gedauert bis man hier mal jemanden an der Strippe hat. Sie wollen einen doch nur abzocken.“

Ich: „Es tut mir leid, dass Sie so lange warten mussten, aber jetzt bin ich ganz für Sie da. Nennen Sie mir bitte Ihre Kundennummer?“

Kundin: „Ich habe heute schon so oft angerufen, so langsam müssten sie mich alle kennen. Nochmal gebe ich Ihnen meine Kundennummer nicht.“

Ich: „Leider kenne ich Ihre Kundennummer nicht. Würden Sie mir kurz die neun Ziffern oder Name und Adresse geben, damit ich Ihre Kundendaten aufrufen kann?“

Kundin: „So nicht. Nicht mit mir. Wenn Sie glauben, dass sie Kunden so behandeln können. Sowas unfreundliches hab ich ja noch nie erlebt. Dann eben nicht.“

Tuut – Tuut – Tuut

Es war nicht der Regelfall, dass Kunden sich weigerten Name oder Kundennummer preiszugeben, Tonfall und Beginn des Gesprächs leider schon.

Versteht mich nicht falsch, auch ich habe viele schlechte Erfahrungen mit Callcentermitarbeitern gemacht, besonders beim Zuhören am Nebentisch. Ich will also keinen Kunden dafür verurteilen, dass er mit schlechter Laune anruft. Was aber erhofft sich der Kunde von diesem Gespräch? Den Postboten und die Kassiererin kann man kostenlos anschreien, warum zur Hölle gibt man dafür auch noch Geld aus?

So, und damit meine Krankenvertretung hier auch was lehrreiches mit sich bringt, gibt es jedesmal noch einen Tipp für Anrufe in Callcentern.

TIPP 1:

Es passiert nicht oft, aber manchmal hat man kompetente Mitarbeiter an der Strippe. Also erstmal abwarten und mitspielen und wenn der Gegenüber seinen IQ offenbart hat, entweder losschreien oder sich über die schnelle Hilfe freuen.

9 Comments

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9 Responses to Zentrum, Geschichten von Kalle (1)

  1. Hat ein bisschen was von den Leuten, die ins Taxi steigen und dann nicht sagen wollen, wo es hingehen soll.
    Aber die sind wenigstens im Auto geblieben im Gegensatz zu diesem… Eumel.

  2. cypher

    Yeah
    helpdesk-storys
    supi ( 😉 )
    auch davon gerne mehr
    schließlich herrscht noch immer ein missverhaeltnis zwischen dienstleister- und kundenbashing (bashing mein ich eher im liebevoll satirischen sinne)

    die story erinnert ans „nuttenprellen“: bezahlen und abhaun *fg*

  3. sachsentaxi

    @ Kalle: bitte mehr davon!!! Es tut gut zu wissen, das auch andere noch Mülleimer spielen müssen,obwohl sie mit der Sache gar nicht vertraut sind ;O)
    @Sash: Ja genau, die mag ich auch am liebsten. „Wo solls denn bei ihnen hingehen?“ „Fahr erstmal los!“ „Na aber ich muss ja wissen ob ich links, rechts oder geradeaus fahren muss.“ „Na fahr nur erstmal.“ „Ok, dann such ich mir jetzt ne Richtung aus!“ „Nee, hier rum is falsch“….aaaaahhhh!!!!!

  4. Basti

    Hallo Kalle,
    das wird ja Interessant hier.Ich hatte bis jetzt nur nette Callmitarbeiter. Der letzte Anruf war der beste bei der Telekom. Hatte nur eine Frage die eindeutig mit ja oder nein zu Beantworten gewesen wäre.Nach gut 25 min. wusste ich, das die gute Frau einen großen Garten hat, das Wetter in Rostock sau mies war und das die Familie mit Enkelkindern kommt 😉

    @sachsentaxi:
    du siehst eben aus als könntest du Hellsehen 🙂

  5. @cypher:
    „Nuttenprellen“ klingt nach ner logischen und abendfüllenden Beschäftigung 🙂

  6. @sachsentaxi:
    Ja, das sind wirklich die Größten… was sich manche Leute denken…

  7. Kalle Zentrum

    Erstmal Danke für die nette Begrüßung… 🙂
    @Basti: Glück gehabt. Ein paar von uns netten schwirren ja immerhin in den Callcentern rum. 🙂
    @Sachsentaxi: Ich hab mich oft als professionellen Prellbock bezeichnet. Die Fälle in denen ich für einen eigenen Fehler vorm Kunden gerade stehen musste, kann ich wohl an einer Hand abzählen.

  8. Ich habe auch ein halbes Jahr als Aushilfe in einem Callcenter gearbeitet. Seitdem bin ich auch viel netter zu den Leuten die ich so anrufe 😉 Wenn ich wirklich sauer bin, schreib ich inzwischen meistens eine Mail anstatt da jemanden anzublöken.
    So einen Kunden hatte ich zum Glück nie und Leute die sich beschweren wollten durfte ich netterweise an „die Beschwerdeabteilung“ weiterleiten… ist leider nur schwer dann anständig rüberzubringen das da grade alle Sprechen..

  9. @Rinjah:
    Das verstehe ich gut. So ist das ja meistens, wenn man einen Einblick in gewisse „Kreise“, Berufe, etc. bekommt.
    Das schwierige bei Callcentern ist ja auch diese künstliche Hierarchie, die da aufgebaut wird. Wenn man als Kunde ein Problem hat, dann muss man sich ans Callcenter halten – man kann schlicht daran verzweifeln, wenn man einen Idioten in der Leitung hat. Da hat man keine Chance mehr…

    Ich bin ja auch ein wirklich gelassener Zeitgenosse. Aber die Leute bei Arcor haben mich auch schon dazu gebracht, sie runterzuputzen. Es ist nicht so, dass ich mir nicht eingestehe, da im Einzelfall den falschen erwischt zu haben – ich sehe allerdings nach wie vor eine gewisse Alternativlosigkeit.
    Aber: Ich spreche hier von wirklich nervigen Sachen, nicht davon, dass einer mal einen falschen Knopf gedrückt hat oder 3 € Versandkosten berechnet. Wie schwierig auch der Sinn mancher Dinge als Kunde, der nur auf unwissende Mitarbeiter trifft, zu verstehen ist, kann man vielleicht in einem meiner (etwas älteren) Lieblingsartikel hier im Blog, „die Taste 2″(und dem Folgebeitrag), lesen.

    http://www.sashs-blog.de/wordpress/2008/09/24/die-taste-2/

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