Klein, ganz klein …

Ich hab irgendwann mal im Radio behauptet, ich sei ein vielseitig interessierter Mensch. Muss dann ja wohl stimmen, wenn’s im Radio erzählt wird. Eines meiner frühesten Interessengebiete ist zweifelsohne die Astronomie gewesen. Würde sagen, dass das bis ins zarte Alter von etwa sechs Jahren zurückreicht, eine Zeit, zu der ich wahrscheinlich noch Probleme damit hatte, alle Körperteile richtig zu benennen. Aber wie Kinder so sind – mit Prioritäten hatte ich’s nicht so.

Ich bin also von Kleinauf das Rechnen auf großen Skalen gewöhnt und bei aller Unbegreiflichkeit des Universums da draußen hatte ich zumindest irgendwie immer eine Größenordnung im Kopf, die ich weitgehend verstanden hab und die Sinn ergab. Aber auch das nur begrenzt, ist ja klar. Schließlich IST das alles einfach unbegreiflich und wird nicht arg viel einfacher für die Wahrnehmung, nur weil wir Worte wie „Lichtjahre“ oder „Billiarden“ erfunden haben und sie benutzen. Das hilft beim Rechnen, ansonsten nicht viel. Wir Menschen haben „das da oben“ nicht ohne Grund jahrtausendelang irgendwelchen Göttern in die Schuhe geschoben und uns für nicht zuständig erklärt.

So im Alltag denke ich zugegebenermaßen recht wenig über die Größenverhältnisse unserer Welt nach. In meinem Umfeld bin ich der größte Mensch, global unwichtig und auf’s Universum bezogen ist das unwichtig, was wir global nennen. So einfach geht das. Aber wenn mich dann mal was wirklich umhaut …

Dass unsere Galaxie – ihr erinnert euch: das rotierende Kreiseldings, in dem wir uns befinden und das am Himmel in dunklen Regionen wie ein helles Band aussieht – so Pi mal Daumen 200 Milliarden Sterne enthält, das hätte ich so in etwa gewusst. Und aus dem Matheunterricht weiß ich, dass das ziemlich viel ist. Nun gut, wow.

Und dann ist mir gestern bei Twitter dieses Bild über den Weg gelaufen. Lasst es in einem neuen Tab kurz laden, ich hab’s bewusst nicht eingebunden, weil es nur im Vollbildmodus Sinn macht. Es zeigt einen Ausschnitt aus dem Zentrum unserer Galaxie. Ein paar Ecken unserer Nachbarschaft, wenn man so will. Maximal vielleicht 50.000 Lichtjahre entfernt, kosmisch ein Witz.

Wenn einem, man muss vielleicht kurz drüber nachdenken, klargeworden ist, dass jeder helle Pixel auf dem Bild nicht nur eben ein Stern ist, sondern höchstwahrscheinlich ein eigenes System mit mehreren Planeten, Monden, Asteroiden, Kometen und weiß der Geier was für Dingen noch, die wir bislang nicht einmal um unseren eigenen Punkt herum ausgiebig erforscht haben …

Mich lassen diese Gedanken mit offenem Mund und sehr sehr klein zurück.

Da braucht man noch nicht einmal daran denken, dass es von diesen Galaxienzentren ja auch noch mal ein paar Milliarden gibt.

Manche Leute mag das ein bisschen deprimiert zurücklassen – immerhin liegt schon alles auf dem Foto weit außerhalb unserer Reichweite in den nächsten paar tausend Generationen. Sollte überhaupt je ein Mensch irgendwann auch nur in die Nähe von einem dieser Sterne kommen, so wird keiner von uns mehr auch nur irgendwas hinterlassen haben, es wird auch unsere Länder und Sprachen nicht mehr geben. Man muss sogar schon optimistisch sein, davon auszugehen, dass es dann noch Menschen geben wird. Das sind Skalen, die über die bisherige Kulturgeschichte hinausgehen.

