Urlaub zuhause

Dieses Jahr machen wir ja mehr Urlaub als all die Jahre seit … ok, ich glaube, ich war noch nie so oft in einem Jahr im Urlaub wie 2025. Und das ist auch schön. Obwohl wir ja gerade selbst wohnen, wo andere Urlaub machen.

Foto über den Rhein hinweg mit dem Binger Mäuseturm und der Burgruine Ehrenfels

Ich will gar nicht so sehr darauf raus, wie hübsch Bingen am Rhein ist – was man schon so sagen kann – sondern eher ganz allgemein mal in die Runde fragen, ob es anderen hier auch so geht, dass sie ein neues Zuhause auch nach Jahren noch mit den Augen eines Touristen betrachten.

Wir wohnen in ein paar Wochen genau drei Jahre hier und ich denke, dass es eigentlich auch normal ist, dass man Orte, in denen man mehr als einmal irgendein Amt besucht hat, irgendwie als Alltag abspeichert. Ich will auch nicht sagen, dass ich das nicht tue. Mein Blick bei der Fahrt zum Aldi bleibt auch nicht mehr jedes Mal an den umliegenden Weinbergen hängen und ich hab die Burg Klopp inzwischen erschreckend pragmatisch als Sitz der Stadtverwaltung abgespeichert. Selbst der Rhein ist inzwischen sehr normal geworden.

(Obwohl Sophie mir erst vor ein paar Wochen gezeigt hat, dass wir tatsächlich aus der Küche zwischen allen Bäumen und Häusern hindurch einen kleinen dreieckigen Fleck Wasser sehen können. Was mich im Grunde vor allem freut, weil der Vermieter deswegen nichts von Rheinblick geschwafelt und nochmal 100 € im Monat aufgeschlagen hat.)

Aber an immer noch sehr vielen Tagen bewundere ich doch noch die beeindruckenden Ausblicke durch die Straßen auf die steilen Berge, sehe mir fasziniert die Verzierungen der alten Herrenhäuser an oder erquicke mich einmal mehr an unserer Garage, die wie inzwischen ja alle wissen dürften, früher ein Weinkeller gewesen sein muss. Und dann freue ich mich einfach, hier sein zu können. Aber das liegt eben nicht an Bingen. Ich bin auch in Berlin – ja, sogar und ganz besonders in Marzahn – oft an Ansichten hängengeblieben, die mir schön erschienen; obwohl ich da dann schon fast ein Jahrzehnt im Nebenhaus gewohnt habe.

Ich persönlich glaube ja, dass das was mit meinem grundsätzlichen Optimismus zu tun hat, dass ich gerne das Schöne in Dingen sehe. Aber das ist andererseits natürlich auch einfach nur die schmeichelhafteste Erklärung für mich. Geht es noch jemandem so und hat jemand plausible andere Gründe dafür parat?

5 Comments

Filed under Bilder, Haushalt, Vermischtes

5 Responses to Urlaub zuhause

  1. Monika

    Ich wohne seit über 30 Jahren in Zürich. Und nach all diesen Jahren bin ich/ sind wir uns immernoch bewusst dass wir da wohnen (dürfen) wovon andere Menschen träumen und im Urlaub besuchen: in einer wunderschönen Stadt an einem See, mit grossartiger Kultur – hier sei die Oper und die Street Parade als totale Kontraste erwähnt und man muss nicht beides mögen oder besuchen, aber die reine Existenz nebeneinander ist doch toll – in einer schönen und intakten Landschaft.

    Manchmal vergisst man das im Alltag ein bisschen, aber den Menschen die uns besuchen diese Schönheit, die versteckten Ecken, die atemberaubenden Ausblicke (selbst in der Stadt oder nahen Umgebung) zu zeigen und ihre leuchtenden Augen und strahlendes Lächeln mitzuerleben erinnert uns dann wieder daran…

    Ich glaube man findet in jeder Stadt/Städtchen/Dorf Schönheit und Begeisternswertes, man muss nur mit offenen und neugierigen Augen hingucken. Bei Schlafstädten im Speckgürtel einer Grossstadt würde mir das aber wohl schwerfallen – aber unsere Entscheidung kein (Reihen–)Haus besitzen zu wollen sondern zur Miete in der Stadt zu wohnen stimmt für uns, andere Menschen treffen aus ihren Gründen andere Entscheidungen und das passt dann ja auch.

    Ich freue mich immer wenn andere Menschen ihre Umgebung genauso bewusst und schön wahrnehmen ?

  2. Monika

    Das ? sollte ein . sein….

  3. @Monika:
    Ich kann das so gut nachvollziehen. Eigentlich ist es sogar das Schönste daran, dass unterschiedliche Menschen so unterschiedliche Dinge mögen. Ich habe mich so über schöne Ecken in unserer Plattenbausiedlung gefreut, die am Ende auch deswegen schön für mich waren, weil sie nicht in und bevölkert waren.

  4. Anonym

    Mir geht es ähnlich: Ich gucke aus dem Büro aufs Meer, oder wenn ich mit dem Rad heimfahre, und immer wieder freue ich mich darüber 🙂 Bei Sonne oder wenn eine Regenfront anrollt, immer sehr spannend.

    MfG, Arno

  5. Micha

    Ich habe meine Kindheit in der Nähe von Heilbronn, also eher ländlich verbracht. Dann kamen bis heute mit 25 Jahre Berlin die längste Zeit meines Lebens. Und stehen wir vor der großen Entscheidung nach Fehmarn zu ziehen, also wieder ins Ländliche. Und dass lässt mich etwas ratlos zurück, ob es sinnvoll bzw. ob es passt, da raus auf die Insel zu ziehen. Wie du schreibst, wo Leute Urlaub machen. Eigentlich benötige ich Trubel, Menschen, Kultur (-angebote), und bin aus dem Süden weggezogen, weil dort die Decke aufgrund auch der Leute auf den Kopf fiel. Andererseits gibt es das in Klein auch dort und die Landschaft ist wie im Urlaub. Also: schwierig, ob sich das abnutzen wird, ob dann was fehlt, oder ob es fürs vielleicht auch unbewusste Lebensgefühl großartig ist an solchen Orten zu leben.

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