Neues aus der Anstalt

Es gibt fantastische Neuerungen bezüglich des Leistungsschutzrechtes!

Ich weiß, ich bin nicht der einzige, der gelegentlich vermutet, wir werden im Bundestag von einem Rudel nett frisierter Gurken regiert – aber DAS jetzt, da fehlen nicht nur mir die Worte. Der Journalist Thomas Knüwer findet in seinem Blog Indiskretion Ehrensache z.B., dass das Wort geistesgestört schon nur unzureichend fürs LSR als solches sei. Und jetzt gibt es auch noch eine Änderung!

Wir erinnern uns: Das Leistungsschutzrecht soll die Verlage davor schützen, dass z.B. Suchmaschinen ihre Texte verwenden. Also natürlich soll Google ihre Texte anreissen, die Verlage wollen halt, dass man ihnen dieses Geschenk auch noch bezahlt. Dabei – und das wird jetzt gleich wichtig – haben wir ja bereits ein Urheberrecht, das verhindern soll, dass man fremde Werke unerlaubt benutzt. Alleine hielten die Suchmaschinen sich nach gängiger Meinung daran, denn es gibt z.B. die Ausnahme des Zitatrechts, was eine Verwendung von kurzen Textausschnitten in einem eigenen Kontext erlaubt. Das LSR wird quasi von den Verlagen gewünscht, damit diese „Lücke“ geschlossen wird.

Im Laufe der letzten Wochen ist selbst in der ansonsten ja weitgehend merkbefreiten Koalition die ein oder andere Unterstützerstimme fürs LSR weggebrochen, es ist zu vermuten, dass das der Grund ist, warum am kommenden Freitag bereits abgestimmt werden soll: schnell durchwinken, bevor noch jemand mitkriegt, was er da verabschiedet!

Faszinierend ist, dass es sich nun aber um eine abermals modifizierte Variante des Gesetzestextes handelt, die – laut netzpolitik.org – folgenden Wortlaut haben wird:

“Der Hersteller eines Presseerzeugnisses (Presseverleger) hat das ausschließliche Recht, das Presseerzeugnis oder Teile hiervon zu gewerblichen Zwecken öffentlich zugänglich zu machen, es sei denn, es handelt sich um einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte. Ist das Presseerzeugnis in einem Unternehmen hergestellt worden, so gilt der Inhaber des Unternehmens als Hersteller.”

Der fett gedruckte Teil ist hierbei die Neuerung. Bei netzpolitik steht passend darunter:

„So. Und nun versuchen Sie dieses Gesetz mal zu verstehen.“

Das Gesetz soll also dafür sorgen, dass man künftig auch besonders kleine Textausschnitte schützt, außer es handelt sich dabei um besonders kleine Textausschnitte.

Chapeau!

10 Comments

Filed under Politik

10 Responses to Neues aus der Anstalt

  1. Das ist so geil. Ich hab mich innerlich gekringelt, als ich das gelesen hab.
    Man muss das wohl so sehen.
    a) Die Koalition verliert nicht ihr Gesicht (vollends), weil sie das im Koalitionsvertrag festgeschriebene LSR umgesetzt hat

    b) Der nächsten Regierung wird es so leicht gemacht, das Gesetz wieder abzuschaffen, weil es keiner braucht und brauchen kann.

  2. Naja,
    lass die Lobby ran und die Gesetze werden … einfach genial. Und die Richter dürfen das wieder ausbaden. Irgendwann zieht dann einer, der es sich leisten kann, vors höchste Gericht. Und dort wird dann – entweder spezifisch auf den Fall bezogen oder spezifisch für bestimmte Abschnitte – für Durchblick gesorgt. Oder einfach an die Regierung zurückverwiesen.

    Und wer zahlts? Nein, nicht die Lobby. Der dumme Steuerzahler. Wie immer. Leider.

    Ich glaub, würde die Regierung für viele Dinge den Volksentscheid zulassen, würden sich Legislaturperioden arg verkürzen. Und die Politiker wohl vernünftig(er).