Ein wenig Wehmut kann ich nachvollziehen. Aber all das bleibt am Ende zurück hinter dem grenzenlosen Staunen, in dessen Rahmen ich dann plötzlich wieder das kleine Kind bin – das das alles als gegeben hinnimmt und fasziniert vom Gedanken daran ist, was es da noch alles zu entdecken gibt.

14 Comments

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14 Responses to Klein, ganz klein …

  1. Der Mikrokosmos ist nicht minder faszinierend.

  2. Hallo Sash,

    ich halte sonst nicht viel von religiösen Bezügen aber beim Lesen fiel mir dies ein: „Oh Herr, das Meer ist so groß und mein Schiff ist so klein“. Ich denke gerade weil das alles da draussen so unvorstellbar groß ist lehnen es die allermeisten Menschen es absich wirklich damit zu beschäftigen. Was aber bestimmt gut für uns und unsere Welt wäre, wir wurden vielleicht innehalten und uns selbst nicht mehr so wichtig finden. Die Menschen wurden vielleicht aufhören in diesem Netz zu strampeln und sich befreien oder es wenigstens nicht weiter direkt zur Hölle tragen. Hmm da wird man direkt philosophisch… Wie auch immer das mit uns ausgeht, das Universums bleibt davon unberührt.

  3. @breakpoint:
    Auf etwas andere Art – finde zumindest ich – aber ja, das stimmt.

    @Dave:
    Wie wahr. 🙂

  4. …echt beeindruckend, dein „Fundstück des Tages“! 😉 Mir auch gänzlich unvorstellbar, wie manche Menschen immer noch behaupten können, da draußen gäbe es kein weiteres Leben. Das ist so idiotisch und fast schon bewundernswert naiv! *grrr* … Ein bissl off topic und dann doch wieder im Großen dazugehörig: Ich habe auch erst die Tage wieder darüber nachgedacht, dass manche behaupten, sie wären unwichtig und hinterließen keine Spuren. JEDER Einzelne von uns hinterlässt sie! Denn mit seinem Heranwachsen im Mutterleib und allem, was danach an Minuten, Tagen, Monaten und Jahren kommt beeinflusst er seine Mitmenschen und seine Umwelt. Also sind wir alle wichtig und doch irgendwie was Großes. Wenn auch aus anderer Perspektive nur verschwindend winzig.

  5. @baerlinerin:
    Das ist natürlich wahr. Aber das, was gemeinhin Ewigkeit genannt wird, verliert schnell an Bedeutung jenseits des Planeten. 🙂

  6. Wahlberliner

    Ich hätte da noch diesen Link beizutragen:
    http://htwins.net/scale2/

    Vom Mirko- zum Normalo- zum Makro-Kosmos. Sehr beeindruckend.

  7. Wahlberliner

    Achja, und den Kommentar, dass die Entfernungen zwischen zwei winzigen Punkten auf diesem Bild auch unüberbrückbar sind, zumindest nach unserem heutigen Kenntnisstand.

  8. @Wahlberliner:
    Ja, die Grafik ist auch super, das stimmt. Die hab ich vor Ewigkeiten auch mal irgendwo gesehen.
    Und was den Kommentar angeht: Stimmt. Wobei nun zwei nahe beieinanderliegende Sterne wahrscheinlich nicht mehr sonderlich lange eine utopische Distanz sein werden – zumindest nicht, wenn man mit ein bisschen Risikofreude rangeht. 🙂

