Medien, Rudeltiere und Schnappatmung

Medien sind Rudeltiere! Diesen Satz hab ich in den letzten Tagen oft erwähnt, und das nicht ohne Grund. Das Interview mit der Berliner Zeitung hat zum Beispiel trotz mehreren hunderttausend potenziellen Lesern kaum Spuren im Blog hinterlassen, gleich aber zeit.de mit auf den Plan gerufen, für die ich dann ja umgehend den „Proust-Fragebogen für Blogger“ ausgefüllt habe.

Noch schneller waren zwei Jungs vom Stern, da kam es aber erst in den Tagen danach zu einer Absprache, das Interview mit denen wird erst am Donnerstag, also morgen, stattfinden. Die haben mich allerdings vor mein größtes Problem bei solchen Anfragen gestellt: Restaurants. Journalisten treffen sich grundsätzlich Restaurants. Das finde ich eine gute Angewohnheit, schließlich bin ich essen und trinken ebenso wenig abgeneigt wie plaudern. Dumm nur: Wenn ich mich nicht mit Journalisten treffe, gehe ich nicht essen. Das schränkt meine Erfahrungen etwas ein.

Im Ernst: Restaurants besucht man einfach nicht alleine, und meinen Freundeskreis pflege ich in den meisten Fällen online. Ich hab überhaupt nix gegen gutes Essen, es ist mir bloß meist das Geld nicht wert. Und nicht, dass wir uns falsch verstehen: ich weiß die gastronomische Dienstleistung sehr zu schätzen und hab einen Heidenrespekt vor beispielsweise Köchen in Restaurants. Was die für einen Scheißjob machen – Junge, Junge!

Aber Ozie und ich sind ganz gut im Kochen, wir bleiben gerne zu Hause, ich ziehe Unterwäsche als Bekleidung so ziemlich allem anderen vor und muss finanziell gesehen für ein mittelprächtiges Essen mindestens 2 bis 5 Stunden arbeiten. Sprich: So sehr ich gutes Essen zu schätzen weiß, so selten kommt mir das als Ganzes wirklich erstrebenswert vor.

Deswegen hab ich die Arschkarte, wenn die mir netterweise die Wahl eines Restaurants überlassen. Das ist lieb, keine Frage. Aber ich für meinen Teil kenne kaum welche, noch dazu hab ich keine Ahnung, was so im Normalfall unter den Herren Journalisten (waren bisher keine Frauen dabei!) üblich ist. Das hab ich jetzt nach vier Tagen überlegen dem Stern auch einfach geschrieben.

Auch sehr schön ist, dass eine Literaturagentur sich noch gemeldet hat. Nicht etwa schön, weil sich überhaupt eine gemeldet hat, sondern weil es mal eine gute Anfrage war. Ich schlittere in dieses Autoren-Verlags-Dingsbums-Geschäft ja auch nur langsam rein, da kommen am Anfang natürlich allerlei ziemlich fadenscheinige Mails. Ich kann echt nur allen raten, vorsichtig und nicht leichtsinnig zu sein. Wenn wir gute Blogs schreiben, dann ist das eine tolle Sache. Wenn „die alten Medien“ darauf aufmerksam werden, dann ist das natürlich auch eine tolle Sache. Aber um Himmels Willen bloß keine Schnappatmung mit mittelschwerem Anfall geistiger Umnachtung, bloß weil in irgendeiner Betreffzeile „Buch“ und/oder „Verlag steht! Da gibt es ebensoviele Schmierenkomödianten, Idioten und Abzocker wie online auch, machen wir uns nix vor. Und wenn der einzige Vorteil ein gedrucktes Buch ist, dann ist das nix. Es fasst sich toll an, aber ein Buch kann man auch bei Buchbindern und in jedem dritten Copyshop oder gar online irgendwo erstellen lassen. DAZU braucht’s keine Verlage, auch wenn sie das gerne hätten.