  3. Jens

    Natürlich versucht man, das LSR so schnell wie möglich durch den Bundestag zu drücken. Je länger es bis zur Abstimmung dauert, umso mehr Abgeordnete werden dann vielleicht doch nicht zustimmen, weil Kritik und verärgerte Bürger ihnen im Nacken sitzen.
    Am bemerkenswertesten finde ich immer noch, dass das LSR wohl definitiv gegen EU-Recht verstösst (http://www.internet-law.de/labels/leistungsschutzrecht ), dies aber einfach ignoriert wird. Da liegt einem dann doch recht schnell das Wort Rechtsbeugung auf der Zunge…

  4. Michi

    Im Laufe der letzten Wochen ist selbst in der ansonsten ja weitgehend merkbefreiten Koalition die ein oder andere Unterstützerstimme fürs LSR weggebrochen, es ist zu vermuten, dass das der Grund ist, warum am kommenden Freitag bereits abgestimmt werden soll.

    Nicht nur das. Blöderweise ist man noch in diesem Jahr auf Springer, Bertelsmann und Konsorten angewiesen. Schlechte Presse macht sich im Wahlkampf nur so mittelgut (ein gewisser Peer S. kann davon ein Liedchen singen). Also tut man den Verlegern noch schnell den Gefallen.

    Dass eine Lex Google, die genau den Zweck ausklammert, für den das Gesetz eigentlich gedacht war (Snippets), ungefähr gar nix bewirkt, interessiert vorerst auch keine Sau. Hauptsache, man hat das Gesetz. Und die Richter dürfen sich demnächst damit befassen, was als „kleinster Textausschnitt“ gilt…

  5. @Will Sagen:
    Ja, so wird es wohl sein -.-

    @ednong:
    Ach, die paar Euro Gerichtskosten sind ja nicht das Ding bei der Sache. Das ist einfach eine verfickte Scheiße für alle, die was im Internet machen. Der einzige Witz an der Sache wird sein, dass die Verlage zuerst leiden werden – zumindest wenn Google konsequent sein wird.

    @Jens:
    Es wäre ja nicht das erste Mal, dass die Regierung Gesetze verabschiedet, bei denen klar wird, dass sie ein Gericht wieder einkassiert. Man denke nur an die Posse ums Wahlrecht …

    @Michi:
    Ja, das mit dem Wahlkampf kommt natürlich noch dazu. -.-

  6. hartmut

    Urheberrechtsverstöße also demnächst illegal?

  7. @ Sash
    Naja, es geht nicht allein um die Gerichtskosten. Sondern um die Kosten, die das Gericht insgesamt verursacht. Und den ganzen Aufwand drumherum. Und den zahlen die Steuerzahlen. Beispiel aus meiner Ecke: Seit fast 2 Jahren brütet das Sozialgericht – im schriftlichen Verfahren – darüber, ob mir 40 Mehrkilometer zum Erreichen eine Bildungsinstitution ausgezahlt werden sollen, da ich gegen den Bescheid des AA Einspruch einlegte. 40 km entspricht 8 Euro. Beschäftigt haben sich bis jetzt damit 2 MA des AA, 1 Anwalt und eine Richterin. Und natürlich ich.

    Und klar, die Verlage werden als erstes von Google gekappt und versumpfen. Und schimpfen dann später über die bösen Urheberrechtsverletzungen und über Suchmaschinen im Allgemeinen, weil die sie ja boykottieren. Und klagen dann darauf, dass sie dort „gelistet“ werden. Und wer zahlt’s? Na? Entweder du aus deinen Steuergeldern oder du da als Abonnent (sofern es solche noch gibt) oder als Käufer des Blattes.

    Das Problem an der Sache ist immer: die geben fremdes Geld aus, um ihr vermeintliches Recht durchzusetzen. Und du als Steuerzahler bist so oder anders rum immer der Dumme. Und das ist das, was mich am meisten ärgert an solchem Shit.

  8. @hartmut:
    So in etwa …

    @ednong:
    Ja, das ist im Falle besonders unsinniger Gesetze natürlich ein Punkt. Andererseits sind Gerichte ja dazu da, solche Dinge zu klären. Abgesehen davon: ich glaub nicht, dass die Verlage auf eine Listung klagen werden …

  9. der Schwob

    Ist doch geil…der satz sagt doch, das der verlag die rechte verliert, sobald es in einer Druckerei gedruckt wurde…
    Schliesslich stellt die firma (druckerrei) ja das erzeugnis also die zeitung her… Glaub springer kauft bald druckerreien

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