Sie werden so schnell erwachsen…

Ein beschaulicher Werktag im sonnigen Mai 2011. Marzipaniens Beton ist von der inzwischen tiefstehenden Sonne erwärmt, manche Bewohner des östlichen Berliner Stadtteils haben ihre Bekleidung bereits auf T-Shirt und Sandalen umgestellt.

Direkt neben dem Eastgate plätschert ein Brunnen vor sich hin. In ihm tummeln sich zwei Mädchen mit durchnässter Kleidung. Der Brunnen ist eine moderne, ebenerdige Konstruktion ohne Begrenzung. Im Wesentlichen besteht er aus einer begehbaren runden Fläche aus poliertem schwarzen Granit, über dessen Fläche sich etwa 15 Wasserdüsen verteilen, eine besonders große in der Mitte, die eine übermannsgroße Fontäne erzeugt.

Die beiden Mädchen rutschen barfuß laut schreiend durch die Wasserstrahlen, suhlen sich im den Boden nur hauchdünn bedeckenden kühlen Nass.
In mir kommen Erinnerungen an frühe Tage im Freibad hoch: Mit aller Kraft die Wassermassen wegdrücken, und wenn man eine Düse versperrt, erhöht sich der Druck auf der anderen. Hände drauf – Wasser weg! Hände weg – Wasser da!

Die zwei Nachwuchs-Meerjungfrauen liegen nun bäuchlings mitten auf dem mehr oder minder belebten Platz und vollführen seltsame Bewegungen.

„Ich kann schwimmen, ich kann schwimmen!“

ruft eine, während ihre klatschnassen Haare auf dem dunklen Boden festzukleben scheinen.

Die zweite legt sich auf den Rücken, streckt alle Viere von sich und ruft:

„Ich bin Thaddäus!“

„Nein!“

kreischt die andere:

„Du bist Patrick Star!“

Nur kurz waten sie erschöpft zu den trockenen Beton-Bänken am Rand, dann springen sie wieder von unglaublicher und beneidenswerter Energie getrieben auf die Brunnenfläche.

Sash und Ozie verweilen gegen die bald untergehende Sonne anblinzelnd größtenteils schweigsam auf den warmen Sitzmöglichkeiten, Zigaretten in den Händen, die warme Sommerstimmung genießend. Der Einkauf ruht in einer in sich zusammengestürzten Leinentasche am Rande des Geschehens.

Die beiden Mädchen sind inzwischen dazu übergegangen, im Entenmarsch nacheinander mal schnell, mal betont langsam und cool durch die Mittelfontäne zu spazieren, gewissermaßen zu tanzen. Natürlich nur kurz, dann schmeißen sie sich wieder auf den Boden und lassen das Wasser von allen Seiten um den Körper spritzen.

Als Sash und Ozie die Szenerie verlassen, ist ein Ende des Spiels nicht abzusehen. Ein bisschen neidisch auf die unbeschwerte Art des Daseins fragen wir uns nur: Haben wir das eigentlich mit 14 auch noch gemacht?

8 Comments

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8 Responses to Sie werden so schnell erwachsen…

  1. Wow, das hast du echt super geschrieben. Kam mir vor als ob ich ein Buch lesen würde.
    Aber zum anderem, sicher waren wir damals so unbeschwert, jedenfalls die Meisten von uns. Toller Blog übrigens, lese ich wirklich gern.

  2. Damals, als wir noch jung waren… ja!

  3. Marco

    14? Schwierig. Nach der Beschreibung hätte ich ja eher auf 8-10jährige Mädels getippt. Mit 14 ist doch die Pubertät in vollstem Gange…

    Ich bin also skeptisch, ob wir das mit 14 so gemacht haben. Mein Tipp wäre, bis etwa 10 oder vielleicht 12, und dann ab 20 wieder 😉 (wenn auch vielleicht nicht so komplett unbeschwert, aber manchmal muss man auch über die Stränge schlagen…)

  4. @Croix:
    Danke 🙂
    Und ja: Was ich mit 14 nicht alles gemacht habe… aber es wirkte eben dennoch eher ein paar 6-Jährigen angemessen 🙂

    @Marco:
    Ab 20 wieder? Aber auch nur mit Drogen, oder? 😉

  5. Oh,
    höre ich da ein wenig Melancholie aufkommen? Tja Sash, du wirst alt. Unweigerlich. Und jeden Tag 24 Stunden mehr 😉

  6. Kommentator

    Ja, „MEINE GENERATION“ ™, geboren, da waren Kanzler noch ausnahmslos Weltkriegsteilnehmer (mal der linken, mal der NSDAP-Sorte…), hat sowas gemacht, und noch mehr – denn wir haben noch richtig „gespielt“, und zwar *trommelwirbel* DRAUßEN GESPIELT ™!

    Wir sind morgens (Ferien) oder nach dem Mittagessen (Schulzeiten) aus dem Haus gegangen, etliche Kilometer in die Landschaft hinausgeradelt und dann, unbeaufsichtigt und vogelfrei, in Flüssen und Teichen rumgeschwommen, haben Flösse gebaut, sind durch Wälder gestreunt, haben hohe und höchste Bäume erklettert, uns mit Steinen, Stöcken, Bällen und Matsch beworfen und bespaßt und haben Äpfel und Beeren je nach Saison gepflückt und ungewaschen gegessen… Abends kam man dann (in den Ferien teilweise erst bei Einbruch der Dämmerung – gab Ärger, war OK so) nach Hause, bekam in der Badewanne den ganzkörperanhaftenden Dreck abgeschrubbt, fiel nach dem Abendbrot todmüde ins Bett und hatte die Augen zu, bevor der Kopf das Kissen berührte…

    Und kein Handy weit und breit (oder irgendein Telefon), keine SMS, und niemand hat sich um „die Blagen“ gesorgt – wir waren halt Kinder, das war halt so, die rockten halt draußen rum, jeden Tag (auch im Winter, mit halsbrecherischen Schlittenfahrten und irgendwann kurz vor dem Erfrieren).

    Und das Verrückte daran: Wir haben all diesen ungesunden, unbeaufsichtigen und lebensgefährlichen Wahnsinn bei bester Gesundheit überlebt und genossen! (Die paar Knochenbrüche und Narben, pöh… allesamt wertvolle Andenken, heute noch).

    Die guten, alten Zeiten… Geil. Ich war gerne Kind, jeden Tag.

  7. @ednong:
    Ja, ich weiss es ja 😉

    @Kommentator:
    Da will ich doch keinstenfalls widersprechen. Nicht einmal ansatzweise. Zum Teil kenne ich das selber ja auch so – wenn auch in der Großstadt und damit weniger naturverbunden – aber mich hat dieser Kontrast zwischen Alter und kindischem Verhalten gereizt, weniger die Frage danach, ob man sowas als Kind macht.
    Dazu kann ich nur sagen: Hoffentlich!!! Die Armen, die das nie konnten!!!

  8. Marco

    @Sash: Aber nur mit legalen 😉

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