  9. Wahlberliner

    @Sash: Doch, die bleiben noch lange eine utopische Distanz. Außer, die Naturgesetze werden bald mal gründlich erweitert, weil jemand was ganz neues findet (Wurmlöcher oder so). Denn selbst, wenn wir es schaffen, uns an die ohne so eine Erweiterung unüberwindbare Lichtgeschwindigkeit als Reisegeschwindigkeit anzunähern, was mit den bekannten Antriebskonzepten noch nicht geht, und auch – damit die menschlichen Körper das ohne Trägheitsdämpfer (und damit künstliche Gravitation, was wieder so eine Grenzerweiterung der Naturgesetze bedeutete) aushalten – eine mehrere Jahre dauernde Beschleunigungs- und Bremsphase erforderte, gibt es ja immer noch die Zeitdilatation. Dann war eine Raumschiffbesatzung aus ihrer Perspektive vielleicht nur ein paar Jahr(zehnt)e unterwegs, auf der Erde lebt aber niemand mehr, den sie mal gekannt haben, nur noch Urururenkel und so (falls sich dann überhaupt noch jemand an die Mission erinnert).

  10. @Wahlberliner:
    Die Abstände zu nächstgelegenen Sternen beträgt meist nur wenige Lichtjahre. Ich würde nicht behaupten, dass wir kurz davor wären, die Möglichkeit zu haben – aber die Entfernungen würden es durchaus erlauben, mit deutlich unterlichtschneller Reise in einer Zeitspanne von drei oder vier Generationen eine Hin- und Rückreise ohne allzu heftige Zeitdilatation zu organisieren.
    Beim wissenschaftlichen Fortschritt der letzten 200 Jahre würde ich das für die nächsten 300 oder 500 nicht mehr ausschließen wollen.

  11. Wahlberliner

    Achso, ich habe unter „nicht mehr sonderlich lange“ eher so an 50 bis 100 Jahre gedacht. Bei 300 bis 500 kann ich es natürlich genauso sehen – wobei es fraglich ist, wie viel Sinn es macht, ein Generationenschiff (oder Leute, die 100-200 Jahre im Kälteschlaf verbringen) in ein entferntes Sonnensystem zu schicken, ohne dass man vorher weiß, was einen dort erwartet (Bewohnbare Planeten? Überhaupt welche? Oder nur für unsere Lebensform feindliche Bedingungen?) – und das kann man vorher nicht wissen, da man ja mindestens eine Sonde hinschicken müsste, wo entweder die Zeitdilatation oder eine zu lange Wartezeit, bis die Signale wieder bei der Erde ankommen, hinzu käme. Wenn man nur mit hochentwickelten Teleskopen und Messgeräten hinschaut, kann man sich ja auch täuschen, z.B. eine „Spiegelung“ eines Systems sehen, was in Wirklichkeit noch ganz woanders ist usw.

    Erinnert mich auch an die trashige Fernsehserie der 90er „Earth 2“, wo sie dann zwar einen Planeten gefunden hatten, aber nicht willkommen waren 🙂

  12. @Wahlberliner:
    Keine Sorge, ich wollte deine Ansicht auch nicht wirklich widerlegen. Es hängt natürlich auch davon ab, was eventuell in ein paar Jahrzehnten oder Jahrhunderten alles für sinnvoll gehalten wird. Aber vergessen wir dabei nicht, dass noch in den 70ern des letzten Jahrhunderts überlegt wurde, die Städte für Autos alleine zu optimieren. Von den ethisch-moralischen Wendungen binnen der letzten 100 Jahre ganz zu schweigen.
    Aber wenn ich mir jetzt vorstelle, die Technik schafft es irgendwie bis 1/20 Lichtgeschwindigkeit und will einen Stern in 10 Lichtjahren Entfernung mit einem Generationenschiff ansteuern, dessen Planeten näher überprüfen, dort entweder ankern oder bei Nichtgefallen wieder zurückfliegen (oder zu einem zweiten Ziel) – und für all das wären genug Ressourcen und der politische Wille da … ich finde, so wirklich unmöglich klingt das alles nicht – auch wenn das heute noch absolut zu 100% Science Fiction ist.

  13. @ Wahlberliner
    Vielen Dank für den tollen Link, die Grafik fand ich sehr gut. 😀

  14. Jens

    Ich musste ja spontan hieran denken:

    http://www.youtube.com/watch?v=buqtdpuZxvk

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