Die aktuelle Anfrage hat natürlich mit GNIT zu tun, sie fragen aber konkret danach an, ob ich mir vorstellen könnte, mit ihnen zusammen ein Buchprojekt auf Basis meiner Taxigeschichten zu erarbeiten. Kein „Wir machen ihren Blog zum Buch“, „lassen Sie ihren Blog drucken“, nein. Eine konkrete Anfrage, ob ich mir vorstellen könnte, ein Konzept zu erarbeiten, das über einzelne Artikel hinausgeht. Das, was ein Buch ausmacht am Ende – eine Anfrage, die zumindest mal die Hoffnung zulässt, es arbeiten nicht nur Schwachmaten auf Beutefang dort.

Das praktische ist, dass ich sowas für demnächst sowieso geplant hatte, seit anderthalb Jahren ein angefangenes Manuskript mit unveröffentlichten Geschichten rumliegen hab, und mir das im Falle einer Übereinkunft tatsächlich eine angenehme Hilfe sein könnte, die ich gerne in Anspruch nehme. Wer weiß, vielleicht kommt es ja in absehbarer Zukunft zu einem Treffen. Ich hab Interesse bekundet, gleichzeitig aber auch klargemacht, dass sie nicht die einzigen oder auch nur ersten sind und das mit dem Taxibuch derzeit nicht oben auf meiner Prioritätenliste steht.
Das wirkt jetzt sicher wahnsinnig abgebrüht, aber da schlittert man rein und das kommt einfach, wenn man sich mal ernsthaft mit allerlei dubiosen Anfragen auseinandergesetzt hat und sich überlegen muss, wie man auf Anfragen als solche überhaupt reagiert.

Wenn Ihr Euch wie ich dem Schreiben ver… äh, -schrieben habt, dann könnt ihr jedenfalls sicher sein: Es wird immer irgendwie komisch und chaotisch werden. Das ändert sich wahrscheinlich nie. Selbst wenn man im Grunde Stufe um Stufe seinen persönlichen Berg erklimmt. Aber das, und das ist vielleicht das Geheimnis, ist eigentlich auch das witzige daran …

5 Comments

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5 Responses to Medien, Rudeltiere und Schnappatmung

  1. „Wir machen ihren Blog zum Buch“
    Was spricht dagegen, einfach jeweils 70 bis 80 aufeinanderfolgende Einträge als eBook herauszugeben?
    Relativ geringer Aufwand, da du die Einträge nur noch etwas umformatieren muss, dafür evtll. eine zusätzliche Einnahmequelle.

    „für ein mittelprächtiges Essen mindestens 2 bis 5 Stunden arbeiten“
    Warum sich stundenlang in die Küche stellen, wenn man für einen halben Stundensatz im Restaurant reichlich satt wird?

  2. Wahlberliner

    Zum Stern-Restaurant: Hättest halt einfach mal das Netz nach guten Restaurants gefragt. Oder eben einfach irgendeins genannt, wo Du schon immer mal reingehen wolltest. Und als Taxifahrer hast Du ja sicher auch schon mal das ein oder andere Restaurant mit Kunden beliefert, das Du Dir auch gerne mal selbst von innen angesehen hättest? Notfalls halt sagen „Oben im Fernsehturm am Alex“, oder sowas. Naja, jedenfalls: Fällt das Interview jetzt etwa aus, weil Dir kein Restaurant eingefallen ist, oder wie?

