22. Juli 2025 · 10:55
Aus den Medien – ausgerechnet – wissen wir ja von allerhand Studien, wie sich der Medienkonsum auf die eigene Wahrnehmung auswirkt. Und natürlich nicht nur die Menge, sondern vor allem auch, was genau man sich zwischen die Ohren dübelt. Klar, augenscheinlich wird es, wenn wir gerade in die USA schauen, wo man sieht, wozu es führen kann, wenn ein halbes Land einem rechtsextremen Senderkonglomerat Raum gibt, aber es ist ja auch nichts neues, dass hierzulande Blauwähler gerne bestimmte Zeitungen lesen, die sicher auch nicht ganz zufällig hohe Absatzzahlen haben.
Auf dem politischen Spektrum ist das alles auch totdiskutiert, da hab ich gerade nix beizutragen. Und ja, natürlich bin ich da auch nicht unanfällig, ich vermeide die Springerpresse auch, wo es geht. Ganz so wahnsinnig, eine Zeit lang die Welt zu lesen, werde ich in diesem Leben vermutlich auch nicht mehr.
Der in der Überschrift angeteaserte Selbstversuch bezieht sich also nicht auf irgendwas politisches, sondern auf Unterhaltung. Und zwar hab ich letztes Jahr schon den Podcast „Mordlust“ in meine Liste mitaufgenommen. Es ist nicht der erste True-Crime-Podcast, den ich in meinem Leben gehört habe, ich hab wie viele andere auch immer schon eine Faszination fürs Böse im weitesten Sinne gehabt. Das Neue war, dass ich meinem Drang nachgegeben habe, neue Podcasts von Beginn an zu hören und dementsprechend in relativ kurzer Zeit so um die 200 Stunden – bin mir gerade nicht sicher – wegabsorbiert habe. Und da war dieser Effekt, den Medien auf einen haben können, plötzlich unfassbar greifbar.
Also auf einem Level, das gleichermaßen verstörend, wie auch unfassbar interessant war.
Denn zum einen hab ich gemerkt, dass ich insgesamt schlechtere Laune hatte. Sicher, das kann viele Gründe gehabt haben, aber zeitlich war das erstaunlich passend. Darüber hinaus habe ich aber auch erstmalig an mir selber gemerkt, wie das ist, wenn einem etwas Angst macht. Also was aus den Medien. Angst kenne ich schon auch, keine Sorge, entgegen anderslautender Gerüchte bin ich kein seelenloser Stein. Ich meine halt so richtig echte Besorgnis, dass „da draußen“ Dinge passieren, die mir gefährlich werden können.
Was stimmt, aber als Mensch, der gerne rational ist, sich in Grundzügen mit Statistik auskennt und darüber hinaus das große Glück hat, aufgrund seiner äußeren Erscheinung extrem selten in Gefahr zu geraten, bin ich bisher schon immer mit einem gewissen Sicherheitsgefühl durch mein Leben gewatschelt, das auch nicht unbegründet war. „Gefährliche Stadtteile“ sind für mich seit jeher ein Motiv aus Hollywoodfilmen, ungefähr so real wie mutierte Superschurken. Im Grunde will ich niemandem was böses und in meinem tiefsten Inneren gehe ich davon aus, dass das entsprechend umgekehrt auch so ist. Und im schlimmsten aller Fälle ist das Motiv des Gegenübers Geld und das ist ein lösbares Problem, vor dem ich keine allzu große Angst oder bei dem ich nicht allzuviel zu verlieren habe.
Aber nach einem Monat intensiver Verbrechensbeschallung hab ich gemerkt, wie mich das unsicher gemacht hat, wie ich mich plötzlich gesorgt habe, was alles passieren könnte. Und um ehrlich zu sein: Rückblickend ist das eigentlich das Beängstigende. Denn natürlich hatte sich an meiner Situation nichts verändert und trotzdem hab ich nur weil ich ein paar Berichte zu besonders hervorgehobenen Straftaten gehört habe, ein diffuses Unwohlsein gespürt. Ich hab da ganz persönlich gemerkt, wie leicht es eigentlich ist, Leute zu manipulieren. Denn das bei mir war mit dem Holzhammer und ganz offensichtlich, das sieht halt nochmal ganz anders aus, wenn man da langsam über 20 Jahre mit seinen Lieblingssendungen reinrutscht.
Mich kriegt man nicht mehr dazu, Sicherheitspakete der Union zu bejubeln, da bin ich guter Dinge, ich hab das jetzt ja auch halbwegs gut mitbekommen. Aber es fühlt sich komisch an. Auf einer anderen Ebene.
Ach ja, ich höre Mordlust immer noch. Eine Folge die Woche ist eine nette Abwechslung zwischen Unterhaltung, Wissenschaft, Politik und Nachrichten. Aber ich werde mir sicher keine drei weiteren Crime-Podcasts in die Liste packen.