„Ich war ja wirklich nicht von Anfang an dabei, aber einfach nur die letzten 20 Jahre betrachtend möchte ich resümieren: Das mit dem Internet haben wir schon ein bisschen verkackt.“
Ich hab das letzte Woche auf Mastodon gepostet und so locker sich der Satz auch lesen mag: Fuck, ich glaube das wirklich.
Es gibt insgesamt viel schlimmes da draußen, der fast weltweite Rechtsruck natürlich vorneweg, aber nichts davon macht mir gerade mehr Herbststimmung als das. Natürlich will niemand alte Männer vom Krieg reden hören, aber deswegen schreibe ich das ja hier und nicht irgendwo anders, wo es geteilt und geklickt wird.
Ja, ich weiß: Die guten Leute sind eigentlich alle noch da. Es gibt so viel tolles da draußen. Aber wenn man sich heute ohne monatelange Kuration und Browseroptimierung im Netz umschaut, hat man echt das Gefühl, eine der miesesten Timelines erwischt zu haben. Die großen Netzwerke sind verstopft mit Propaganda, AI-Quatsch, Desinformation und reißerischen Aufmachern für obskure Belanglosigkeiten. Der Passwortmanager frisst mehr RAM als ein PC 2010 gehabt hätte, weil jede Bank 4, jedes Verkehrsunternehmen 2 und jedes Spiel mindestens einen Account irgendwo braucht. Susis Friseurladen macht Termine jetzt mit einem Chatbot, Europa will (mal wieder, wie immer) alles ausspähen und nach und nach werden alle seriösen Medien von rechten Milliardären unterwandert. Drei Viertel der Mails sind Spam und der Rest vom freien Netz wird immer mehr zu einem Keller, in dem sich verschiedene Bots gegenseitig in dem bestätigen, was sie machen. Man kann mit Google nichts mehr finden – und im Play-Store schon nicht mal mehr richtig suchen – bei Amazon vor lauter Schrottanbietern nicht mehr einkaufen und die letzten unabhängigen Regionalzeitungen fangen auch schon an, Trump als Politiker ernst zu nehmen. So langsam kommen einem die nervigen Hilferufe von Stay Friends, in das ich wie jeder bei Verstand seit 2006 nicht mehr reingesehen habe, vor wie ein heimeliges Lagerfeuer am alten Internet.
Das hier ist sicher kein Platz, um irgendwen wachzurütteln, ich mach das ja nur noch für mich. Ich will die Klicks gar nicht, die Google gerade einbehält, indem es lieber treffsicher mit KI erörtert, was ich gerade mache:
Ich wäre trotzdem dabei, wenn wir’s nochmal von vorne versuchen.
Tja Sash,
ich bin seit 1996 online, und trauere den alten Zeiten hinterher. Damals hieß es noch von Nicht-Nerds, dass man spinnen würde, weil man mit Leuten schrieb, die man gar nicht kannte. Selbst einen Computer hatten zu Hause gefühlt vielleicht 5% der Bevölkerung, und die anderen 95% sollten heute zu
wiederum 95% auch besser keinen haben.
Es passt dazu der alte Spruch: „Früher hatte jedes Dorf seinen Dorfdepp, heute sind sie vernetzt!“
Aber wir werden die Zeit nicht zurückdrehen können, und wir werden es nicht ändern. Spannend wird es wenn unsere Generation nicht mehr da ist, dann müssen die „anderen“ selbst klar kommen. Früher und auch heute noch haben wir „Nerds“ versucht, unseren Eltern zu helfen, wenn sie mit dem Computer wieder nicht klarkamen. Heute helfen wir zudem unseren Kindern, wobei damit alles von 5 – 25 Jahren gemeint ist, weil diese nur noch mit den Kisten daddeln können oder auf Social Media unterwegs sind. Von denen kriegt doch keiner mehr einen Drucker installiert oder einen RAM-Riegel getauscht. Diese Liste ließe sich unendlich fortsetzen, und ist daher nie vollständig. Ich sehe schwarz für die Zukunft