    Und zum Buch/Verlag: Sei vorsichtig, auch mit denen die da was mit Dir erarbeiten wollen. Lies den Vertrag genau, bevor Du ihn unterschreibst. Es gibt nicht nur mindestens ebensoviele schwarze Schafe da, wie in der Onlinewelt, sondern bei allen gibt es irgend einen Nachteil. Ein mir bekannter Autor hat mal ein Buch im Selbstverlag rausgebracht, weil er nur so sicherstellen konnte, dass die Farben auf dem Cover so aussehen, wie er es wünscht, und dass die Schriftart genutzt wird, die er haben wollte, etcpp. – Er ist dann bei 5000 Exemplaren wenn ich mich recht erinnere so ziemlich 0 auf 0 rausgekommen, wobei das Buch 25 oder 30 Euro gekostet hat (war aber auch gebunden und 300 oder 500 Seiten lang, also etwas mehr…).
    Jedenfalls fände ich es schade, wenn es das nächste Buch von Dir nicht auch wieder als eBook für wenige Euro zu kaufen gäbe, weil gebundene Ausgaben, und die Buchpreisbindung etc da dazwischenfunken. Und dann ist auch nicht gesagt, dass mit einem Verlag, der dann ja auch noch gewisse Rechte an Deinem Werk fordert, finanziell überhaupt genausoviel bei rumkommt, wie ohne. Klar, es mag etwas länger dauern, dafür ist es ein komplett eigenes Werk, und Du hast alle Kontrolle darüber, was Du damit machst, sowie das gute Gefühl, nicht auch noch eine aussterbende Industrie künstlich länger am Leben erhalten zu haben.
    Und wer beim Lesen toten Baum in den Händen halten will, für den gibt es immernoch massenhaft Anleitungen im Netz, wie man sich selbst ausgedruckte Bücher auch selbst binden kann.

  3. @breakpoint:
    Dagegen, einen Blog einfach zum Buch zu machen, spricht nicht unbedingt was. Es ist jetzt halt nicht gerade interessant für mich als Autor.
    Und das mit dem Essen hast Du falsch verstanden: Ich muss zwei bis fünf Stunden Taxi fahren, um mir ein Essen im Restaurant leisten zu können …

    @Wahlberliner:
    Ich hab einfach die vom Stern entscheiden lassen.
    Das mit den eBook-Preisen wird wahrscheinlich der große Streitpunkt mit Verlagen, so ich meine Bücher bei welchen unterbringe. Nachteile gibt es immer, meist sogar zuhauf.
    Allerdings mache ich das auch sehr von den Projekten abhängig. Das Taxibuch zum Beispiel ist mir weit weniger wichtig als andere Dinge. Ich will ja z.B. meinen Bloglesern auch gar kein Buch aufnötigen, dessen Inhalt sie mehr oder weniger schon kennen. Das wäre ja viel eher für ganz andere Leute interessant, die eher vom Buch auf den Blog gestoßen werden könnten. Da könnte ich selbst die eBook-Preisgeschichte verkraften und sie einfach nur für eine blöde Entscheidung halten.
    Die selbe Story mit Covern und so: Es gibt Sachen – siehe z.B. mein eBook – da will ich mir bei sowas nicht reinreden lassen und dann tue ich es eben auch nicht. Das würde beim Taxibuch aber ebenfalls nicht zutreffen. Da bin ich eigentlich froh, wenn sich da jemand anders Gedanken macht und sich die Zeit um die Ohren schlägt.
    Aber klar: Man muss immer schauen, was jetzt genau Sache ist und ob man das will. Ich bin ja allgemein mit der Verlagswelt nicht gerade auf Du, ich werde da sicher noch einige Male Leute mit meinem Selbstbewusstsein auf die Füße treten. 😉

  4. @Sash
    Ich hatte das mit dem Essen schon richtig verstanden, hat mir nur mal wieder bewusst gemacht, dass – wenngleich ich des Restaurantessens manchmal überdrüssig bin – es für mich günstiger ist, als meine Zeit mit Kochen zu verschwenden.

    PS: Falls du heute ausnahmsweise nicht tagsüber schläfst, kannst du gerne mal bei meiner <a href="http://breakpt.blog.de/2013/08/01/vierhundertneunundsiebzig-16276121/"virtuellen Blogparty vorbeischauen.

  5. Da vergisst man einmal ein > ..
    Hier gehts lang.

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